Ohne ihn ein weiteres Mal anzusehen, drehte er seinem Hyung den Rücken zu und begann, noch immer leicht schwankend, zu laufen.
Den Schaffner, der ihm wieder zornig etwas zurief, ignorierte Jimin diesmal nicht absichtlich - er bemerkte ihn einfach nicht. Die Welt um ihn herum war an den äußersten Rand seines Bewusstseins gerückt und er sah kaum noch, wohin er lief, während er den Bahnhof langsam hinter sich ließ. Seine Gedanken drehten sich im Kreis, was ihn fast in den Wahnsinn trieb und dabei endeten sie alle bei dem einen Namen: Hoseok...
Weshalb konnte er nicht aufhören, an diesen zu denken? Er wusste doch ohnehin kaum etwas über ihn...
Die Erinnerung an ihre erste Begegnung nahm wieder in seinem Kopf Gestalt an. Dieser Abend lag jetzt schon vier Wochen zurück, doch er sah es vor sich, als wäre es erst gestern gewesen:
Er hatte sich eingeengt und allein in seiner kleinen Wohnung gefühlt, weswegen er gegen 22:00 Uhr das Haus verlassen hatte und in die Oktobernacht entflohen war. Warum er diesen Weg eingeschlagen hatte, konnte er bis heute nicht sagen, aber nachdem er längere Zeit gegangen war, hatte er sich auf dem nächtlichen Hauptbahnhof wiedergefunden.
Da er keine Lust auf andere Menschen gehabt gehabt hatte, hatte er den beleuchteten und belebten Teil des Bahnhofs jedoch schnell wieder hinter sich gelassen und sich stattdessen in die Dunkelheit des verlassenen Teils geflüchtet.
Alte Autoreifen, halb verfallene und mit Efeu bewachsene Gebäude, verrostete und ausrangierte Gleise... und dann hatte er ihn gesehen:
In sich zusammengesunken und sich kaum von der Dunkelheit abhebend hatte Hoseok im Schatten eines alten Gebäudes auf dem Boden gesessen. Er war zögernd auf ihn zugegangen, hatte ihn angesprochen und sich schließlich neben ihn gekniet, um ihn vorsichtig an der Schulter zu rütteln, da ihm die Regungslosigkeit des anderen Sorgen gemacht hatte.
Noch immer sah er den leeren Blick des Älteren vor sich, als dieser endlich aufgeschaut hatte.
..."Alles in Ordnung?"...
Das hatte er gefragt, doch sein Hyung war nicht auf die Frage eingegangen. Stattdessen hatte er ihn weiterhin gleichgültig angestarrt und nach vielen quälenden Augenblicken selbst eine Frage gestellt:
"Was willst du hier?"
"Ich wollte eigentlich nur wissen, ob mit dir alles in Ordnung ist..."
Auf diese Antwort hin hatte Hoseok gelacht. Es war ein freudloses Lachen gewesen, das ihm einen Schauer über den Rücken gejagt hatte.
"Du solltest dir keine Gedanken um mich machen - das verdiene ich nicht."
"Warum nicht?"
"Weil ich ein Arschloch bin."
Im Nachhinein verstand Jimin diese Erklärung, doch zu diesem Zeitpunkt hatte er einfach nur Mitleid mit diesem Fremden gehabt, der sich selbst zu hassen schien.
"Wer sagt denn, dass du ein Arschloch bist? Ich meine, jeder Mensch macht mal Fehler. Deswegen ist man ja nicht gleich ein Arschloch..."
"Du bist so naiv, Kleiner."
Während er an dieses Gespräch zurückdachte, fühlte er sich wirklich naiv, doch wie hätte er damals wissen können, dass Hoseoks Fehler weit über das Belügen der Mutter oder das Stehlen einer Gummibärchentüte hinaus gingen?
Die Stimme des Älteren hatte so kalt und abweisend geklungen, dass er bei ihrem Klang zusammengezuckt war:
"Hast du von Kim Namjoons Tod gehört? Der Hauptverantwortliche für diesen Vorfall zu sein, ist eines meiner geringeren Vergehen..."
Sie hatten geschwiegen, bis Hoseok erneut gesprochen hatte:
"Haben wir uns bei Lay und Yoongi nicht heute schon getroffen?... Es tut mir leid, aber mit dem, was du jetzt weißt, kann ich dich schlecht einfach wieder gehen lassen. Und im Übrigen könntest du mir vielleicht wirklich helfen, in dem du mich von mir selbst ablenkst..."
Der Schmerz, die Angst, die Beschämung... Jimin verstand noch immer nicht, weshalb er zurück gekommen war, doch er hatte es getan. Gleichzeitig hatte er begonnen, all seinen Freunden und Bekannten aus dem Weg zu gehen.
Hoseok war wie eine Droge, die ihn alles ander vergessen ließ, sein gesamtes bisheriges Leben in den Hintergrund drängte und ihn bis in seine Träume verfolgte. Aber wenngleich sie sich öfter trafen, als er sich je mit einem anderen Menschen getroffen hatte, redeten sie so gut wie nie miteinander. Dass Hoseok mit Kim Namjoons Tod in Verbindung stand, war das einzige geblieben, was er über seinen Hyung wusste.
Wie konnte man sich so von einem Menschen abhängig machen, den man genau genommen gar nicht kannte?!
Und soweit er sich erinnern konnte, hatte Hoseok noch nie seinen Namen ausgesprochen...
Sooo... Und damit wäre jetzt erst einmal alles über Jimins Aktivitäten in den letzten vier Wochen (etwas weniger als den letzten 50 Kapiteln...) geklärt...
Wenn ihr irgendetwas nicht verstanden haben solltet, könnt ihr mich gerne fragen; für mich ist es da schließlich etwas einfacher, den Überblick zu behalten, weswegen ich aber auch nicht allzu gut einschätzen kann, ob ich mich in der Geschichte deutlich genug ausdrücke...
Und (mal wieder) danke fürs Lesen!!!
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Daegu Town
FanfictionEs würde notwendig gewesen sein, die Hölle durchlebt zu haben - doch in diesem Moment fühlte er nur den Schmerz und dachte nur daran, wie er ihn zum Schweigen bringen konnte. Taehyung (16 Jahre, drogenabhängig, Vergewaltigungsopfer) zieht übergangs...