Part 39

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„Hm." , brummte ich. Stress haben war wohl eine Untertreibung, ich hatte nicht die geringste Ahnung, ob und wie ich Paul überhaupt dazu bringen könnte, mir zuzuhören. Und noch weniger wusste ich, was ich sagen könnte, um das zwischen uns wieder in Ordnung zu bringen.

„Hattet ihr deswegen Stress? War er sauer, dass du nie etwas gesagt hast?"

„Ne, quatsch." Ich spürte ihren fragenden Blick auf mir. „Mache dir jetzt keine Sorgen, okay?" Seufzend sah ich sie an und als ich in ihre sorgenvollen Augen blickte, gab ich meinen Widerstand auf. Nach dem, was ich ihr gerade erzählt hatte und wie schlecht sie sich wohl immer noch fühlte, weil ich nichts gesagt hatte, brachte ich es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass ich nicht darüber reden wollte. „Es gab da so einen Moment...ich war blöd und betrunken. Keine Ahnung, ich habe ihn halt geküsst."

„Ja?"

Ich sah, wie sie sich aufmerksam aufrichtete und ein leichterer Ausdruck auf ihr Gesicht trat. „Du bist unmöglich, Mama."

„Wieso das? Mehr als „ja" mit Fragezeichen habe ich nicht gesagt." Sie lächelte.

„Kannst aufhören, so glücklich auszusehen. Das war ein blöder Fehler, ich habe was Dummes gesagt, Paul ist ausgerastet und jetzt ist Eiszeit."

„Aber du magst ihn?" Sie lächelte immer noch.

„Paul und ich sind schon ewig Freunde, Mama. Natürlich mag ich Paul. Es geht nicht darum, ob ich ihn mag."

„Worum soll es denn dann gehen?"

„Du hast wohl kaum Papa geheiratet, weil er so ein guter Freund war, oder?"

„Nicht nur deswegen." Sie verkniff sich offensichtlicherweise ein Grinsen. „Wir hatten auch noch ein Kind und einen gemeinsamen Lebensentwurf."

„Wie romantisch- ein Kind und ein gemeinsamer Lebensentwurf." Ich verdrehte die Augen.

„Und noch ein paar andere Dinge, zugegeben."

„Verschone mich.", stöhnte ich und schüttelte den Kopf.

Sie atmete tief ein und wurde ernster. „Okay. Warum war es ein Fehler? Wollte er nicht und ist dann erschrocken weggelaufen? Klingt nicht nach Paul."

„Wieso denn nicht?", fragte ich widerwillig.

„Stelle dich nicht blöd."

Ich schwieg für einen Moment. „Ich weiß nicht, warum ich das gemacht habe.", sagte ich dann langsam. „Er hat mir gesagt, dass..." Zögernd sah ich sie an. „Du kriegst es hin, dass für dich zu behalten, oder? Das geht nicht zu Papa oder Paul, oder?"

„Zu Paul sowieso nicht."

„Ma, wirklich. Ihr arbeitet mit Paul. Lasst das da raus."

Sie nickte. „Kim, versprochen. Kein Wort zu Paul, keine Andeutung, kein nix."

„Er hat mir gesagt, dass er mich mag..." Meine Stimme klang dünn, während ich das sagte. „Und ich habe nein gesagt. Schon vor diesem Wochenende. Und dann habe ich ihm von München erzählt, von Thomas. Und er hat nochmal gefragt und ich habe nochmal nein gesagt. Dann habe ich ihn geküsst und er wollte wissen, was genau das ist und ich hatte keine Ahnung. Man, ich habe was Blödes gesagt und ihn verletzt und er ist ausgerastet. Am nächsten Morgen wollte ich das klären und das ist...aus dem Ruder gelaufen. Jetzt spricht er nicht mehr mit mir." Frustriert legte ich meinen Kopf auf meinen Knien ab.

„Ich glaube nicht, dass du ihn einfach so küsst, oder?", hörte ich meine Mutter fragen und ich hörte an ihrer Stimme, dass sie wieder lächelte. 



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