Part 89

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„Erkläre es mir.", sagte Paul und lehnte sich dabei ein wenig zu Pia. Zumindest löste sich sein Bein von meinem Rücken. „Was hat meine Zweckgemeinschaft mit Jenny damit zu tun?"

„Das mit ihr lief, während du eigentlich was von Kim wolltest, richtig?"

„Teilweise."

„Also auch, weil das mit Kim eben nicht lief."

Paul stöhnte genervt auf. „Keine Ahnung, ja, vielleicht, aber nicht nur. Spielt das eine Rolle?"

„Sie hat mir erzählt, ihr hättet über die Jahre ziemlich viel geredet und wärt euch ziemlich nahe gekommen. Ich meine, sie wusste das mit Kim lange bevor Kim selbst es wusste."

Ich kämpfte den Impuls mich aufzurichten und Paul ungläubig anzustarren nieder. Er hatte mit Jenny darüber geredet, was er für mich fühlte? Am besten noch, während sie sich in seinen Arm geschmiegt und ihren Kopf auf seine Brust abgelegt hatte? Entweder hatte ich die freundschaftliche Ebene dieser Zweckgemeinschaft, wie Paul sie nannte, krass unterschätzt oder Jenny musste masochistisch veranlagt sein.

„Komm zum Punkt, Pia.", sagte Paul und klang dabei ziemlich kühl. Er war offensichtlich der Meinung, dass Pia zu gut informiert war. Ich ehrlicherweise auch. Jenny schien ihr gegenüber ja ungefiltert ausgepackt zu haben.

„Ihr hattet nicht nur so ein völlig belangloses Ding, ihr habt euch schon was bedeutet und umeinander gekümmert."

„Und?", fragte Paul giftig. „Ist es ein Verbrechen, dass wir einander anständig behandelt haben? Daran scheint es ja bei Viktor und dir schon zu scheitern."

„Ich mag Viktor.", sagte Pia langsam. „Zumindest mochte ich ihn wirklich, als ich ihn kennengelernt habe und noch dachte, dass er seine Freundin wirklich verlässt. Ich habe mich auf die Geschichte eingelassen und steckte plötzlich viel zu tief drin, um einfach aufzugeben. Er hat es mir immer wieder versprochen, weißt du. Und er war auch oft genug da und hat zugehört und war...er war halt da."

„Das sind aber niedrige Hürden, die er da überwinden musste, um dich von sich zu überzeugen.", spottete Paul. „Zwischendurch mal seine Freundin allein lassen, bei dir vorbeischneien und Spaß haben. Du solltest deinen Selbstwert mal checken, Pia."

„Und genau das kannst du eben nicht verstehen. Du bist hier, hast hier Freunde und deine Familie und...Kim. Wenn dir das mit Jenny nicht mehr gepasst hätte, dann hätte sie dir bestimmt irgendwie gefehlt. Zumindest nachdem, was Jenny mir so über euch erzählt hat. Aber das hätte kein Loch in deinem Leben hinterlassen."

„Und Viktor hinterlässt ein Loch, wenn du ihn denn endlich abhaken solltest?"

„Weil ich keine Familie habe, Paul. Weil ich keinen riesigen Freundeskreis habe. Weil meine Oma, die ich über alles liebe, meine Lebensrealität nicht so richtig versteht. Die weiß nicht, was es heißt zur Uni zu gehen. Ich kann ihr nicht erzählen, dass ich gerade was mit einem vergebenen Typen habe und nicht weiß, was ich mit der Nummer anfangen soll. Die hat meinen Großvater geheiratet da war sie gerade achtzehn. Wenn ich ihr das mit Viktor erzähle, dann denkt sie, ich spanne einer anderen den lang ersehnten zukünftigen Ehemann aus. Wenn er da ist, dann kann ich einfach mal mit jemandem über alles reden."

„Abgesehen davon, was für ein Idiot er ist.", seufzte Paul. „Komm her."




Ich hörte Pia schniefen, spürte, wie sich die Matratze unter mir bewegte, als Paul Pia an sich zog und festhielt.

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