Part 126

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Die Sache mit den Gummistiefeln hielt ich für einen Scherz, weswegen ich es aufgab, Informationen aus Pia herauspressen zu wollen. Sie half Paul und mir stattdessen damit, unsere Pferde versorgt zu bekommen, packte beim Füttern und Reinholen mit an und fuhr am späten Nachmittag mit Paul, Lukas und mir in die Stadt. Paul, der sich das Programm für Pias Besuch ausgesucht hatte, hatte wohlweißlich nach den Weihnachtstagen nichts ausgesucht, dass sich primär ums Essen drehte. Stattdessen spielten wir mit einer bunt zusammengewürfelten Truppe, zu der neben Lukas auch Samuel, Malte und seine Freundin Sophie gehörten, Lasertag. Als er mir von der Idee erzählt hatte, hatte ich echte Zweifel daran angemeldet, ob Pia wohl Bock auf Lasertag hätte, aber sie war die erste, die geduckt in der Dunkelheit verschwand und meistens war sie es danach, die schadenfroh lachend aus einem Versteck heraus auf mich zielte und dabei fast immer traf, egal, wie eilig ich versuchte, Deckung zu suchen. Sie schlug am Ende sogar Malte, der seinen imaginären Hut vor ihr zog und versuchte, nicht zu beleidigt auszusehen. Wir zogen danach mit der großen Gruppe noch weiter in eine Bar, wo Lukas endlich Eis auf seine Augenbraue halten konnte, nachdem Pia ihn beim Lasertag im Eifer des Gefechts ihren Ellbogen ins Gesicht geschlagen hatte. Sie gab ihm als Entschädigung und- und das waren ihre eigenen Worte- aus der Geberlaune der Überlegenheit heraus ein Bier aus, bevor sie anfing, Samuel nach Amelia auszuquetschen. Ich, ziemlich geschafft und mit blauen Flecken an Schultern und Armen von der unbequemen Weste, drückte Paul, der neben mir saß, einen Kuss auf die Wange und legte meine Hand auf sein Knie.

„Danke.", sagte ich zu ihm, die freie Hand an meinem alkoholfreien Pina Colada. „Für die Organisation und den schönen Abend."

„Nicht dafür." Mit einem tiefen Seufzen legte er seine Hand auf meine. „Ich dachte, wir alle können es mal vertragen, einfach was anderes zu machen."

Wie recht er damit hatte. Ich hatte beim Lasertag- obwohl ich mir die Aktion sicher nicht selbst ausgesucht hätte- einfach abschalten können. Das ganze letzte Jahr, die Zeit davor, es spielte gerade keine Rolle mehr. Überhaupt- einfach mit einer Gruppe von Freunden und Bekannten in einer Bar zu sitzen, zu quatschen, die ungezwungene Atmosphäre zu genießen und das ganz ohne den Gedanken im Hinterkopf, noch dringend eine Entscheidung über meine Zukunft treffen zu müssen, war befreiend. Ich lehnte mich näher zu ihm herüber und flüsterte ihm leise „Ich wüsste was, das den Abend später noch besser machen würde." ins Ohr.

Er schmunzelte, schüttelte aber den Kopf. „Ich bin verplant heute Abend und du bist es auch."

Was meinte er damit? Verplant? „Es ist nicht so, dass wir uns nicht ein bisschen früher absetzen könnten, wenn wir wollten.", raunte ich zurück und wackelte erwartungsvoll mit den Augenbrauen, aber Paul trank nur genüsslich von seinem Radler ab.

„Wir sind verplant.", bestätigte er selbstzufrieden und ich spürte, wie er es genoss, mich in der Luft hängen zu lassen.

„Was genau meinst du mit verplant?"

„Dass du noch ein bisschen packen musst, wenn wir zurückkommen." Er trank noch einen Schluck und tätschelte meine Hand, die immer noch auf seinem Oberschenkel lag. „Ich wusste nicht, wo deine Gummistiefel sind."

„Ist das dein Ernst? Packen? Wofür?" Und wann bitte war das mit den Gummistiefeln zu einem Insider geworden, dessen Bedeutung ich nicht kannte? Die drängendere Frage blieb dennoch die nach dem wofür. „Muss ich dich eigentlich daran erinnern, dass meine Urlaubstage lange vor Dezember aufgebraucht waren und vielleicht sogar überstrapaziert worden sind?"

Er lachte heiser und stellte sein Glas ab, bevor er mein Gesicht mit einem beinahe verlegenen Blick betrachtete. „Das ist von ganz oben abgenickt- die Chefetage sponsort die Erholungsmaßnahme großzügig- was ich nicht wollte. Ich habe nur gefragt, ob ich dich für ein paar Tage entführen dürfte und dann kam eins zum anderen und jetzt hast du ab morgen Urlaub, brauchst Klamotten für fünf Tage, Gummistiefel, warme Socken, einen Bikini und eine feuerfeste Jacke."

„Gummistiefel, einen Bikini und eine feuerfeste Jacke?! Bist du sicher, dass das von meinen Eltern gesponsert ist?" Jetzt wurde ich wirklich nervös. „Was hast du vor, Paul?" Alarmiert setzte ich mich aufrecht hin und zog meine Hand von seinem Bein zurück.

Paul räusperte sich und ich sah Vorfreude und Aufregung in seinem Blick, bevor er sich einen Ruck gab und sehr schnell und leise sagte: Amrum, du und ich, eine kleine Ferienwohnung, Silvester am Strand und so weiter." Bevor ich darauf reagieren konnte, drückte er mir einen festen Kuss auf die Lippen. „Sage, dass du dich freust oder schweige für immer."

Sage, dass du dich freust oder schweige für immer. Amrum, Paul und ich, Silvester am Strand. Mir stiegen echte Freudentränen in die Augen, als ich Pauls Blick erwiderte, der kindliche, pure Freude ausstrahlte. „Du bist wahnsinnig.", brachte ich überwältigt hervor und musste unwillkürlich lachen. „Wann hast du das gebucht? Das musst du ja..."

„...im Sommer gebucht haben.", beendete er meinen Satz. „Das habe ich. Und die da" Er pfiff und deutete auf Pia, die sich uns zuwandte. „Ist wirklich eine brauchbare Geheimniswahrerin."  



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Pünktlich zum Ende des Wochenendes die Auflösung :)

Hat er nett geplant, oder?

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