Part 84

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Ich half Pia, die von Paul den Schlüssel zu seiner Wohnung bekommen hatte, dabei den Pfannkuchenteig anzusetzen und die Erdbeeren zu vierteln und gab ihr dabei eine Kurzfassung des vergangenen Abends inklusive des Auslösers des Desasters- das Gespräch zwischen meiner Mutter und meinen Geschwistern und mir. Pia hörte für ihre Verhältnisse auffällig stumm zu und während ich erzählte, wie ich am Morgen peinlicherweise neben ihr im Bett meiner Eltern aufgewacht war, ahnte ich, dass sie eine andere Sicht auf die Dinge hatte als ich. Eine Sicht, die man mit zwanzig wohl nur haben konnte, wenn man viel darum gegeben hätte, die eigene Mutter in einer solchen Situation bei sich haben zu können. Wenn man sie eben nicht mehr hatte. Ich verstummte, fast ein bisschen beschämt darüber, dass ich ihr ziemlich ungefiltert die neusten Dramen der Familie Feldmann präsentiert hatte, die- und das konnte ich nur deshalb vor mir selbst zugeben, weil eben Pia neben mir stand- erstaunlich wenig dramatisch waren.

„Ich hätte gar nicht erwartet, dass dein Vater wegen Paul so empfindlich ist.", sagte Pia nach einer kurzen Pause, in der keiner von uns gesprochen hatte. „Ich meine, wen wenn nicht Paul soll er denn absegnen? Den kennt er seit Jahren und er müsste doch der Traumkandidat schlechthin sein."

„Warum das denn?", fragte ich und konnte nicht anders, als schief zu lächeln. Ein Traumkandidat meines Vaters war er mit Sicherheit nicht.

„Jetzt mal im Ernst- der kann irgendwann den Laden zusammen mit dir schmeißen." Pia erwiderte mein Lächeln, aber ich war mir nicht sicher, ob es ihre Augen erreichte. „Und er ist lustig, sich für keinen Spaß zu Schade, hilfsbereit, loyal, gesellig..."

„Gesellig könnte ein Problem sein.", murmelte ich und schnitt die letzte Erdbeere in zwei Hälften.

„Ach, komm...." Pia verstummte, als wir beide Schritte auf der Treppe hörten und wenige Augenblicke später Paul die angelehnte Tür aufstieß.

„Hey." Er stellte seine Turnierstiefel hinter die Tür und lächelte mich unsicher an. Er trug noch seine weiße Reithose, war gleichzeitig verschwitzt und staubig und sah ziemlich müde aus. Viel Schlaf konnte er auch nicht bekommen haben. „Bist du okay, Kim?"

„Mittlerweile wieder, ja." Während ich die fertigen Erdbeeren in eine Schale füllte und meine Hände wusch, ging Paul zum Schrank herüber und zog saubere Klamotten heraus. „Wie war es bei dir heute?"

„Zweimal platziert und einmal knapp raus. Kann man vertreten."

„Und das Jump and Drive gewonnen.", fügte Pia hinzu und Paul lachte.

„Die wichtigste Prüfung habe ich glatt vergessen." Er schloss lachend die Schranktür, sah zu Pia und mir herüber und sah für einen Augenblick so aus, als ob er etwas sagen wolle, sich dann aber doch nicht dazu durchringen konnte. Stattdessen fuhr er sich nachdenklich mit der Hand durch die Haare und ließ sie dann im Nacken ruhen.

„Geh duschen, Paul.", sagte Pia, ohne sich überhaupt zu ihm umzusehen, halb in einem seiner Küchenschränke verschwunden. „Ich finde mich alleine in deiner Küche zurecht und will mit dem Essen echt nicht mehr warten."

„Gute Argumente, Pia." Er seufzte und verschwand im Bad, nicht ohne uns vorher einzuschärfen, dass er unbedingt einen dicken Pfannkuchen haben wolle, nicht so ein „dünnes Läppchen".

Pia streckte ihm den Mittelfinger entgegen ohne eine Miene zu verziehen. „Man kennt sich, Carstens." 



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bisschen Füllmaterial. Und ich habe jetzt Lust auf Apfelpfannkuchen. Wer noch? 


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