Zwei Tage später, ich hatte gerade den nachmittäglichen Spaziergang mit einer wirklich lebhaften Donni überstanden und wollte Feierabend machen, sah ich Lukas' Auto auf dem Parkplatz stehen, legte einen Gang zu und huschte ohne Umweg nach oben.
Tatsächlich war Lukas alleine oben und kochte sich gerade einen Kaffee, als ich meine Jacke an der Kapuze an die Garderobe hängte und in die Küche eilte.
„Du hast ein WG-Zimmer?", rief ich statt einer Begrüßung, als ich durchs Wohnzimmer in die Küche ging und Lukas wandte sich sichtlich überrascht mir zu.
„So sieht es aus." Er schüttelte kurz den Kopf, machte dann zwei große Schritte auf mich zu und umarmte mich. „Hi, du. Wie geht es dir?"
„Besser.", sagte ich und hängte mich, statt die Umarmung zu lösen, einfach an seinen Hals. „Und dir?"
„Läuft. Zumindest jetzt, wo ich das Zimmer habe. Das war schon stressig jetzt zuletzt." Die Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben- er sah wesentlich entspannter aus als noch zu Weihnachten, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte.
„Wann ziehst du um?", fragte ich und wollte die Antwort eigentlich gar nicht richtig hören.
„Morgen." Er schmunzelte und schlang seine Arme, die er zwischendurch eigentlich längst gelöst hatte, doch wieder um mich, als er merkte, dass ich noch nicht daran dachte, ihn loszulassen. „Aber eigentlich ziehe ich nur ein. Ich habe meinen Schreibtisch, meine Klamotten und ein bisschen Kleinkram im Auto – und der Rest ist auf dem Sperrmüll oder beim Nachmieter."
„Leichtes Gepäck also.", murmelte ich und dachte insgeheim, dass ich es nur gut fand, dass er nicht sein halbes Leben mit Inga mit nach Berlin schleppte, nachdem er schon in die gleiche Stadt zog wie sie.
„Ultraleicht- im Gegensatz zu dir." Er blinzelte auf meine um seinen Hals geschlungenen Arme herunter. „Warum genau hängst du an mir dran?"
Seufzend ließ ich ihn los und zuckte mit den Schultern. „Weil du nach Berlin ziehst."
Er lachte und fuhr sich durch seine Haare, die in den letzten Wochen so lang geworden waren, dass er seine Locken nicht mehr richtig verbergen konnte. „Das merkst du doch eh nicht. Außerdem kannst du mich besuchen kommen- so in Turnierrente mit freien Wochenenden." Er wandte sich dem Kaffee zu und ich verzog unglücklich mein Gesicht.
„Vielleicht. Wohin ziehst du?"
„Schmargendorf sagt dir nichts, oder?", fragte er und ich zuckte mit den Schultern.
„Nö." Für mich wohnte man in Berlin- und nicht in Schmargendorf. Was auch immer das sein sollte.
„Ich hatte jedenfalls unfassbar Glück- ich brauche eine Viertelstunde mit dem Rad zur Arbeit und mein Zimmer hat zwei Ebenen." Er strahlte. „Zu meinem Bett klettere ich eine Treppe hoch und schlafe unter einem gigantischen Dachfenster."
„Nice.", murmelte ich und konnte mich nicht recht mitfreuen. „Wird kuschelig im Sommer."
Lukas schubste mich sachte. „Ohne Witz- du kannst mich besuchen."
„Und deine Mitbewohner?", fragte ich, ohne auf sein Angebot näher einzugehen.
„Ich habe nur einen." Lukas ächzte leise und kratzte sich am Kopf. Es war offensichtlich, dass er weniger Begeisterung für seinen Mitbewohner als für sein Dachfenster übrig hatte. „Ich glaube, er ist unter anderem Yogalehrer."
„Klingt nicht nach einem guten Match."
„Klingt wie: die Wohnung ist perfekt und ich brauchte echt dringend ein Zimmer, also ist es ein geniales Match. Außerdem ist er ruhig und sein Zimmer ist am anderen Ende der Wohnung." Er trank einen großen Schluck von seinem Kaffee und musterte meinen skeptischen Gesichtsausdruck. „Ich stelle auch ein Sofa rein, wenn du kommst."
„Das überzeugt mich natürlich." Ich nahm ihm seinen Kaffee aus der Hand, nahm einen Schluck und versuchte, nicht zu wehmütig auszusehen. Ich war albern. Lukas war nicht aus der Welt- nur fast. Nur eine lange ICE-Strecke entfernt. Also riss ich mich zusammen. „Du kannst dann auf dem Sofa schlafen und ich lege mich unter dein Dachfenster. Wenn du eine Lichterkette anbringst."
„Deal." Lukas nahm mir den Kaffee wieder ab und lehnte sich gegen die Arbeitsplatte. „Ich habe von Sina gehört, dass du übers Wochenende in Renesse warst? War's schön?"
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Kleiner Happen, damit es nicht zu lang wird bis zum Wochenende :)
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Auftauchen
Ficção AdolescenteIch ertrinke. Ich ertrinke in endloser Tiefe, In endloser Aufrichtigkeit. Ich will Auftauchen. Will ich? Kim Feldmann ist 19 Jahre alt und kehrt nach der abgeschlossenen Bereiterausbildung auf den elterlichen Hof zurück. Dort erwarten sie nicht nur...