„Wieso plötzlich doch?", hatte er gefragt, mich mit sich zum Bett gezogen und sich mir gegenüber im Schneidersitz hingesetzt. Stockend hatte ich versucht ihm zu erklären, weswegen ich meine Meinung geändert hatte und er hörte zu, fragte nach und hielt dabei meine Hand in seiner. Diese ernsthafte Unaufgeregtheit, mit der er mir zuhörte, mit der er argumentierte, sie gab mir das erste Mal das Gefühl, dass es ein Paul- und-ich gab, dass es so vorher nicht gegeben hatte. Es war das erste Mal, dass ich nicht einfach das Gefühl hatte, meinem besten Freund gegenüberzusitzen und es fühlte sich auf eine neue Art richtig an.
„Du solltest nicht zulassen, dass die dich bis hierher und bis heute glauben lassen, dass an dir irgendwas nicht richtig ist.", sagte er und drückte meine Finger ein bisschen fester. „Ich will dich so wie du bist." Er lächelte. „Wenn es dich glücklich macht, dann sogar genauso explosiv wie du bist."
„Du bist doof." Ich boxte ihm mit der freien Hand sachte gegen den Oberarm und ließ die Schultern hängen. Mir fehlten die Worte für das, was ich fühlte und sagen wollte. Es war diese Mischung aus dem Wunsch, München einfach weiter abhaken und verstecken zu können und der Erkenntnis, dass ich darin furchtbar schlecht war. Ich mochte verstanden haben, dass es vorbei war und ich mochte wissen, dass mir die meisten Menschen nichts Böses wollten, aber dieses Gefühl vielleicht selbst Schuld zu sein, bestimmt komisch zu sein, es war so zerstörerisch und zäh wie Kaugummi im Haar. Nur, dass es mit dem Abschneiden der Haare nicht dauerhaft verschwunden war.
„Warum möchtest du wirklich, dass meine Eltern es erfahren, hm?", fragte Paul und legte seinen Kopf schief. Er sah nicht ablehnend aus, aber skeptisch, was ich ihm nach dem Hin und Her der letzten Zeit nicht verübelte.
„Weil ich es früher nie verheimlicht hätte." Wenn mein Gefühl mich damals nicht vor irgendetwas gewarnt hatte, dann hatte ich selten zweimal über Dinge nachgedacht. Ich hatte es einfach beschlossen und gemacht, egal, ob es dabei um den Weg zum nächsten Sprung oder um die Organisation der Stufenparty gegangen war. „Früher wäre ich einfach an deiner Hand hier reinspaziert, wenn ich das gewollt hätte."
„Willst du das denn?"
Ich nickte und schluckte schwer. „Wenn du mir versprichst, dass ich nicht gleich Tante Kim werde, sondern einfach deine Freundin sein darf." Ich hatte es gesagt- seine Freundin. Die Worte fühlten sich noch fremd an in meinem Mund und die Bedeutung war so anders, als damals, als Thomas mich seine Freundin genannt hatte. Paul küsste mich.
„Lässt sich bestimmt einrichten. Ich werde Sam bremsen."
„Ich will keine Enkelkinderwitze hören. Ich lasse mir die Pille verschreiben und setze die nicht ab, bevor ich nicht mindestens dreißig bin.", sagte ich und wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel, die nichts mit Traurigkeit zu tun hatte. „Wenn mein Vater stresst, dann bleibst du cool- er kriegt dann Stress mit mir. Ich will, dass du Jenny sagst, dass das zwischen euch endgültig vorbei ist und ich will, dass du zuerst mit mir sprichst, wenn dich etwas stört. Rede nicht hinter meinem Rücken über mich."
Mit einem Lächeln schob Paul mir eine Hand in die Haare. „Okay. Kriegst du es weiterhin hin, ehrlich und deutlich zu sagen, was du denkst und möchtest? So wie jetzt? Damit ich weiß, was gerade mit dir los ist?"
„Ich gebe mir Mühe."
„Dann,", er küsste mich erneut. „nehme ich dich so,", er drückte meine Hand. „mit." Er stand auf und zog mich auf die Füße. Ich war aufgeregt, als wir gemeinsam das Zimmer verließen, aber auf eine weniger ängstliche Art als zuvor, als wir vor der Haustür gestanden hatten. „Wahrscheinlich", raunte Paul mir zu, während wir die Treppe heruntergingen. „spekulieren die sowieso schon wild, nachdem wir mal locker eine halbe Stunde verschwunden waren."
Paul hielt nur meine Hand, während wir gemeinsam zum Tisch liefen und trotzdem flog erst Pias Blick auf unsere verschränkten Finger, dann der seiner Eltern und zuletzt der von Samuel. Pias Gesicht blieb ausdruckslos, Pauls Vater blinzelte einmal zu oft, um nicht überrascht zu wirken, seine Mutter lächelte erleichtert und Samuel stieß Cara unsanft den Ellbogen in die Seite, damit sie das Schauspiel nicht verpasste. Sie verdrehte nur die Augen.
„Zeit für den Kuchen.", sagte seine Mutter und ihre Augen schimmerten feucht, als sie nach dem Tortenheber griff und eilig damit begann, mit Mandelsplittern verzierte Stachelbeer-Baiser-Torte auf den freien Tellern zu verteilen.
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Ist euch auch aufgefallen, dass Pauls Mutter der Gegenentwurf zu .... jemand anderem sein könnte? 😄
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Auftauchen
Teen FictionIch ertrinke. Ich ertrinke in endloser Tiefe, In endloser Aufrichtigkeit. Ich will Auftauchen. Will ich? Kim Feldmann ist 19 Jahre alt und kehrt nach der abgeschlossenen Bereiterausbildung auf den elterlichen Hof zurück. Dort erwarten sie nicht nur...