Part 182

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Wir blieben den ganzen Tag am Strand. Auch dann, als am Abend viele der Familien um uns herum ihre Sachen zusammenpackten und es um uns herum langsam leerer wurde. Den Tag über war es so heiß gewesen, dass die Luft sich auch um nach neun noch lange nicht abgekühlt hatte und als Paul aufstand, mir seine Hand entgegenstreckte und mit dem Kopf gen Wasser nickte, schlug ich ein. Den ganzen Tag über waren wir immer wieder zur Abkühlung ins Meer gesprungen und wenn wir danach langsam trocknend in der Sonne gelegen hatten, dann hatten wir darüber geredet, was in den letzten Monaten abseits der smalltalk-tauglichen Themen passiert war. Es hatte sich verrückt angefühlt, dass während bei mir so viel losgewesen war auch Pauls Leben nicht stillgestanden hatte. Ich hatte ihm gespannt zugehört und gespürt, wie ich in manchen Momenten fast vergaß, was zwischen und passiert war, wie ich fast bereit gewesen wäre, alle Vorsichtsmaßnahmen aufzuheben und wie früher meinen Kopf ganz selbstverständlich auf seiner Brust abzulegen. Allerdings war ich in den Augenblicken, in denen ich das bewusst realisiert hatte, fast physisch zurückgezuckt. Ein Schritt nach dem anderen, ein Betonpfeiler nach dem nächsten.

Als wir das Wasser erreichten und es kühl erst unsere Knöchel und dann unsere Waden umspülte, ließ ich Pauls Hand los, machte zwei, drei große Schritte ins tiefe Wasser und tauchte ein. Mein ganzer Körper prickelte vor Kälte, bevor ich ein paar Schwimmzüge tat, prustend wieder auftauchte und mich nach Paul umsah. Er stand im knietiefen Wasser , die Arme vor der Brust verschränkt und lachte, als er sah, wie ich frierend nach Luft schnappte. Er behielt das Lächeln auf seinen Lippen, als er langsam auf mich zukam. Die tiefstehende Sonne, die hinter meinem Rücken selbst ins Wasser eintauchte, tauchte den Strand in ein fantastisches, warmes Licht und spielte mit dem Blond von Pauls Haaren. Ich konnte nicht anders, als ihn anstarren, als mich der Gedanke erwischte, dass wir nur hier waren, weil wir beide einander eine ganze Menge verzeihen wollten. Am Morgen noch hätte ich keine Chance dafür gesehen, jetzt mit ihm im Meer zu schwimmen. Wie anders sich die Dinge anfühlten, wenn er dabei war...

„Alles gut, du Seepferdchen?", fragte Paul und blieb im hüfthohen Wasser direkt vor mir stehen. Dieses Mal hob er wirklich seine Hand und strich mir vorsichtig über meine kühle Wange. „Du siehst ein bisschen schockgefrostet aus." Seine Mundwinkel zuckten und ich atmete schnaubend aus.

„Ich schockfroste dich gleich, Paul.", sagte ich drohend und reckte mein Kinn, während er langsam und scheinbar unbeeindruckt von meiner Drohung seinen Daumen von meiner Wange unter mein Kinn gleiten ließ. Seine warme, trockene Haut an meiner war eine verlockende Einladung ihn mit mir ins Wasser zu ziehen.

„Du kannst mich schockfrosten sooft du willst.", sagte er schmunzelnd und ließ seine Nasenspitze gegen meine sinken. „Du wirst mich trotzdem nicht los.", setzte er dicht an meinem Ohr hinterher.

„Das...", entgegnete ich und griff mit meiner nassen Hand in seinen Nacken. „...werde ich testen." Ich stellte mich im Wasser auf meine Zehenspitzen und küsste ihn sachte. „Ausgiebig werde ich das testen." Damit verlagerte ich mein Gewicht und zog ihn, protestierend und aussichtslos kämpfend, rückwärts mit mir ins Wasser.




Paul war wirklich noch gefahren, weil weder er noch ich die Sache mit den kleinen Schritten direkt am ersten Tag hatten über Bord werfen wollen. Er war nachts um halb drei zuhause angekommen und ich hatte erst schlafen können, nachdem er geschrieben hatte, dass er sicher in seinem Bett lag. Bis dahin hatte mein Kopf auch einfach noch gebraucht, um zu verstehen, wo Paul und ich standen- und wo noch nicht. Anders als er, der in den folgenden zwei Wochen fast die Stunden bis zu meiner Heimkehr zählte, genoss ich die Zeit, die ich noch in Renesse hatte. Ich freute mich seit seinem Besuch nicht nur auf zuhause, sondern auch auf ihn, aber trotzdem sah ich meinem Abschied mit sehr gemischten Gefühlen entgegen.

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