Part 12

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Nach dem Mittagessen waren Lukas und Felix ausreiten gegangen. Die beiden wollten das gute Wetter nutzen und mit den Pferden zum See. So gerne, wie ich sonst auch mitgeritten wäre, ich hatte mich lieber hingelegt. Die Kopfschmerzen hatten sich dann doch wieder zurückgemeldet und ich hatte gar keine andere Wahl gehabt, als mich auszuruhen. Trotzdem, so richtig zur Ruhe kam ich den ganzen Nachmittag nicht. Immer wieder kreisten meine Gedanken darum, ob und wie ich Lukas darauf ansprechen sollte, was denn nun zwischen ihm und Paul vorgefallen war. Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen, weswegen Paul Lukas aus dem Weg gehen wollte. Die beiden hatten sich immer gut verstanden und ich konnte mir nicht vorstellen, dass das elendige Nikita-Thema so sehr zwischen den beiden stand. Auf der anderen Seite wusste ich auch nicht, welchen Grund Paul haben sollte, mich anzulügen. Weswegen hätten die beiden schon streiten können, wenn nicht wegen Lukas' Pferden? Hatte Paul vielleicht den Bogen überspannt und es mit den Sticheleien gegen Marie übertrieben? Aber selbst wenn es in dem Streit um Marie gegangen wäre: Welchen Grund hätte Paul, mir das nicht zu erzählen? Ich war ratlos und wie ich es auch drehte und wendete, ich kam nicht weiter. Ich hoffte darauf, dass Paul am Abend zu uns käme, war mir aber fast sicher, dass er nicht auftauchen würde. So albern wie er am Mittag noch versucht hatte sich rauszureden...Als ob er backen würde. Für wie dumm hielt er mich eigentlich?




Am frühen Abend kamen Lukas und Felix zurück, beide mit strahlenden Augen und schlammbespritzt.

„Was habt ihr denn gemacht?", fragte ich, als ich die beiden sah.

„Wir waren ewig ausreiten, fast zweieinhalb Stunden. Und auf der letzten Galoppstrecke waren ein paar Pfützen, da sind wir mit Voll...", erzählte Felix begeistert, aber Lukas räusperte sich laut.

„Es war ein bisschen schlammig.", wiegelte er ab und schielte aus dem Augenwinkel in die Küche.

„Ist sonst keiner hier oben.", erwiderte ich schmunzelnd.

Felix strahlte. „Ich bin vorne galoppiert und habe Lukas voll abgehängt, Lina hat Gas gegeben und hat richtig angefangen zu buckeln."

Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie Lina durchstartete. Dafür hatte ich selbst genug heimliche Rennen mit ihr im Wald veranstaltet.

„Könnte so gewesen sein.", räumte Lukas ein. „Und am See geplantscht haben wir auch noch mit den Pferden. Wir haben auch gerade erstmal eine Stunde das ganze Lederzeug sauber gemacht, das sah echt übel aus." Er sah an sich herunter. „Ungefähr so übel wie ich. Ich würde sagen, ich gehe duschen und wir bestellen uns danach was zu essen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sina sich heute nochmal freiwillig in die Küche stellen wird."

Lukas räumte die Pizzakartons weg, während ich Tee für uns beide kochte.

„Warum bist du eigentlich nicht hier oben wohnen geblieben?", fragte Lukas. „Ist es nicht irgendwie seltsam, im gleichen Haus aber in einer der kleinen Wohnungen zu wohnen?"

„Würdest du mit den beiden zusammen wohnen wollen? Ich meine, so wirklich jeden Tag, ohne Pause.", erwiderte ich und goss das heiße Wasser über die Teeblätter. „Ich habe jedenfalls keine Lust immer anzukündigen wann ich Besuch bekomme, zu rechtfertigen, dass ich mit der Reithose auf dem Sofa sitze oder erklären, warum ich spät abends nach Hause komme."

„Verstehe ich." Lukas lehnte sich gegen die Arbeitsplatte und schaute aus dem Fenster, während er weitersprach. „Es ist schon schön, wenn man sein eigenes Ding machen kann. Ich meine, ich wohne zum ersten Mal wirklich alleine im Moment. Das ist...." Er unterbrach sich und zuckte stattdessen mit den Schultern. Er war damals direkt nach dem Abi mit Inga zusammengezogen und mir wurde erst jetzt bewusst, dass sie auch ausgezogen sein musste.

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