Part 59

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„Haha.", entgegnete ich und verdrehte meine Augen, nachdem ich mir eingestehen musste, dass mir kein schlauerer Konter einfallen würde. „Ich frage Mama später, ob sie das rettet.", sagte ich stattdessen und zuckte mit den Schultern. Die hatte wenigstens eine echte, scharfe Haarschere im Bad, mit der vorher keine Pferdehaare geschnitten worden waren.

„Mache das nicht." Mein Vater seufzte und schob den Laptop ein Stück von sich weg, bevor er mich ansah. „Nicht, dass sie das nicht könnte, aber gehe zum Friseur. Lasse das richtig schneiden. Ich bezahle das auch."

„Du musst das nicht bezahlen, ich habe genug Geld.", wiegelte ich ab, aber er war schon aufgestanden, hatte sein Portemonnaie vom Schrank geholt und drückte mir hundert Euro in die Hand. „So teuer ist das jetzt auch nicht." , setzte ich noch hinzu, als ich widerwillig das Geld nahm, dass er mir auffordernd hinhielt.

„Der Rest ist fürs Einkaufen."

„Ich habe auch genug Geld, um einzukaufen, ich bin nur faul." Schuldbewusst warf ich den leeren Joghurtbecher in den Müll.

Er lachte nur, zog noch einen Zettel aus seinem Portemonnaie und drückte mir auch den in die Hand. „Das ist der Einkaufszettel für deine Mutter, Felix und mich. Du kannst mein Auto nach der Arbeit zum Einkaufen haben. Viel Spaß und vielen Dank."

„Das ist kein Einkaufszettel, das sind die 95 Thesen!", beklagte ich mich, als ich die Liste überflog. „Wer soll das alles essen?"

„Deine Mutter, Felix, ich und unser Hausgeist. Der mit der Vorliebe für Blaubeerjoghurt. Kennst du den?"

Nass geschwitzt ließ ich die Zügel länger und ließ Lolo locker ausgaloppieren. Nachdem der Wallach schon zwei Tage Schonprogramm genossen hatte, war er trotz der Hitze beim Training ziemlich an gewesen. Nicht, dass er sich wirklich daneben benommen hätte, aber er hatte in seinem Übereifer mehr als einmal vergessen vorm Sprung auf mich zu warten. Trotz des Trainings, dass schon bei normalen Temperaturen anstrengend gewesen war, musste ich die Zügel wieder aufnehmen, mich hinsetzen und ihn immer wieder aktiv abfangen. Wo er gerade die Kondition hernahm, war mir schleierhaft. Ich sehnte mich nur nach einer kalten Dusche und einem Radler im Schatten- zur Not auch im Keller. Hauptsache nicht auf dem Springplatz, auf dem ich gerade in der Sonne briet. Ich war blöd genug gewesen, mich nicht einzucremen und jetzt, nach Pferd Nummer vier, prickelten selbst meine sonnenerprobten Unterarme unangenehm.

Als ich in den Stall kam, verriegelte Paul gerade Fias Boxentür. Alle Pferde standen drinnen und würden abends wenigstens für ein paar Stunden rauskommen. So viel Gnade gab es für mich nicht.

„Autsch.", sagte er nur, als er mich sah. „Du bist rot."

„Habe nicht dran gedacht, dass wir in Süditalien leben und ich gerade nicht arbeite, sondern am Strand liege.", ächzte ich. Als ich meinen Helm absetze und mit den Fingern meine Stirn berührte, wäre ich fast zusammengezuckt. Shit, das brannte richtig.

„Mittagssonne auf dem Springplatz ist gefährlich.", sagte er mitfühlend. „Damit habe ich auch schon Bekanntschaft gemacht." Er brachte seinen Sattel weg und half mir danach, Lolo von seinem Sattelzeug und den Gamaschen zu befreien. „Machst du mit mir Mittagspause?", fragte er beiläufig, als er den Nasenriemen der Trense zuzog und die Zügel durchsteckte. Er hatte diesen Fimmel von meiner Mutter übernommen. Ich hatte nie verstanden, warum man beim Weghängen der Trense auch nur einen Augenblick mit solchen Unnötigkeiten verschwenden sollte.

„Beinhaltet die eine kalte Dusche, Aloe Vera Gel und was zu trinken?"

Er lächelte mitleidig und ließ seinen Blick über mein Gesicht und meine Arme wandern. „Nichts anderes."

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