Part 18

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Unwillkürlich musste ich lachen. Irgendwie hatte sie Recht, aber was sollte ich ihr erzählen? „Es gibt niemanden.", antwortete ich also wahrheitsgemäß und steuerte auf die Bank zu, die am Springplatz stand.

„Okay- es gibt aktuell niemanden, aber es gab doch wen, oder?"

„Hat Paul gequatscht?"

„Also habe ich Recht?"

„Nicht wirklich." Seufzend setzte ich mich und zog die Beine an den Körper. „Während der Ausbildung hatte ich kurz was mit einem Kerl, aber das war nichts...richtiges."

„Und wie hieß dieser nicht-richtige Typ?" Pia sah mich mit hochgezogener Augenbraue an, setzte sich und zog ebenfalls die Knie an.

„Thomas." Mein Magen zog sich unangenehm zusammen und ich schaute angestrengt auf meine Fußspitzen. Pia war so viel hartnäckiger als Paul, der seit meiner Rückkehr tatsächlich seinen Namen von mir nicht mehr gehört hatte. Wahrscheinlich erinnerte er sich nicht einmal mehr daran, wie er hieß. Wir hatten nur einmal kurz über ihn gesprochen. Der Kerl, wegen dem du mich angerufen hast. Damit hatte Paul es gut sein lassen und ich war ihm dafür auch ganz dankbar gewesen.

„Sage mal Kim", sagte Pia leise. „Wenn du da mit mir nicht drüber sprechen willst, ist das okay. Ich dachte, es wäre in Ordnung, wenn ich danach frage. Wenn dir das irgendwie zu persönlich ist, dann verstehe ich das."

„Das ist es nicht. Es gibt einfach nicht viel darüber zu sagen. Er war der Neffe vom Chef- das war der erste Fehler. Irgendwann mochte er mich mehr als ich ihn, dann habe ich das beendet, dann hat er sich wie ein Ar.sch benommen. Das ist alles." Ich merkte sofort, wie mein Gesicht anfing zu glühen und ich wünschte, ich hätte selbst das für mich behalten. Thomas hatte meine Zeit in München einfach nur abgerundet- und ich hatte keinen Bock, darüber nachzudenken. Das letzte Jahr in München hatte ich schon krampfhaft nicht daran gedacht und versucht, einen Haken an diese Sache zu machen, erfolgreich eigentlich.

„Ich habe mich auch mal in einen Idioten verliebt.", sagte Pia und ich spürte ihren aufmunternden Blick auf mir.

„Du kannst Paul nicht mit Thomas vergleichen.", sagte ich schroffer als beabsichtigt.

„Das wollte ich auch nicht, ich meine noch nichtmal Paul. Eigentlich meinte ich einen Typen aus meinem Semester, ein völliger Egomane."

„Sorry Pia, ich bin da einfach ein bisschen empfindlich."

„Wie gesagt, wir müssen da nicht drüber reden." Wahrscheinlich lag es daran, dass ich spürte, dass sie es wirklich so meinte, dass ich wirklich einfach nichts weiter zu dem Thema hätte sagen müssen und sie nicht weiter nachgebohrt hätte, dass ich schließlich doch weitersprach.

„Er hat ziemlich viel Scheiße geredet, als es vorbei war." Ich vergrub mein Gesicht in den Händen, um Pia nicht ansehen zu müssen. „Hat eine Menge peinlichen Kram erzählt, der nichts mit der Realität zu tun hatte."

„Und?" Pia rutschte von der Bank und ging vor mir in die Hocke.

„Ich will das echt nicht wiedergeben." Ich spürte schon wieder den vertrauten Kloß in meinem Hals und das Brennen in meinen Augen, die mich in den letzten Tagen beinahe ständig begleiteten. „Sein Gerede ist jedenfalls gut angekommen, er hat sich direkt mal ein paar neue Freunde gemacht."

„Ich komme nicht ganz mit."

Will ich auch nicht, dachte ich insgeheim, aber trotzdem stolperten die Worte plötzlich wie von selbst aus meinem Mund.

Ich erzählte ihr von München und meinen Kollegen, die mich bestenfalls ignoriert hatten, wie sie mich abends alleine hatten stehen lassen. Wie sie sich das Maul über mich zerrissen hatten, wenn mal etwas schief lief. Wie sie mich bei der Arbeit hatten hängen lassen, wenn der Chef nicht hingesehen hatte. Und welche Angst ich am Ende gehabt hatte, mit ihnen gemeinsam die jungen Pferde anzureiten. Nicht, dass sie je etwas getan hätten, aber ich hatte solche Angst gehabt, mich nicht auf sie verlassen zu können. Zu genau hatte ich im Ohr gehabt, wie jemand ziemlich schadenfroh gelacht hatte, als ich noch in den ersten Wochen von einer dreijährigen Stute abgesprungen war, die sich gerade angeschickt hatte, mich selbst in den Sand zu setzen. Ich hatte solche Angst gehabt, dass mein Chef das Gerede mitbekam und noch weniger hatte ich gewollt, dass er merkte, dass mich das fertig machte.

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