Part 52

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„Ich muss das Auto pünktlich zurückbringen.", erwiderte ich und umarmte ihn zum Abschied. Er fehlte mir jetzt schon. „Viel Erfolg mit deinem Masterarbeits-Dingsbums."

Er lachte. „Viel Erfolg mit deinem Paul-Dingsbums."

Dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und ich fing langsam an, den Esstisch abzuräumen, das Geschirr zu spülen und schließlich meine Sachen zusammenzupacken. Ich hatte meine Tasche schon in der Hand, als ich noch ein letztes Mal ins Wohnzimmer schaute, um zu kontrollieren, ob ich etwas liegengelassen hatte. Hatte ich nicht, aber mein Blick blieb an dem Umzugskarton in der Ecke hängen. Langsam ging ich nochmal hin, öffnete ihn und suchte unter den Bildern nach der Collage von der Silvesterparty. Ich nahm sie heraus und betrachtete sie nochmal genauer. Es waren Partyfotos. Lukas, Inga, ihre Freunde. Ich erkannte Daniel und Juan auf einigen Bildern. Er wolle die Zeit nicht missen, das hatte er gesagt. Nicht für nichts. Ich zögerte kurz, aber dann stand ich auf, die Collage in der Hand und hängte sie an zwei freie Nägel an der Wand. Kurz begutachtete ich mein Werk, fragte mich, ob sie vielleicht ursprünglich sogar auch mal an dieser Stelle gehangen hatte, wandte mich dann ab, klappte den Karton zu und schleppte ihn in den Keller. Dann fuhr ich heim.

Die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel, als ich am frühen Nachmittag das Auto meiner Mutter abstellte. Es hatte über dreißig Grad und mir drückte sich eine Wand heißer Luft entgegen, als ich die Autotür öffnete. Krass. Ich hatte meinen Kram kaum richtig zusammengepackt und mir den Gurt meiner Tasche über die Schulter geworfen, als ich schon die ersten Schweißperlen in meinem Nacken spürte. Ächzend schleppte ich alles in meine Wohnung und ging danach hoch, um meiner Mutter ihren Autoschlüssel zurückzubringen, doch oben war nur Felix, der mit einem Eis in der Hand auf den kühlen Fliesen in der Küche lag.

„Alles gut bei dir?", fragte ich, als ich ihn dort so liegen sah und er nickte träge.

„Ich hatte gerade noch Reitstunde, ich kühle ab.", sagte er nur und hob sein Eis, als wollte er mit mir anstoßen.

„Na denne." Ich war schon halb auf dem Weg nach draußen, verharrte dann aber doch an der Wohnungstür. „Willst du schwimmen gehen, Felix?"

Ich hörte es laut rumpeln, dann tauchte sein ungläubiges Gesicht in der Küchentür auf. „Echt jetzt?"

Wir hatten ewig nichts mehr zusammen gemacht. „Echt jetzt. Ich habe frei." Ich dachte daran, dass ich genauso alt war wie Lukas damals, als wir an den Turnierwochenenden gemeinsam zuhause geblieben waren. Nicht, dass Felix mir bisher den Eindruck vermittelt hatte, besonders viel Wert darauf zu legen, Zeit mit mir zu verbringen. Dennoch- sein großer Bruder war weit weg, ich war es nicht.

„Ich packe die Tasche." Barfuß eilte er an mir vorbei in sein Zimmer, das Eis immer noch in der Hand.

„In zwanzig Minuten unten, okay?", rief ich ihm hinterher und ging nach unten, um die Autoschlüssel bei meiner Mutter abzugeben.

Felix und ich waren beide verschwitzt, als wir die Fahrräder abgeschlossen und die Handtücher im Halbschatten ausgebreitet hatten. Wir waren an den nahegelegenen See gefahren, in dem wir im Sommer oft schwammen. An genau den See, zu dem ich nachts mit Paul gelaufen war, als er versucht hatte, mir von dem Kuss zwischen ihm und Pia zu erzählen. Es war relativ leer, wahrscheinlich, weil viele noch arbeiteten und außerdem noch keine Sommerferien waren.

„Wie war es bei Lukas?", fragte Felix, während er sich dick mit Sonnencreme einschmierte.

„Gut. Wir waren Pizza essen und haben abends seine Freunde getroffen. Das war nett."

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