Wohlig gähnend zog ich mir Pauls Pullover über den Kopf und tapste mit nackten Beinen und Füßen zum Wasserkocher herüber, um Teewasser anzusetzen. Paul lag lang ausgestreckt im Bett und folgte mir mit seinem Blick.
„Spann' nicht.", sagte ich und warf ihm ein Geschirrtuch entgegen, dass er seufzend mit einer Hand abwehrte.
„Ich habe dich drei Tage nicht gesehen.", verteidigte er sich, warf das Tuch zurück, ließ sich wieder in die Kissen sinken und zog sich demonstrativ die Wolldecke über seinen nackten Oberkörper. „Dann darfst du auch nicht mehr gucken."
„Ich gucke eh nur auf den Tee."
„Sicher.", spottete er und ich spürte seinen Blick wieder auf mir ruhen. „Wie war Renesse?"
„Schön." Ich schmunzelte, als ich realisierte, dass wir es bisher nicht zu dieser Frage geschafft hatten. „Richtig schön." Ich öffnete die Schranktür, holte die Teebeutel heraus und goss den Tee auf. „Du wirst es nicht glauben, aber ich bin so richtig Dressur geritten."
Er lachte und streckte die Hand aus, als ich auf ihn zuging, um mir seinen Becher abzunehmen. „Womit hast du das Pferd bestochen?"
„Ich war einfach überzeugend. Hast du Zweifel daran?" Ich lächelte unschuldig, schwang mein Bein über ihn und balancierte meinen heißen Tee in der rechten Hand, während ich mich mit zerwühlten Haaren und in diesem übergroßen, weichen Pullover auf seine Hüfte sinken ließ.
„Nie im Leben.", murmelte er und seufzte zufrieden auf, bevor er seinen Tee neben dem Bett abstellte. „Was für ein Pferdchen hast du denn überzeugt?"
„Eine fünfzehnjährige KWPN-Stute, Highlight, eine echte Professorin und eine engagierte Lady."
„Eine engagierte Lady?", echote Paul und beäugte misstrauisch, wie ich meinen Tee auf der um seinen Oberkörper gewickelten Decke abstellte. „So ladylike wie du?"
„Sie würde dich in Nullkommanix um den Finger wickeln."
„War ja klar, dass du mit der gut auskommst." Er verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und sah zu mir hoch. „Und sonst?"
„Ich bin Serienwechsel geritten.", sagte ich triumphierend und legte den Kopf schief. „Die engagierte Lady hat aber mitgeholfen."
„Und jetzt hat dich das Dressurfieber gepackt. Dein Vater hat doch noch obsiegt und deine Mutter weint sich gerade endgültig geschlagen in den Schlaf."
„Spotte nur da unten.", murmelte ich und beugte mich zu ihm herunter, hielt mit einer Hand den Tee fest und griff mit der anderen nach seinen Handgelenken, während ich ihn küsste. „Ich habe meinen Horizont erweitert am Wochenende. Da habe ich dir was voraus."
„Du hast gekifft?!", fragte Paul ungläubig in den Kuss hinein und ich lachte.
„Nein. Ich war mit den Mädels raus, aber ich habe nicht gekifft."
„Die Mädels? Welche Mädels?", fragte er wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt.
„Ich war feiern. Mit Benthes Bereiterin und ihren Mädels. Bist du eifersüchtig?"
„Auf die Mädels?"
„Ich habe mir mit Marieke eine Bettdecke geteilt.", flüsterte ich ihm verschwörerisch ins Ohr und er wandte den Kopf, um mich mit großen, unschuldig geweiteten Augen anzusehen.
„Du teilst dir mit fremden Frauen ein Bett? Darf ich auch?"
„Stirb beim Versuch, Paul." , zischte ich ihm zu und klang dabei doppelt so ernst wie ich beabsichtigt hatte und nur halb so ernst, wie ich es meinte.
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Auftauchen
Teen FictionIch ertrinke. Ich ertrinke in endloser Tiefe, In endloser Aufrichtigkeit. Ich will Auftauchen. Will ich? Kim Feldmann ist 19 Jahre alt und kehrt nach der abgeschlossenen Bereiterausbildung auf den elterlichen Hof zurück. Dort erwarten sie nicht nur...