Part 56

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„Was heißt das für uns?", fragte ich ängstlich und widerstand dem Drang, seine Hand zu berühren. Ich war mir nicht sicher, ob er das zulassen würde, wusste aber im Gegenzug, dass es mir die Tränen in die Augen getrieben hätte, wenn er seine Hand weggezogen hätte. Stattdessen schaute ich auf seine überkreuzten Arme, auf die sonnengebräunte Haut, die blonden Härchen und die aufgeschürften Fingerknöchel seiner Hand. Er war so Paul. Selbst mit diesem Bluterguss im Gesicht.

„Ich werde nicht darauf hoffen und warten, dass du dir irgendwann mal final überlegst, wie du zu mir stehst. Ich kann nicht dein abrufbereiter bester Freund sein, dem du alles erzählst und bei dem du dich ausweinst, während ich darauf warte, dass du dich vielleicht mal für mich entscheidest. Wenn du dich jetzt nicht für uns entscheiden kannst, dann entscheide ich mich dagegen."

„Endgültig?", fragte ich mit dünner Stimme und spürte, wie sich mein Magen zusammenzog.

„Was denn sonst?", fragte er zurück und klang fast verzweifelt. „Ich weiß, was ich will, und das nicht erst seit gestern. Wie lange soll ich darauf warten, dass du dich entscheidest? Wo ist die Grenze? Du sagst selbst, dass du nicht weißt, ob und wann du bereit bist. Was soll ich in der Zwischenzeit machen? Alles wie bisher?"

„Ich verstehe dich doch.", sagte ich und merkte, wie mir die Tränen ganz ohne Zurückweisung seinerseits in die Augen stiegen. Angestrengt blinzelte ich sie weg und hörte ihn leise seufzen.

„Damit will ich dir nicht wehtun, aber du tust mir weh, wenn ich nicht weiß, woran ich bin."

Ich nickte, hielt die Luft an und spürte trotzdem, wie mir die Tränen die Wangen herunterliefen.

Er kam einen Schritt näher und ich spürte, wie er mir seinen Zeigefinger unters Kinn legte und es vorsichtig anhob.

„Ich will dir nicht wehtun.", flüsterte ich unter Tränen und versuchte, sie mir aus dem Gesicht zu wischen.

„Das weiß ich jetzt auch.", sagte er und lächelte traurig. Wir standen uns eine ganze Weile schweigend gegenüber und irgendwann ließ ich meine Wange gegen seinen Handrücken sinken.

Ich sah zu ihm hoch. „Was heißt das, wenn ich ja sage?"

„Dass ich weiß, dass du dich darauf einlässt. Dass es keine anderen gibt. Dass du neben mir aufwachst und mit mir schläfst- irgendwann. Dass ich weiß, dass ich dich irgendwann mit zu meiner Familie nehmen und sagen kann, dass du meine Freundin bist." Er lächelte nicht. Stattdessen wanderten seine Augen ruhig über mein Gesicht und sein Daumen zeichnete sanft die Kontur meines Kinns nach. „Du bist mir wichtig, Kim, und ich passe auf dich auf. Immer. Wenn das nicht reicht, dann..." Er holte tief Luft. „...lasse ich dich los."

Ich schluckte schwer, während ich ihm immer noch in seine blauen Augen sah, die ruhig zurückschauten.

„Ich wollte dir das eigentlich nie sagen, wenn du im Bikini vor mir stehst.", sagte er kaum hörbar, ein angedeutetes Lächeln auf den Lippen. „Aber du bist schön. Du bist das sturste, unmöglichste, schönste Mädchen, dass ich kenne. Und das meine ich ernst- auch, wenn du nein sagst."

Selbst atemlos beobachtete ich das Heben und Senken seiner Brust, seinen gleichmäßigen, tiefen Atem, ehe mein Blick in seinen Augen versank. Ozeanblau, tiefblau. Ich kannte sie so gut. Sie waren so vertraut. In diesem Augenblick, in denen ich in sie eintauchte, waren sie alles für mich.


Ich ertrinke.
Ich ertrinke in endloser Tiefe,
In endloser Aufrichtigkeit.
Ich will Auftauchen.
Will ich?



„Vertraust du mir?"


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Tja. Was sagt man dazu? Auftauchen?

Wissen jetzt alle, warum die Geschichte Auftauchen heißt? :D

AuftauchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt