Part 14

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Wie verabredet longierte ich am Freitagnachmittag Rasputin, der sich für seine Verhältnisse beinahe mustergültig verhielt und den ich nur zweimal energisch von einem ungeplanten Richtungswechsel abhalten musste. Nachdem wir das geklärt hatten, trabte er locker seine Runden, ließ irgendwann den Hals fallen und schnaubte zufrieden ab.

„Feiner Dicker!", lobte ich ihn und musste im selben Augenblick feststellen, dass „Dicker" keine zutreffende Beschreibung mehr für Rasputin war. So athletisch wie er aussah, musste Paul ihn ganz schön auf Diät gesetzt haben.

„Benimmt er sich?", hörte ich Paul fragen, der sich ans Tor gestellt hatte. Er trug Jeans, Sneaker und ein hellblaues T-Shirt, dass ich noch nie gesehen hatte.

„Das Pferd läuft und du bist schick."

Er lachte und fuhr sich verlegen durch die Haare. „Ah, geht so." Man konnte ihm ansehen, wie unwohl er sich fühlte und ich ließ Rasputin anhalten und ging zu ihm herüber.

„Nervös?"

„Geht." Er zwinkerte mir zu, nestelte dabei aber unruhig an seiner Uhr herum.

„Lügner.", sagte ich leise. Selbst ich war nervös. Zum einen, weil ich wissen wollte, wie es Pia ging, was sie machte und wie sie ihm erklären wollte, dass sie sich nie bei uns gemeldet hatte. Zum anderen hatte ich Angst davor, was passieren würde, wenn irgendetwas schief gehen sollte.

„Stimmt."

„Du fährst jetzt?"

„Hm." Er nickte. „Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich das Fahrrad nehme. Nicht, dass das nötig wäre, aber vielleicht machst du dir dann keine unnötigen Sorgen."

„Ach so." Schmunzelnd hielt ich Rasputin zurück, der sich an mir vorbei zum Tor drängeln wollte. „Wie gut, dass du mir die unnötigen Sorgen ersparst. Wann kam die Einsicht?"

„Keine Einsicht, ich nehme nur Rücksicht auf dich."

„Soll ich nachher auf dich warten?"

„Quatsch." Er schüttelte den Kopf. „Wir sprechen morgen. Und lasse den Dicken vorher noch ein bisschen was tun, der ist immer noch pummelig." Damit drehte er sich um, hob flüchtig die Hand und ging. Im ersten Moment wollte ich ihm reflexartig nachrufen, er solle Pia von mir grüßen, doch ich ließ es bleiben. Ich wusste nicht, ob ich Pia grüßen wollte. Ich wollte nur, dass sie auf Paul aufpasste.

Nachdem ich Rasputin wieder auf die Wiese gestellt hatte, hängte ich noch Lolo und Milano an die Longe. Dabei warf ich immer wieder nervöse Blicke auf mein Handy, aber niemand meldete sich. Es fühlte sich unwirklich an, dass Paul gerade irgendwo mit Pia Kaffee trank, während ich ein Pferd nach dem anderen longierte. Wieder und wieder fragte ich mich, weshalb sie sich nur mit ihm hatte treffen wollen. Ob sie davon gehört hatte, wie sehr diese Geschichte, wie sehr sie ihn immer noch fertig machen konnte? Denkbar wäre es, es gab genug Leute, die das in den letzten Jahren das ein oder andere Mal mitbekommen hatten. Oder ging es um mich? Wollte sie mich nicht sehen? Es half alles nichts. Auch, als ich abends ins Haus ging, duschte, mir ein Brot schmierte und mich schließlich mit meinem Handy aufs Bett legte, kreisten meine Gedanken um die beiden. Wieder einmal googelte ich erfolglos Pia, die scheinbar eine der wenigen Menschen war, von denen man nicht einmal eine Spur in den Tiefen des Internets fand. Zumindest fand sich absolut nichts über die letzten drei Jahre. Was für eine Überraschung. Kurz überlegte ich, ob ich Paul schreiben sollte. „SOS Paul, ich drehe durch, sage Bescheid, dass du noch lebst.", sowas in der Art. Ich ließ es bleiben, weil er es lächerlich finden würde und ich mich noch viel lächerlicher fühlen würde. Irgendwie war das ja auch einfach seine Sache. Wenn es nur nicht um Pia gehen würde. Seufzend setzte ich mich auf die Fensterbank, starrte nach unten auf den Hof und wartete.

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