Part 49

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Juan lachte laut, als Lukas die Szene beschrieb, in der Marie ihm seine Jacke vor die Brust geknallt hatte.

„Die hat doch echt nen Sprung in der Schüssel, die Marie." Kopfschüttelnd griff er nach seiner Bierflasche und nahm einen Schluck. „Ich fand die von Anfang an ein bisschen überdreht, aber das die mit dir im Treppenhaus Schluss macht, das hätte ich ihr trotzdem nicht zugetraut."

„Und nun?", fragte Daniel Lukas, ohne auf Juan einzugehen. „Was machst du jetzt?"

„Was soll ich jetzt schon machen?", fragte Lukas zurück. „Die Masterarbeit irgendwie durchdrücken. Marie ist sowieso weg, da bringt Heulen jetzt auch nix."

„Hast du was von Inga gehört?", fragte Juan und warf Lukas einen aufmerksamen Blick zu.

„Ob ich mit ihr gesprochen habe? Sicher nicht. Sollte ich?"

„Es hat mich nur interessiert, man weiß schließlich nie.", antwortete er grinsend und Daniel lachte.

„Weißt du, Kim- man soll es nicht glauben, aber unser lieber Lukas hier hängt an seiner Ex.", sagte er mit einem Seitenblick auf Lukas, der die Augen verdrehte und ihm den Mittelfinger entgegen streckte. „Sage, bewirbst du dich auch in Berlin?"

„Sicher nicht.", gab Lukas zurück. „Inga hat in Berlin eine Stelle gefunden.", fügte er hinzu, als er meinen verwirrten Blick auffing. „Ihr neuer hat jedenfalls direkt seinen Job hier gekündigt und ist mir ihr umgezogen."

„Mutig." Ich schob mein Weinglas von mir weg. Nach dem Rotwein am Mittag und zwei weiteren Gläsern beim Abendessen war ich beschwipst genug, um es zu merken und nicht betrunken genug, um mich nicht daran zu stören. Lukas Freunde hatten direkt beim Reinkommen das Marie-Thema angeschnitten und seitdem wechselten sich aufbauende Worte und freundschaftlicher Spott ab. Juan und Daniel studierten beide mit Lukas. Juan- so viel hatte ich mittlerweile herausgefunden- schrieb auch gerade seine Masterarbeit, Daniel hatte nur verschwörerisch gegrinst und gemeint, er nähme sich dann doch lieber noch ein bisschen Zeit. Ich hatte keine Ahnung, was genau ich mir darunter vorstellten sollte.

„Nimmst du das Angebot von Gula an?", fragte Daniel und ich spitzte die Ohren. Das war der Name, den ich auf der Stellenanzeige gesehen hatte, die auf Lukas Schreibtisch lag. Lukas seufzte und warf mir einen kurzen Blick zu, ehe er antwortete.

„Ehrlich gesagt: keine Ahnung."

„Was ist das für ein Angebot?", fragte ich gespannt.

„Kein Wort zu Sina und Julian, Kim.", schob Lukas vorweg. „Sonst freuen die sich, dass ich in der Gegend bleibe und ich bringe es nicht mehr übers Herz die Stelle abzusagen. Mein Prof hat mir angeboten, dass ich bei ihm weitermachen könnte- Forschung halt."

„Doktorarbeit halt.", sagte Juan grinsend. „Wer hätte das gedacht? Unser alter Streber strebt einfach weiter."

„Und wieso willst du nicht?", fragte ich verständnislos. Ich hatte keine Ahnung, wie eine solche Stelle aussah.

„Weil Luki auch mal in eine schöne Wohnung mit Sofa ziehen will.", Juan lachte leise. „Und das mit dem Geld ist nicht so rosig an der Uni."

„Daran liegt es nicht.", sagte Lukas und verzog das Gesicht. „Ich bin nur nicht so sicher, ob es das richtige ist, hierzubleiben. Alle gehen nach und nach weg- auch ihr zwei-....

„Ich werde nie fertig.", warf Daniel ein.

„...auch du wirst irgendwann fertig- bestimmt. Spätestens, wenn dein Mädchen dich vor die Tür setzt." Lukas schmunzelte. „Jedenfalls will ich nicht alleine hier hängen bleiben. Vielleicht ist es auch einfach Zeit, mal weiterzuziehen."

„Nach Berlin."

„Ich setze euch gleich in Berlin aus!", sagte Lukas und warf Daniel einen warnenden Blick zu. „Im Ernst: ich weiß nicht, ob ich nicht nochmal hier raus und was Neues sehen muss. Hierzubleiben, das wäre einfach und gemütlich und das würde funktionieren, aber nachher bleibe ich dann einfach für immer hier. Vielleicht will ich nochmal eine neue Herausforderung."

„Er ist eben insgeheim ein abenteuerlustiger Streber.", sagte Juan und zwinkerte mir zu. „Zumindest, seit Inga weg ist."

„Man braucht echt keine Feinde, wenn man mit euch befreundet ist." Lukas stand seufzend auf und brachte die Teller in die Küche.

„Und du so? Was macht die Schwester unseres Schlaumeiers?" Damit wandte Daniel sich mir zu.

„Reiten.", sagte ich knapp, weil ich gar nicht mehr damit gerechnet hatte, direkt angesprochen zu werden. Bei dem Tempo, in dem die drei sich behakten und über Themen unterhielten, von denen ich nicht die leiseste Ahnung hatte, war ich mit meinem angetrunkenen Kopf kaum hinterhergekommen.

„Und beruflich?"

Ich hörte Lukas in der Küche lachen. „Daniel, die kriegt wirklich Geld dafür. Super-Kim ist deutsche Meisterin."

„Im Ernst jetzt?" Überrascht und sichtlich beeindruckt sahen die beiden mich an.

„Noch.", sagte ich und spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss. „Dieses Jahr wird das nix."

„Und reitest du so Springen oder mehr so Dressur? Ich habe das mal im Fernsehen gesehen, als die Pferde in so einem Viereck herumgelaufen sind. Das sah irgendwie kompliziert aus." Juan stützte seine Ellbogen auf dem Tisch ab und sah mich neugierig an, während Daniel noch ein neues Bier aufmachte und sich gemütlich zurücklehnte. „Wie ist das so?"

Ich konnte nicht anders, als zu lachen. „Ja, Dressurreiten ist schon kompliziert. Für Grobmotoriker wie mich ist das mit dem Springen eine bessere Sache."

„Und wie hoch springst du da so?"

„Das ist unterschiedlich, je nachdem, was ich für ein Pferd reite. Aber bis zu einem Meter sechzig."

„Krass. Das ist ja fast so groß wie du.", fasziniert starrte Juan mich an. „Du siehst gar nicht nach lebensmüder Extremsportlerin aus."



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und das nach Lukas Meisterleistung mit der Schere 

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