„Kim-Marie, was mussten meine tauben Ohren da vernehmen?"
„Das weiß ich nicht,", sagte ich und zog die Knie an meinen Körper. „aber du wirst es mir sicher erzählen."
„Ich helfe dir auf die Sprünge: bis vor fünf Minuten habe ich mit Paul gesprochen." Ihr Grinsen war hörbar.
„Telefoniert ihr standardmäßig fast täglich oder konnte er seine Klappe nicht halten?", murrte ich, musste dabei aber selbst lächeln.
„Pauli hat immer noch am Sonntag Geburtstag und wenn du dich am Wochenende nicht so mit ihm gefetzt hättest, dann wärst du längst Teil des Partykomitees, dass den großen Tag plant."
„Ach ja, der Geburtstag...", sagte ich, ein bisschen zu lässig, um Pia täuschen zu können. Ich hätte es eiskalt vergessen.
„Ja ja, der Geburtstag." Sie lachte. „Also, das Partykomitee besteht aus mir und Paul, du darfst dich gern anschließen. Geplant ist, dass ich am Samstagmorgen zu euch runterfahre, euch auf dem Heimturnier treffe, dir und Paul dabei zuschaue, wie ihr eure jungen Hüpfer durch Springpferdeprüfungen reitet und dabei was Leckeres esse. Danach gemütliches Beisammensein bis Paul offiziell zwanzig wird, schlafen, Frühstück mit Apfelkuchen bei Familie Carstens, ich fahre wieder gen Norden und ihr könnt ab Mittag wieder ungestört dem besten Teil eurer Arbeit nachgehen und das ländliche Turnierleben genießen. Das ist der Geburtstagsplan."
„Wow.", machte ich unbeeindruckt. „Dafür fährst du runter?" In meinem Kopf spielte eine andere Frage eine wesentlich bedeutsamere Rolle. Nämlich die, wie Paul sich die Absolvierung des Programmpunkts Frühstück mit Apfelkuchen bei Familie Carstens vorgestellt hatte. In meinem Kopf hatte das gemeinsam bei seiner Familie Auflaufen in sehr weit entfernter Zukunft stattgefunden.
„Natürlich fahre ich dafür runter.", sagte Pia entrüstet. „Man wird nur einmal zwanzig. Nur weil ich meinen runden Geburtstag ohne euch verbracht habe, heißt das nicht, dass ich auf Ereignisse dieser Art keinen Wert lege. Die zweite Null, Kim- ein bisschen mehr Begeisterung."
„Ich bin begeistert.", log ich und bemühte mich darum, wesentlich euphorischer zu klingen als ich tatsächlich war. „Apfelkuchen von Pauls Mama- wer kann dazu nein sagen?"
„Schwacher Versuch, Kim. Man hört deine Todesangst bis in den hohen Norden. Was mich darauf zurückbringt, weswegen ich eigentlich angerufen habe."
War ja klar- Paul hatte seine Klappe nicht gehalten. Vielleicht hatte Pia nach dem verkorksten Wochenende nachgebohrt, wie unser Gespräch über seine Schlägerei mit Thomas so gelaufen war. „Ja?", machte ich abwartend, als sie nicht weitersprach.
„Ist das alles, was du sagst? „Ja"?"
„Das ist unfair.", beschwerte ich mich, musste aber gleichzeitig lachen. „Was hat er gesagt?"
„Alles."
„Was heißt alles?", hakte ich nach, um ihr nicht direkt auf den Leim zu gehen. Sie hatte diese Gabe, einem mehr Informationen zu entlocken, als man eigentlich preisgeben wollte schon immer gehabt.
„Ihr habt geknutscht- hat ihn scheinbar sehr beeindruckt, er war so überwältigt, dass er das mit dem chronologischen Erzählen nicht mehr geschafft hat."
„Hmhm...." Mühsam verkniff ich mir die Frage, was am Ende der chronologischen Erzählung gestanden hatte, um Pia nicht direkt aufs Brot zu schmieren, dass durchaus noch mehr passiert war.
„Hmhm ist nicht besser als ja."
„Was soll ich sagen?"
„Hallo? Du hast mir am Wochenende noch erzählt, dass auf deiner Partner-Wunschliste ganz oben steht, dass es nicht Paul ist. Ich meine, das war eine irgendwie offensichtliche Unwahrheit und ich freue mich, dass du das auch noch gemerkt hast, aber trotzdem. Wie? Wo? Wann? Ich will alles wissen."
„Pia...", machte ich nur und schloss die Augen. „Wir haben uns geküsst, keine Heiratsurkunde unterschrieben. Atme, bitte."
„Lustig.", meine Pia und klang mit einem Mal nicht mehr überdreht neugierig, sondern ernsthaft interessiert. „Paul meinte nämlich, du solltest vielleicht mal durchatmen."
„WAS? Weswegen?" Ich schoss kerzengerade in die Luft. Durchatmen wegen gestern Nacht? Durchatmen wegen was?
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Apfelkuchen oder doch kein Apfelkuchen für Kim? 🎂
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Auftauchen
Teen FictionIch ertrinke. Ich ertrinke in endloser Tiefe, In endloser Aufrichtigkeit. Ich will Auftauchen. Will ich? Kim Feldmann ist 19 Jahre alt und kehrt nach der abgeschlossenen Bereiterausbildung auf den elterlichen Hof zurück. Dort erwarten sie nicht nur...