No. 9

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Jenny stand im Reisebüro vor dem Schreibtisch, ihr linker Unterarm war ausgestreckt und daran hing ihre grosse Tasche. In der anderen Hand hatte sie den grossen, schwarzen Koffer, der auf Räder fuhr, in Schlepptau. Ihr Blick war auf diesen atemberaubenden Plakat gerichtet, schon hallte Susannes Worten durch ihre Gedanken:"Sei mal zur Abwechslung cool und lass dich auf was Spontanes ein...". Jenny betrachtete das Plakat verträumt und als sie hörte, dass die Frau fragte:"Womit kann ich Ihnen helfen?", sie aus den Träumen riss. Mit dem Zeigefinger deutete Jenny auf das Plakat. „Ich möchte den Urlaub dorthin buchen und zwar jetzt!" Die hochnäsige Frau schaute Jenny verdutzt an, rückte ihre Brille auf der Nase zurecht und fragte sicherheitshalber noch mal nach. „Sind Sie sicher, dass Sie dahin wollen?" „Wo ist das Problem? Hören Sie, wollen Sie, dass ich mich bei Ihrem Chef beschwere?" Nun stand die Frau auf, die um die 40 war, und ging um den Schreibtisch herum und stand neben Jenny. „Ähm,...verstehen Sie mich nicht falsch", die viel zu hell geblondete Haare der Frau musterte Jenny von Kopf bis Fuss, ihr Kleidungsstil und den Reisekoffer, „das ist eine Abenteuerreise und Ihre Kleidung sind mehr als angemessen." Jenny schaute die Frau mit einem bösen Blick an, stemmte die rechte Hand in die Taille und blaffte die Reisefachfrau an. „Wenn ich das möchte, dann will ich das auch! Machen Sie sich um meine Ausrüstung keine Sorgen, ich weiss schon, worauf ich mich einlasse!" Ganz langsam erhob die Frau die Hände und meinte:"Ich wollte Sie nur darauf hinweisen, nicht, dass dieser Urlaub zum Reinfall wird." „Ach?", machte Jenny nur und spitzte ihre Lippen spielend. „Ich könnte Ihnen auch was anderes vorschlagen, das hier zum Beispiel. Acht Tage Thailand, Wellness pur, ruhige Oase, alles vom Feinsten." „Sagen Sie, hören Sie wirklich so schlecht?", Jennys Stimme wurde knurrend ausgedrückt, „ich will dahin!" Diesmal klopfte Jenny mit dem Zeigefinger energisch auf das stehende Plakat, so dass es wackelte. Die Diskussion brachte nichts mehr, die Frau zückte ihre Brille nochmal zurecht, hob ihr Kinn und stolzierte in hohe Stöckelschuhe zum Computer und machte alles fertig, Jenny zahlte per Mastercard. „Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Urlaub", verabschiedete die Frau Jenny als Kundin und diese verliess stolz das Büro. Hoffentlich wusste Jenny, worauf sie sich da eingelassen hatte und suchte die Gate des Abfluges auf und gab den Reisekoffer am Check in ab.

Wir tauchen in das Plakat hinein, das Jenny als Reiseziel gewählt hat, das in fetter Schriftdruck Kalifornien darstellt...Sonnenuntergang auf schimmerndes Wasser... Malibu, Santa Monica und die Palmen...Männer mit Surfbretter auf den Schultern gelehnt am Beach...schöne Wellen... Das Abenteuer rückt näher...

Nach einem 13stündigen Flug landete Jenny in Kalifornien, Los Angeles. Das Wetter war sehr angenehm, die Sonne schien noch am Abend so warm, Jenny wedelte mit dem Frauenmagazin, welches sie am Flughafen in Deutschland vor dem Abflug gekauft hatte, vor ihrem Gesicht, um ein wenig Abkühlung zu verschaffen. Sie wartete an der Gepäckausgabe auf ihren Koffer, hob sie vom Fliessband auf den Boden, und rollte damit bis zum Ausgang. Dort wimmelte es voller Touristen, die alle locker und in coole Klamotten rumliefen, in Flipflops rannten und Sonnenbrille lässig in den Haaren gesteckt hielten. Jenny musste einen Moment staunen, war das auch das, was sie wollte? So wie das Plakat so eine Ausstrahlung bewirkte? Gespannt ging Jenny nun nach draussen in die Sonne, die gelbe Taxis hupten wie wild untereinander, Gäste stiegen ein und aus. Einige Hände der Touristen wurden in die Luft gehalten, das ein Taxi haben wollte. Jenny ahmte denen nach und prompt hielt ein gelbes Taxis mit quietschenden Reifen vor ihr, der Fahrer, ein Afroamerikaner, stieg aus und half Jenny mit ihrem Koffer. „Wohin soll es gehen, schöne Frau?" Sie nannte ihm das Hotel und der Fahrer nickte, hielt ihr die Tür noch auf und gab Gas. Jenny war das gewohnt, dass der Fahrer zu schnell fuhr, scharf bremste und schnell in die Kurve bog. Bei der Autobahnpolizei ging es ähnlich zu, Semir oder Alex fuhren auch so, wenn ein Einsatz gemeldet wurde oder sie auf einer Verfolgungsjagd befanden.

„Unglaublich, dass Jenny in allerletzte Minute in Urlaub fliegt.", schmunzelte Semir, als sich dieser wunderte, wo Alex Verlobte war. Alex erzählte ihm die Geschichte mit seiner Mutter und dass Jenny auf der Flucht vor ihr war. „Ja, das kann ich schon gut verstehen. Bei mir war das auch nicht anders, Schwiegereltern können manchmal nerven", sagte Semir, als er mit Alex von der Streife zurück zur PAST kam. „Aber ich hatte gehofft, das Verhältnis zwischen meiner Mutter und Jenny würde sich vertiefen, diese Anspannungen sind kaum auszuhalten", hatte Alex daraus mehr gehofft. Er schaute auf seine Armbanduhr. „Komisch, dass Jenny sich immer noch nicht gemeldet hat. Sie müsste eigentlich schon auf Teneriffa sein.", wunderte Alex sich und beschloss, seine Verlobte mal anzurufen.

Das Taxi hielt vor dem Hotel Shangri-La in Santa Monica, einem weissen, luxuriösen Hotel mit Topsternen. Jennys Handy klingelte, sie ging ran und beim Aussteigen achtete sie nicht auf den Verkehr und erschrak vollends, als die schwarzen Reifen eines Motorrads mit einem scharfen Bremsen vor ihr gerade noch zum Stillstand kam...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt