No. 153

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„Hallo Sweety!", sagte Alex, als er mit einem Blumenstrauss näher an Jenny trat. Diese richtete sich gerade im Bett auf. „Woher weisst du, dass ich hier bin?" „Das ist doch egal, freust du dich nicht, mich zu sehen?" Alex Gesichtsmiene bekam einen leichten Knick, als er bemerkte, dass Jenny nicht sonderlich erfreut über seinen Besuch war. „Ich bin nur überrascht", war alles, was Jenny sagte. Um dies zu überspielen, reichte er ihr den Strauss, was Jenny dankend annahm. Sie schnupperte an den rosa und weissen Blüten, das einen herrlichen Duft hatte. „Wie geht es dir?", wollte Alex wissen, der immer noch neben Jenny stand. „Danke, gut. Habe noch etwas Schmerzen." Alex zog einen Stuhl an sich heran. „Jenny, wenn was ist, oder du Hilfe brauchst, ich bin für dich da." In letzter Zeit boten viele Menschen ihr die Hilfe an. Ihr Vater, Pauls Eltern und jetzt auch noch Alex. „Danke, ich habe erstmal meinen Vater." So begeistert war Alex nicht und bemühte sich, einen neuen Anlauf zu versuchen. „Ich kann mich auch gerne um dich kümmern, bis du wieder fit bist." „Alex,..." Jenny wollte was sagen, wurde aber von Alex unterbrochen. „Ich weiss, dass wir nicht zusammen sind, aber ich mache es gerne." Für Jenny fühlte es sich nicht richtig an, von Alex umsorgt zu sein. Sie konnte ihm nicht länger was vormachen, wer Paul wirklich war. Ihre Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an. Es musste aus ihr raus. „Alex, ich muss dir was sagen." Alex blickte sie mit seinen warmen Augen an und nahm ihre Hand. Mit dem Daumen streichelte er über ihren Handrücken. „Was möchtest du mir sagen?" Doch ehe Jenny weitersprach, klopfte es erneut an der Tür und eine Krankenschwester betrat das Zimmer, gefolgt von Ärzten und Assistentenärzte, die eine morgendliche Visite durchführten. „Entschuldigen Sie die Störung", sagte einer der Ärzte, Dr. Sellmann, „wir machen es kurz." Jenny war erleichtert, dass das Gespräch unterbrochen wurde, aber sie wusste insgeheim auch, dass Alex nach der Visite sie wieder fragen würde. Die Ärzte sahen sich die Akte von Jenny an und besprachen untereinander in medizinische Wörter deren Heilungsverlauf. „Wir können Sie heute entlassen. Vorausgesetzt, Sie schonen sich und keine schwere Belastungen!" Jenny nickte und war froh, dass die Ärztin im Beisein von Alex nicht über die Ausschabung gesprochen hatte. Die Freude stand Jenny ins Gesicht geschrieben, dass sie nicht länger im Krankenhaus bleiben musste, andererseits überkam ihr die Traurigkeit, denn sie wollte Paul in den schweren Stunden nicht alleine lassen. In ihren Gedanken überlegte Jenny, wie sie es machen sollte und vergass, dass Alex neben ihr auf dem Stuhl sass. „Soll ich dich mitnehmen?" Alex Frage riss Jenny aus den Gedanken. „Nein, ich rufe meinen Papa an." „Ich kann dich auch zu deinem Vater bringen." Jenny griff zum Smartphone und wählte die Nummer ihres Vaters an. Ein kurzes Gespräch fand statt. Auf die Freude folgte einen Dämpfer. Nachdenklich presste Jenny ihre Lippen aufeinander. „Bringst du mich zu meinem Vater?" „Klar", freute sich Alex, in der Hoffnung, vielleicht noch mehr für seine Liebste zu tun. Doch seine Mundwinkel gingen im nächsten Moment herunter, als Jenny ihm offenbarte, dass sie noch kurz zu Paul wollte. „Ach, der ist auch hier?", zischte er durch seine zusammengebissenen Zähne. „Ja", sagte Jenny nur und ignorierte den Ton seiner Stimme. Vorsichtig stand sie vom Bett auf und begab sich in das kleine Bad. Kaum war Jenny im Bad, atmete sie hörbar aus und zog sich um und machte ihr Gesicht ein wenig frisch.

Mit langsamen Schritten und ohne Rollstuhl kam Jenny auf der Station des Intensiv an. Von weitem sah sie Pauls Eltern und Lisa, die sich mit dem Chefarzt unterhielten. Ehe Jenny ankam, verabschiedete sich der Chefarzt auch wieder. „Ich bin wirkliche eine Schnecke", lächelte Jenny ein wenig gequält, als sie von Helga unter ihrem Arm gestützt wurde. „Ach Kind, so ein Blödsinn. Wie geht es dir heute?" „Ich darf nach Hause", sagte Jenny, sichtlich bemüht, nicht in Tränen auszubrechen. Denn sie fühlte sich nicht wohl dabei, dass Paul immer noch hier im Koma lag. „Das ist aber eine gute Nachricht", sagte Lisa, „Paul wird auf ein normales Zimmer verlegt und die Ärzte wollen ihn heute aus dem Koma holen." Jenny fiel ein Stein vom Herzen und ihre Beine wurden wackelig, Helga versuchte ihr Gewicht zu verlagern, ehe sie fast mit Jenny umzukippen drohte. Schnell war Lisa zu Hilfe und nahm ihrer Mutter Jenny ab. Vorsichtig setzte sich Jenny auf einen Stuhl im Gang. Helga nahm neben ihr Platz und bot sie an, bei Klaus und ihr auszuruhen. „Wir päppeln dich wieder auf, dann kannst du in dein Leben mit Paul starten." Helga war so gutmütig zu Jenny und diese hatte ein schlechtes Gewissen. „Es gibt da was, was ich euch sagen muss." Alle Augen waren auf Jenny gerichtet, doch sie brachte es nicht übers Herz, von der Scheidung zu sprechen. Stattdessen senkte sie traurig den Kopf. „Ich habe unser Kind verloren." „Was?" „Oh, mein Gott!" Tröstend liess sich Jenny von Helga in die Armen nehmen. Auch Lisa streichelte Jenny tröstend am Rücken. „Könnt ihr mir versprechen, dass Paul das vorerst nicht erfährt? Ich möchte es ihm selbst sagen", bat Jenny die Familie und diese respektierte ihre Entscheidung.

Nachdem sich Jenny von Paul verabschiedet hatte, mit dem Versprechen, sie möge so schnell wie möglich wieder herkommen, wartete Alex am Ausgang mit der Tasche auf sie. „Na endlich!" Der Ton gefiel Jenny nicht und sie bereute, ihn gefragt zu haben, ob er sie nach Hause bringen könnte. Kurz drehte sich Jenny einmal um. Mit einem nervenden Seufzer ging Jenny hinter Alex zum Wagen. Ich hätte mir auch ein Taxi nehmen können! Das fällt mir aber früh ein!  

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt