No. 64

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An der Bar nahmen Paul und Jenny ihre Plätze auf den Barhocker ein und lächelten sich küssend an. Eine Bardame erschien vor den beiden. „Für die Dame einen Cosmopolitan Cocktail und für mich einen Bier", bestellte Paul und die Bardame nickte höflich. „Woher kannst du so gut pokern?", war Jenny erstaunt über seine Künste. Paul lachte nur und erzählte ihr in kurzer Version, wie oft er mit seinem Vater Poker spielte. „Natürlich ohne Geld!", zwinkerte Paul und Jenny war erleichtert. „Zuerst wollte mein Vater mir den Geschmack bei Schach beibringen. Das fand ich voll langweilig, immer da auf die Figuren zu starren und überlegen, welches ich schieben soll. Dann hatte mein Vater Pokern vorgeschlagen, er war selber ein Profi darin. Wir hatten so viel Spass gehabt!", erinnerte sich Paul wehmütig zurück. „Das Pokern hat so einen gewissen Reiz, das macht es so spannend. Die Augen des Gegenübers, die Mimik, oder einen As aus dem Ärmel zu ziehen. Man muss einfach die Tricks kennen. Und Glück dazu haben", sprach Paul weiter. Jenny schaute ihn an und merkte, dass er so rührend von seinem Vater sprach. „Bestimmt hatte er eine tolle Kindheit, anders als bei mir", dachte Jenny, als sie Paul verträumt ansah, wie seine Lippen sich bewegten beim Reden. Die Getränke wurden serviert, mit einem „Prost!" klirrten die Gläser. „Hast du noch mehr versteckte Talente?", wollte Jenny wissen, als sie am Strohhalm des Cocktails saugte. „Das musst du schon herausfinden", schmunzelte Paul. „Fangen wir mit deinem Beruf an?" Paul fuhr mit der Hand durch seine Haare und schloss kurz seine Augen. Als er sie wieder öffnete, sah Jenny ihn fragend an. Paul schaute zu ihr, dabei fiel seine vordere Mähne an die Stirn. „Ja, ich weiss, der Deal...", verdrehte Jenny ihre Augen. Mit einem verschmitzten Lächeln sagte Paul:"Können wir den albernen Deal vergessen, bitte?" Jenny schwankte zwischen Ja und Nein. In der letzten Zeit war ihr wieder einmal bewusst geworden, dass ihre Gefühle gegenüber Paul stärker wurden. Sie wollte Paul auch auf dieses Thema ansprechen, um Klarheit zu verschaffen. Wenn sie mehr von Paul erfahren wollte, dann musste Jenny auch ihre Karten offen legen und ihm sagen, dass sie in einer Beziehung ist und bereit war, Alex zu verlassen und sich auf ein Leben mit Paul einzulassen. Egal, wo auf der Welt, sie wäre an seiner Seite... „Versprichst du mir, dass du dann auch ehrlich bist, wenn wir unsere Identität offen auf den Tisch legen?" Jenny wusste nicht, wie Paul die Wahrheit aufnehmen würde, wenn er erfuhr, dass seine Pretty woman verlobt war. „Ok, wenn ich dir meinen Beruf verrate, verrätst du mir dann auch, was du beruflich machst?", wollte Paul wissen. Jenny spitzte ihre Lippen und warnte ihn schon voraus. „Das muss ich mir noch überlegen, ich möchte dir keinen Schrecken einjagen." „Mich haut nichts mehr um. Zurzeit bin ich nicht aktiv in meinem Beruf. Wenn wir zurück in Santa Monica sind, möchte ich dir was zeigen." Jennys staunende Blicke auf seine Antworten warf Fragen auf. Sie grübelte, was Paul ihr zeigen wollte. Paul trank sein Bierglas leer und wollte einen neuen bestellen. „Du auch?", an Jenny gewandt. Diese verneinte und bestellte stattdessen zwei Gläser Champagner. „Deinen Sieg muss gefeiert werden!" „Mit dir habe ich meinen Glücksfee an der Seite", hob Paul das Champagnerglas, das ausgeschenkt wurde und Jenny klirrte mit ihrem Glas dagegen. Im Hintergrund wurden die beiden von dem verfolgten Mann beobachtet. Eine Weile unterhielten sie sich noch und nun wollte Jenny auch ihr Glück versuchen, allerdings am Spielautomaten. Gerade als sie aufstehen wollten, zog Paul Jenny zaghaft zurück. „Warte bitte!" Paul nahm Jennys Hände in seine, sah sie in dem traumhaften Kleid noch mal an. Verlegen suchte er nach den richtigen Worten, um das Gespräch zu beginnen. „Jenny, ich muss dir was sagen...", weiter kam Paul nicht, denn der Mann trat aus dem Hintergrund hervor und störte die Zweisamkeit von Paul und Jenny.

Derweil in der Schule von Emilia wurde gerade die Pause eingeläutet. Einige Schüler liefen nach draussen auf den Hof, andere versammelten sich in Grüppchen und redeten über die Musikstars, die gross im Kommen waren. Emilias Aufsatz über „Ein Wochenende mit dem Onkel" wurde in der Schule von dem Lehrer gelobt und neben ihr sass ein Mädchen, die eigentlich nichts mit Emilia am Hut hatte. Franzi nahm ihren Mut zusammen und sprach mit trauriger Stimme:"Mein Vater macht sowas nicht mit mir." Emilia kramte in ihrem Rucksack nach der Snackbox, die ihre Mutter für sie vorbereitet hatte, drehte sich zu ihrer Sitznachbarin und sah, dass Franzi Tränen in den Augen hatte. „Warum macht er nichts mit dir?", wollte Emilia wissen und legte tröstend ihre Hand auf Franzis Schulter. „Papa wohnt nicht mehr bei uns Zuhause. Er hat eine neue Familie. So oft sehe ich ihn auch nicht mehr." „Und deine Mutter?" Franzi wischte sich die Tränen weg und senkte den Kopf. „Meine Mutter muss arbeiten, damit es mir und meinen Geschwister gut geht. Sie möchte, dass wir es irgendwann mal besser haben als sie." „Meine Mama arbeitet auch, sie ist Chefin in der Werkstatt", sagte Emilia. „Cool", meinte Franzi. „Aber sie versucht trotzdem für mich da zu sein trotz der vielen Arbeit. Oma und Opa wohnen nebenan, wir sind schon eine tolle Familie." „Und dein Onkel?" „Paul lebt in Amerika und ist im Gegensatz zu meiner Mutter ein Chaot mit Leidenschaft zum Wassersport." Emilia öffnete lachend die Snackbox und reichte sie Franzi. „Möchtest du was?" Franzi nahm ein belegtes Brot, das lecker aussah und bedankte sich. „Weisst du was?", hatte Emilia eine geniale Idee. „Wenn Paul mal zu Besuch kommt, kann ich dir meinen Onkel vorstellen." Franzis Gesichtsmiene strahlte vor Freude."Oh ja!"...

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt