No. 103

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Auch Semir entging dieses nicht und so fragte er nach, warum sie grinste. "Der sieht doch nett aus", zeigte Jenny auf ein Foto, das an dem Lebenslauf eines gewissene Mike Mühlenberg geheftet war. "Für mich sieht der wie ein Besserwisser aus", nörgelte Semir und Jenny fühlte sich ein wenig gekränkt von der Wortwahl ihres Kollegen. Schnell korrigierte Semir seine Aussage. "Es ist nicht gegen dich gemeint", stellte Semir klar, nachdem er Jennys säuerliche Miene gesehen hatte. "Aha, und wie sollte dein Partner sein?" Jenny verschränkte ihre Armen und war gespannt auf die Antwort. "Ich hätte gerne einen Partner, auf den ich mich verlassen kann, er sollte Humor haben und richtig zupacken können, wenn es Knall auf Fall kommt! Und neben mir im Beifahrersitz bei Verfolgungsjagden nicht in die Hose machen." Semir blickte zu Jenny auf und übergab sie die Akte. "Die ist so in Ordnung." "Ganz schön viele Forderungen", lächelte Jenny, "da kenne ich einen." Plötzlich wurde Semir hellhörig. "Und wer ist das?" Jenny lächelte nur. "Ein Surferboy. Aber total unpassend für deinen Beifahrersitz!" Und schon war sie aus dem Büro gegangen und nahm ihre Arbeit an ihrem Schreibtisch auf. Semir sah sie noch eine Weile hinterher und wurde aus ihr einfach nicht schlau. "Zuviel Baywatch geschaut in der Teenagerzeit", murmelte Semir zu sich selbst und klappte die Bewerbung von dem Mike Mühlenberg zusammen. "Dann suche ich halt weiter!"

Am späten Nachmittag kamen die Eltern und Paul zurück, Lisa sah den Wagen auf den Hof vorfahren und kam ihnen entgegen. „Und, wie ist es gelaufen?", wollte Lisa wissen und sah, dass Helga ein trauriges Gesicht hinterliess. Paul schlug als Letzter die Autotür zu und ging zu seiner Schwester. Emilia kam aus dem Haus und begrüsste alle, nichtsahnend, was gerade in der Familie los war. Klaus war in die Werkstatt gegangen, um seinem Hobby nachzugehen. „Ich mache uns frischen Kaffee, ok?", schlug Helga vor und die Kinder nickten ihr wortlos zu. „Was ist denn hier los? Wieso ist Oma traurig?" Lisa seufzte, als sie ihre Tochter ansah. „Es wird Zeit, dich aufzuklären", meinte die Mutter und Paul legte seinen Arm um Emilias Schulter und sie gingen einigen Schritten in die Werkstatt hinein, zu Lisas kleinem Büro. Dort setzten sich alle und Lisa begann, Emilia von der Erkrankung ihres Grossvaters zu erzählen. Zwischendurch klärte Paul seine Nichte nochmal kurz auf, da Emilia einige Fragen hatte. „Wir alle wollen Opa helfen und für ihn da sein", tröstete Lisa Emilia, als diese Tränen in den Augen hatte. „Wir müssen lernen, mit der Situation umzugehen. Das ist nicht einfach, aber wenn wir es gemeinsam durchziehen, dann schaffen wir es auch", sagte Paul und Lisa stimmte ihn zu. „Wir Renners meistern das schon!", fügten Lisa und Paul in einem Chor und Emilia amüsierte sich kurz über deren Spruch. „Kann ich zu Opa gehen?", fragte Emilia, die gerade das Bedürfnis hatte, nach den Rechten zu sehen. „Aber verhalte dich normal wie immer", gab Lisa ihr noch mit auf dem Weg. Emilia rannte an Helga vorbei, die gerade mit zwei Tassen Kaffee in den Händen auf die Werkstatt zukam und es den Kindern überreichte. „Danke, Mama!", sagte Lisa und stellte sich neben der Mutter, Paul tat es ihr gleich. Im Augenblick war Helga froh, zwei erwachsene Kinder an ihrer Seite zu wissen und auf deren Unterstützung konnte sie zählen. Nun waren die Geschwister alleine und Lisa fragte Paul, wie es heute gelaufen war. Kurz fasste sich Paul zusammen und wirkte nachdenklich. „Was ist?" Lisa schaute Paul mit Sorgen an. „Wenn ich jetzt länger hier bleibe, muss ich mir doch einen Job suchen." „Wäre vielleicht besser. Hast du an was Bestimmtes gedacht?" Nachdem Paul einen Schluck Kaffee getrunken hatte, fiel ihm es sofort ein. „Ich glaube, da geht was. Ich muss nur schnell telefonieren. Hoffentlich ist es nicht zu spät!" Kurz grinste Paul, auch Lisa lächelte. Sie fand es amüsant, wenn Paul sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. „Viel Glück!", wünschte Lisa ihrem Bruder noch hinterher, da er bereits nach draussen ging und sein Handy aus der hinteren Hosentasche herausrückte und eine bestimmte Nummer wählte. „Hi Sharky!", meldete sich Charlotte am anderen Ende der Leitung. „Hallo Summer, du, sag mal, ist die Stelle bei der Autobahnpolizei noch frei?" „Dann bleibst du doch hier in Deutschland?" Man konnte an ihrer Stimme hören, wie sehr sie sich freute. „Ich kann meine Mutter heute Abend mal fragen, dann sage ich dir Bescheid, ok?" „Super!" Eine Weile unterhielten sich Charlotte und Paul noch, ehe das Gespräch endete.

Jenny hatte sich Gedanken gemacht, ob sie Alex von Paul erzählen sollte. Denn sie konnte es Alex nicht länger verheimlichen und er merkte auch, dass sie ihn immer auswich. Dabei gab sich Alex wirklich Mühe, auch wenn Jenny nicht wusste, was für ein mieses Spiel er hinter ihrem Rücken abgekartet hatte. Viola wollte einen Spaziergang machen, um ihre Verdauung nach dem Abendessen in Gang zu bringen. „Können wir reden?", fragte Jenny und Alex nickte. „Lass uns ins Wohnzimmer gehen, dort ist es gemütlicher." Alex hatte bereits Platz genommen, Jenny lief nervös auf und ab. „Alex, ich muss dir was sagen", begann Jenny. „Ist es was Schlimmes?", tat Alex ahnungslos. Jenny zuckte nur mit den Schultern, ehe sie kurz daraufhin zu reden begann. „Den Urlaub wollte ich eigentlich für mich gönnen, doch es wurde anders und ich lernte einen Mann kennen." Jenny schaute Alex kurz an, dieser sass seelenruhig auf der Couch. Unbeirrt führte sie das Gespräch weiter. „Ich fühlte mich wie ein anderer Mensch, so frei. Es gibt keine Paula, ich habe die Freundin erfunden. Ich wollte dich nicht verletzen, es war einfach passiert. Ich habe mit Paul geschlafen." Jenny war auf Alex Reaktion gefasst, nun erhob sich er von der Couch und kam auf sie zu...

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt