No. 45

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Der Weg zum Bus zurück verlief schweigsam, jeder hing seinen Gedanken nach. Die Nachtluft war frisch, das Wasserrauschen war ganz leise zu hören. Jenny fröstelte leicht und Paul legte seinen Arm um ihre Schulter und versuchte, Jenny ein wenig zu wärmen. Dankend lehnte sie ihren Kopf an Pauls Oberkörper und schlenderten die letzten Meter zum Bus. Das kleine Sofa im Bus wurde in eine Schlafcouch umgewandelt, in knappe Unterwäsche lagen nun Paul und Jenny eng nebeneinander und wussten nicht so recht, wie sie die Schlafpositionen einhielten. Es wurde hin und her gewälzt, die Decke mal so und so weggezogen, so dass der andere nur noch die Hälfte mit der Decke zugedeckt wurde. „Nimm deinen Fuss weg, es ist kalt", sagte Jenny, als sie auf einmal Pauls kalter Fuss an ihrem spürte. „Du ziehst ja auch die Decke weg", antwortete Paul und versuchte, die Decke zurückzuholen. Eine Weile ging das so hin und her bis Jenny genervt aufgab und das kleine Lichtlein im Bus anmachte. „Was ist?", fragte Paul, als er durch das Licht geblendet wurde. „Ich kann so unmöglich schlafen", beklagte sich Jenny. „Gibt es hier irgendwo ein Hotel?" „Jetzt um die Uhrzeit?", staunte Paul und richtete sich ebenfalls auf. „Ja", sagte Jenny und wollte sich anziehen, als sie bemerkte, dass Paul ihr Dekolleté ansah. Dann fasste er sich wieder und schlug etwas vor, was Jenny gar nicht passte. „Ich kann Summer fragen, ob in ihrem Zimmer genügend Platz für uns alle drei ist", wollte Paul nach dem Handy greifen und die Nummer anwählen. Mit einem ironischen Unterton sagte Jenny:"Nee, lass mal. Wir wollen Charlotte doch nicht jetzt stören." Jenny wollte sich in ihren Gedanken nicht ausmalen, was dann los wäre, wenn sie alle in einem Zimmer waren und Charlotte Paul ganz gefährlich nahe kam oder wie die beiden sich angeregt unterhielten und sich dabei lachten. Nee, das konnte Jenny nicht mit ansehen und verneinte mit ihrem Kopfschütteln. „Sicher?" „Ja!" Jenny sass immer noch und Paul hatte nur eine Lösung. „Komm, lehne dich an mich!" Paul legte sich wieder hin und klopfte mit seiner Hand an seinem Body. Gerne würde sich Jenny an seine kräftige Brust lehnen, aber Paul sollte nicht denken, dass Jenny darauf scharf sei und verhielt sich ein wenig schüchtern. Schliesslich gab sie sich einen Ruck, knipste das Lichtlein aus und schmiegte sich ganz leicht an seinem Body. Paul legte seinen Arm um ihre Schultern. Genüsslich atmete Jenny den Duft von Pauls Aftershave ein, seufzte zufrieden und kuschelte sich noch enger an ihn heran. Paul schmunzelte und schon wärmten sich ihre Körper, die Decke war diesmal an der richtigen Position, keiner zuckte daran. Sogar die Füsse der beiden lehnten sich zusammen und spielten mit den Zehen. „Ich habe Charlotte damals als Austauschschülerin an einer High School hier in Kalifornien kennengelernt. Sie war wie ich in einer Gastfamilie und zufällig an der gleichen High School wie ich, aber in einer anderen Klasse", begann Paul zu erzählen, und in Jenny weckte die Neugier, mehr darüber zu erfahren. „Oh, was für ein Zufall. Und dann?", fragte Jenny leise, legte ihre Hand auf Pauls Brust und spürte seine ruhige Atmung. „Wir verbrachten fast jede Minute nach der Schule zusammen, entdeckten das Surfen für uns und das ein Jahr lang. Summer ist eine sehr gute Surferin, ich bin gespannt, wie sie sich morgen beim Wettkampf schlägt", begann Paul von Summer zu schwärmen, was Jenny allmählich langsam nervte. „Was findet Paul so toll an Charlotte?", dachte Jenny still in ihren Gedanken. „Als das Austauschjahr um war, kehrten wir zurück nach Deutschland. Wir haben festgestellt, dass wir nicht so weit weg wohnten und dann kam die Ausbildung. Es gab eine Fernbeziehung und irgendwann merkten wir, dass unsere Liebe nicht mehr stark genug war, diese Beziehung aufrecht zu halten und so haben wir uns in Freundschaft getrennt. Charlotte war meine erste grosse Liebe, nach ihr gab es keine Richtige mehr bis...", brach Paul mitten im Satz ab. „Egal, nach der Ausbildung wollte Charlotte die Welt kennenlernen und so langsam verschwand unseren Kontakt bis wir uns hier wiedersahen." „Mmh", machte Jenny, „genau wie du, du bist ja auch wieder zurück nach Kalifornien gegangen." „Ja, das stimmt. Das Gefühl zu beschreiben, warum mich Kalifornien reizt, ist schwer. Man muss sich hineinversetzen und hier sind die besten Wellen zum Surfen. Ich kann mir ein Leben ohne Wasser und Surfen nicht vorstellen!" Eine Weile wurde es ruhig im Bus, dann fragte Jenny fast einschlafend:"Und was hat der Name Sharky auf sich?" Paul liess ein kurzes Gelächter raus, streichelte dabei ganz zärtlich an Jennys Oberarm, der es anscheinend gut gefiel. „Wir waren surfen, Summer und ich, als ich plötzlich eine Haiflosse im Meer sah", erinnerte sich Paul an die Zeit damals, „klar hatte ich Panik gehabt, und es hatte sich herausgestellt, dass ein Tourist sich einen Spass erlaubt hatte, und mit einer falschen Flosse auf dem Rücken tauchte und die anderen Schwimmer einen Schreck einjagen wollte. Der Tourist wurde von den Rettungsschwimmern verwarnt. Seitdem nannte Summer mich bei dem Spitznamen." „Aha", hörte man Jenny sagen. „Ach, was habe ich den Namen vermisst zu hören", fing Paul wieder zu schwärmen an, was Jenny langsam nicht mehr hören konnte. Sie versuchte, Paul zu einem anderen Thema zu bewegen und fragte nach der Leidenschaft für das Surfen und Paul begann, das Gefühl zu beschreiben. Irgendwann schliefen beide immer noch eng aneinander gekuschelt in den Morgen hinein.

Bei der Autobahnpolizei war in diesen Tagen auch keine Ruhe, Semir und Alex ermittelten in einem komplizierten Fall, dessen Puzzle immer langsamer grösser wurde. Zudem machte sich Alex auch Gedanken über Jenny und die Hochzeit und dazu die freie Stelle beim BKA...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt