California - The Endless Summer

No. 114

Martin hatte einen guten Eindruck von seinem Schwiegersohn und stellte sich vor. „Und ich bin Martin Dorn, Jennys Vater." „Dorn?", schmunzelte Paul bei dem Wort, „wie Rosen ohne Dornen. Oder mit Dornen? Ach egal." Martin schien sich darüber zu amüsieren, während bei Jenny ihr Gesichtsausdruck Fragen hinterliess. Sie setzte ein gequältes Lächeln auf und wusste in dem Moment nicht, wie sie auf Pauls Spruch reagieren sollte. „Humor hat dein Mann auf jeden Fall!", meinte Martin und sah dabei zu seiner Tochter. Verlegen nickte Jenny mit dem Kopf und brachte ein mühsames „Ja" heraus. Paul sah ebenfalls zu Jenny und konnte an ihrem Mundwickel erkennen, dass sie leicht nach oben gezogen waren und gab ihr sein warmes Lächeln. Für den Augenblick war Jennys Verstand komplett ausgeschaltet. Pauls Lächeln schien sie immer noch fasziniert zu haben, genau deswegen hatte sie sich ihn verliebt. Paul war anders als Alex. Und ja, Humor hatte Paul auf jeden Fall! Da gab sie ihrem Vater Recht. Kurz darauf erschrak sich Jenny und befand sich wieder in der Realität. „Wollen Sie bei der nächsten Gelegenheit mal auf einen Kaffee vorbeikommen, dann können wir uns besser kennenlernen?" Paul freute sich über den Vorschlag, als Jenny hastig ihrem Vater widersprechen wollte. „Papa, ich weiss nicht, ob das eine gute Idee ist? Ich meine, er ist voll beschäftigt..." „Jenny, es ist alles gut. Ich nehme mir gerne die Zeit dafür", und zu Herrn Dorn gewandt, sagte er:"Danke für die Einladung, ich komme gerne." Ein Hupen ertönte, die drei streckten ihre Köpfe zum BMW. Semir, der immer noch im Auto sass, deutete mit der Gesichtsmimik auf die Uhr, dass es Zeit für den Aufbruch war. Das kam Jenny gerade recht und drehte Paul um, schob ihn am Rücken die Treppe hinunter. „Die Krüger mag es nicht, wenn wir zu spät kommen", verabschiedete sich Jenny schnell mit einem Küsschen an Martins Wange. Dieser hielt seine Tochter kurz zurück und flüsterte in ihr Ohr:"Bitte sprecht euch aus! Ich finde ihn nett." „Jaja", murmelte Jenny und ging die Treppenstufen herunter, während Paul sie wieder hinauf sprintete und seinem Schwiegervater zum Abschied noch die Hand gab. „Bis bald, Herr Dorn!" Amüsiert von dem ganzen Schauspiel unter der Familie, konnte sich Semir ein Grinsen nicht verkneifen, als Jenny im BMW auf der hinteren Bank Platz nahm und Paul vorne auf dem Beifahrersitz einstieg. „Und, war es schwer?", grinste Semir immer noch als Paul ihm ein zufriedenes Gesicht zeigte. „Es gibt schlimmere Schwiegerväter", meinte Paul, „aber bei ihm habe ich ein gutes Gefühl." „Haha, woher willst du das denn wissen? Du kennst ihn doch gerade mal fünf Minuten", neckte Jenny. „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass dein Vater in Ordnung ist. Und ausserdem hat er mich zum Kaffee eingeladen. Da werde ich dann deine Mutter auch kennenlernen." Paul drehte sich auf dem Sitz zu Jenny um und sah ihr trauriger Gesichtsausdruck. „Es gibt keine Mutter! Nur meinen Vater, Patrick und ich", sprach Jenny leise und sah dabei gedankenverloren aus dem Fenster. Semir startete den Motor und gab Gas. Verwundert mit einem „Ach so" drehte sich Paul wieder nach vorne und die Fahrt zur PAST verlief schweigend. Eine eingehende Mitteilung auf ihrem Handy liess Jenny aus ihren Gedanken hochfahren. Sie holte ihr Smartphone aus der Jackentasche und las die Nachricht. „Sweety, sorry wegen gestern! Ich habe den ganzen Abend auf dich gewartet. Können wir bitte heute reden? Es wäre sehr wichtig und ich würde gerne diesen albernen Streit beenden, denn ich liebe dich sehr! Herzsymbol Alex..." Seufzend und mit geschlossenen Augen atmete Jenny einmal kräftig ein und aus. Dabei dachte sie auch an die Worte ihres Vaters und ihr Vorhaben, Alex endlich die Wahrheit zu sagen. Schnell tippte sie eine Nachricht ein. „Hi Alex, ich würde auch gerne mit dir reden. Ich weiss nicht, wann ich hier rauskomme. Du kennst doch die PAST, lächelnder Smiley Jenny..." Nun fuhr der BMW die Einfahrt zum Gelände der Autobahnpolizei. Neben dem dunkelblauen Mercedes parkte Semir den BMW auf der eigenen vorhergesehenen Parkfläche ab. „Na, ab jetzt hast du dann auch deinen eigenen Dienstwagen", deutete Semir mit Kopf in die Richtung, wo der Mercedes in der Morgensonne glitzerte. „Ich dachte, ein roter Ferrari wäre mein Dienstwagen", scherzte Paul. Jenny verdrehte kurz ihre Augen. „Woah, nicht schlecht!", freute sich Paul beim aussteigen und begutachtete seinen neuen Dienstwagen. Die Chefin gesellte sich dazu und sagte ausnahmsweise kein Wort über das späte Erscheinen. „Guten Morgen!", nickte die Krüger in die Runde und übergab Paul den Schlüssel für das Auto. „Hier, Renner! Und schrotten Sie ihren Dienstwagen nicht!" Paul überhörte das kleine Tadeln seiner Chefin und stellte den Sitz im Mercedes in passender Stellung ein. „Gerkhan!" Die Krüger setzte einen ernsthaften Gesichtsausdruck auf. „Die Oberstaatsanwältin Schrankmann ist da und möchte mit Ihnen über einen brisanten Fall reden." „Och, ich wollte erstmal in aller Ruhe einen Kaffee trinken", stöhnend ging Semir neben Kim zur PAST. Pfeifend stieg Paul wieder aus dem Auto heraus und sah seine Frau an, die ihm die ganze Zeit zusah, wie er seinen Dienstwagen bewunderte. Es fühlte sich komisch an, denn sie hatte Paul in Kalifornien kennengelernt. Sie bewunderte ihn eigentlich beim Surfen. Eine unbeschwerte Zeit zusammen verbracht. Jetzt waren sie in Deutschland bei der Autobahnpolizei. Konnte diese einmalige Liebe eine zweite Chance bekommen? Ihre Blicke trafen sich, und als Paul „Jenny" so liebevoll aussprach, könnte ihr Herz einen Salto machen. Paul kam Jenny näher und blieb vor ihr stehen. „Können wir reden, bitte?" Es war jetzt an der Zeit, das blöde Missverständnis aufzuklären. Jennys Lächeln zeigte ein Fünkchen Hoffnung. Hoffnung für eine gemeinsame Zukunft. Und dass das mit dem Brief einfach nur ein böser Traum war...