No. 138

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„Aber, ich kann mich gerne um dich kümmern." Alex versuchte Jenny zu überreden, aussichtslos. „Ist schon ok. Aber ich will zu meinem Papa", sagte Jenny. „Was ist überhaupt passiert?" Alex tat so, als ob ihm Jenny leid tat und mimte der Fürsorgende. „Sei mir bitte nicht böse, darüber will ich nicht reden!", sagte Jenny ganz leise und schaute gedankenverloren aus dem Fenster von der Beifahrerseite. „Nein, ich bin nicht böse. Aber wenn was ist, ich bin für dich da, ok?" Alex schaute Jenny von der Seite an und sah, wie sie mit ihrem Kopf nickte. Es war mittlerweile dunkel geworden. In Jennys Kopf schwirrten gerade so viele Bilder herum. Paul und sie hatten sich gerade wieder zueinander gefunden, sie hatte sich gefreut, endlich Pauls Familie kennenzulernen. Und dann kam wieder diesen Film vor ihren Augen, wie Charlotte sich mit Paul im Bett vergnügte. Mit meinem Paul, meinem Mann! Jenny haderte mit ihren Gedanken, ob sie sich wirklich in Paul getäuscht hatte. Konnte sie ihm überhaupt noch vertrauen? Nach der Sache ganz bestimmt nicht mehr. Ihr Herz wurde schwer und ihre Atmung drohte zu ersticken. Tränen liefen ihren Wangen herunter. Alex hörte Jenny schniefen und tröstete sie. Dabei legte er seine Hand auf den Unterarm von Jenny und streichelte diese. „Hast du ein Taschentuch?", fragte Jenny. „Schau mal im Handschuhfach", meinte Alex und bog gerade in die Strasse ein, in der Martin Dorn lebte. Vor seinem Haus stellte Alex den Motor ab und sah zu Jenny hinüber, die ihre Nase schnäuzte. „Danke fürs Bringen!" Gerade öffnete Jenny die Beifahrertür und stieg aus, als Alex ebenfalls ausstieg. „Warte, Jenny!" Mit weinendem Gesicht blickte sie in der schwachen Dunkelheit in Alex Gesicht. „Es tut mir leid", sprach Alex leise und nahm Jenny kurz in seine Umarmung. „Das muss dir doch nicht leid tun und wieso überhaupt?" Jenny war ein wenig irritiert und löste sich aus der Umarmung. Sie dachte nicht weiter über seinen Satz nach, wollte nur noch ins Haus und sich bei ihrem Vater ausweinen. „Wir telefonieren, ja?", rief Alex Jenny noch hinterher, als diese die Treppenstufen zur Haustür hinauf ging und klingelte. Es dauerte einen Moment und so lange stand Alex am Wagen, in der Hoffnung, Martin wäre nicht zu Hause. Dann könnte er sich um Jenny kümmern. Doch seine Wunschvorstellung zerbrach, als im Hause das Licht anging und die Haustür aufging. „Jenny?", leicht schläfrig stand ihr Vater in einem flauschigen, grauen Bademantel in der Tür. Sofort fiel Jenny ihrem Vater in die Armen und begann zu weinen. „Papa...", schluchzte die Tochter und der Vater führte sie erstmal ins Haus und schloss die Haustür hinter sich. „Was ist denn passiert?" „Paul betrügt mich." „Was?" „Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen!" Im Wohnzimmer liess sich Jenny auf die Couch fallen und ihr Vater hatte alle Mühe, sie zu beruhigen, da ihr Schluchzen immer stärker wurde. „Wie konnte ich so naiv sein und ihm glauben, er liebt mich?" Der Vater fand keine richtigen Worte, zu sehr erinnerte ihm die Geschichte an seine eigene gescheiterte Ehe. Jennys Mutter hatte Martin damals gesagt, dass sie ihn verlassen werde, weil sie sich in einen anderen verliebt hatte. Martin wusste genau, wie es sich anfühlte, der Schmerz und der Leid. Das war Vergangenheit und er hatte die Zeit gebraucht, um darüber hinwegzukommen. Er wollte jetzt nur noch für Jenny da sein, ihr zeigen, dass sie nicht alleine war und nahm sie an seine Brust. Nach einer Weile konnte sich Jenny beruhigen und erzählte ihrem Vater die ganze Geschichte.

Auf dem Nachhauseweg war Semir die ganze Zeit still. Er steuerte den BMW auf der Strasse, die kaum Verkehr hatte. „Ist was passiert, oder warum bist du so schweigsam?" Für Andrea war die Stille im Auto ungewohnt. Semir redete sonst so gerne, auch über die Feier danach. Aber gerade jetzt war kein Wort zu hören, nicht mal die Musik lief im Radio. „Semir?" Von den Worten seiner Frau in die Realität zurückgeholt, liess seine Starre nach. „Was? Hast du was gesagt?" „Möchtest du mir nicht sagen, was passiert ist?", versuchte Andrea in normalen Tonfall zu reden. „Ich sehe, dass dich was bedrückt." Semir hielt gerade an einer Ampel und rieb sich an der Schläfe. „Ich weiss nicht, was da gespielt wird. Aber so kenne ich Paul nicht..." „Würdest du mir die Version erzählen, vielleicht hilft dir meine Meinung?", schlug Andrea vor und die Ampel sprang auf grün. Aus Versehen trat Semir kräftig aufs Gaspedal und der Auspuff gab einen gewaltigen Laut vor sich hin. Aufgeregt erzählte Semir seiner Frau alles und zeigte ihm die kleine Flasche, die er in Charlottes Zimmer unter dem Bett fand. „K.O.-Tropfen? Charlotte? Und Paul hast du einfach da gelassen?", ungläubig starrte Andrea Semir an. „Was meinst du, was los wäre, wenn ich mit Paul splitternackt die Treppe herunter komme und die Schranke vor mir steht?", fasste sich Semir an der Stirn. Andrea musste kurz lachen. „Jaja, ist witzig...lach nur!" Sogar Semir musste kurz mit schmunzeln.

Durch die Jalousien schienen die Sonnenstrahlen in das Zimmer von Charlotte hinein. Ein Wecker klingelte, ein Handy gab einen Piepton vor sich hin. Charlotte wachte auf und griff nach dem Handy. Als sie den Namen auf dem Display sah, stand sie schnell auf und verschwand ins Bad. „Was willst du noch, Alex?" „He! Werde mal nicht unfreundlich! Ich wollte dir loben, dass der Plan aufgegangen ist." „Schön, dann sind wir quitt!" „Nee, nee! Erst wenn Jenny wieder bei mir eingezogen ist. Was macht der Typ?" Charlotte schnaubte vor sich hin und sprach:"Der schläft immer noch. Hoffentlich war das keine Überdosis." Die Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben. „Ach, den haut so schnell nix um! Also, sorge dafür, dass der Typ an dich interessiert wird!", blaffte Alex. Schroff wurde das Gespräch beendet und Paul erwachte langsam auf...

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt