No. 52

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„Wo wollt ihr denn hin?", fragte Charlotte, als Paul mit Jenny vom Strand auf die normale Strasse ging. „Ich möchte meine Sachen in den Bus laden, dann habe ich meine Armen frei", deutete Paul auf die Sachen, die er unter den Armen trug. Das Surfbrett und die kleine Tasche mit den Klamotten. Die Trophäe, ein goldenes Surfbrett, durfte Jenny tragen und begutachtete es. „Ach so", sagte Charlotte und ihre Augen weitete sich, als sie sah, dass ausgerechnet Jenny seine stolze Siegertrophäe in den Händen hatte. „Und danach?", wollte sie unbedingt wissen, als Paul ahnungslos mit den Schultern zuckte. „Es gibt gleich am Abend ein grosses Lagerfeuer, vielleicht hast du Lust?", fragte Charlotte Paul direkt, ohne Jenny anzusehen. Paul überhörte das „du" und schaute Jenny fragend an, ob sie Lust hätte. Jenny nickte kurz, wusste, dass es ihrer Rivalin nicht gefallen würde, aber das war ihr im Moment egal. Die Antwort liess Charlotte erneut verärgert aussehen. „Wir kommen gerne, bis gleich dann", verabschiedete sich Paul und ging mit Jenny auf den Parkplatz, wo der Bulli geparkt stand. Charlotte schnaubte mit einem wütenden Gesichtsausdruck in eine Bude und bestellte ein kühles Getränk. Unterwegs unterhielten sich Paul und Jenny bis Jenny an einem Schaufenster vorbeiging und darauf aufmerksam wurde. „Würde es dir ausmachen, wenn du alleine zum Bulli gehst? Ich möchte gerne kurz in das Geschäft gehen", deutete Jenny mit dem Finger auf den kleinen Laden, das sehr schöne Kleider im Schaufenster präsentierte. „Ich kann mitkommen", schlug Paul vor und war dabei, Jenny in den Laden zu folgen mit den ganzen Sachen unter den Armen. „Nicht nötig, es dauert nicht lange und...", lächelte Jenny Paul an, „...lass dich doch mal für morgen überraschen!" „Äh, was ist denn morgen?" „Komm Paul, du hast es mir versprochen, dass wir dorthin fahren, erinnerst du dich noch an das Plakat?" Natürlich wusste Paul, was Jenny meinte und gab schliesslich nach:"Na gut, dann lasse ich mich überraschen. Aber ob das nächste Ziel wirklich eine gute Idee ist?" Jenny versuchte die Trophäe in der offenen Tasche, die Paul unter seinem Arm trug, zu platzieren und sprach dabei:"Vertrau mir doch mal! Das wird ein Riesenspass!" „Aber den Pinguinenfrack, muss das denn sein?" Jenny legte ihre Hände an Pauls Wangen und sah ihn mit einem eindringlichen Blick an. „Ich verspreche dir, den Tag wirst du nie vergessen. Und was den Smoking angeht, ich bin mir sicher, wir werden eines finden, das dir gut steht! Wartest du am Bulli auf mich? So, und jetzt Abmarsch!" Jenny drehte Paul einmal herum und gab ihm einen leichten Klaps auf den Po. „Bis gleich!" Jenny betrat den kleinen Laden und wurde sofort von einer Verkäuferin beraten, während Paul mit einem schiefen Grinsen auf den Bulli zuging. „Jenny gefällt mir, ihre spontane Ideen auch. Mal sehen, wohin das führt!" lief es durch Pauls Gedanken, als er endlich am Bulli stand. Er verstaute das Gepäck ordentlich, machte sich frisch und zog sich um. Da es am Abend kühl am Meer wurde, zog er ein dickes Sweartshirt und eine kurze Shortshose an. Das Ganze rundete er mit einer Kappe mit dem Aufdruck RG ab. Gerade als Paul sich auf die Ladefläche des Bullis setzen und die Nike anziehen wollte, kam Jenny mit einer dicken, braunen Einkaufstüte aus Papier zurück. „Hi", freute sich Jenny, als sie Paul sah und dieser war überrascht, dass Jenny so schnell zurück war. „Hast du gedacht, ich brauche den ganzen Abend?", mit leichten Mundwickel nach oben gezogen schaute Jenny Paul an und dieser neckte:"Ihr Frauen braucht doch immer so lange beim Shoppen!" „Oh, da kennst du mich aber schlecht!" Paul wollte in die Tüte reinschnuppern, als Jenny ihm einen leichten Klaps auf seine Hand gab. „Nix da! Wenn wir morgen am gewünschten Ziel sind, wirst du es sehen", war Jenny schon sehr gespannt auf Pauls Reaktion. „Ach, übrigens, die Verkäuferin war so nett und hat mir einen guten Tipp gegeben, wo wir für dich einen Smoking finden können." Man konnte Pauls Seufzer hören, Jenny sass neben ihm und malte mit ihrer Hand in die langsam werdende Dunkelheit:"Stell dir vor, wir zwei mittendrin...", Paul folgte ihrer Handbewegungen und stellte sich den Film in seinem Kopf vor, was Jenny gerade weitersprach:"...die bunten Farben leuchten, um uns herum strahlt das Glück, die Leute staunen und wir können unsere Träume erfüllen. Du zum Beispiel mit einem Haus, das du irgendwann mal bauen wirst und ich..." Jenny brach mitten im Satz ab, Paul sah zu ihr. „Ja, und was ist mit deinen Träumen?" „Ach, das weiss ich nicht so genau", schwindelte Jenny und ihr Blick wurde melancholisch. Hatten sie einen gemeinsamen Traum, Jenny und Alex, den sie mit Alex vorgestellt hatte? Nicht, dass sie es wüsste, geschweige denn darüber geredet. „Komm, verrate mir deinen Traum", bat Paul, doch Jenny schwieg und ihr kullerte eine Träne an der Wange herunter. Hatte sie einen Traum, an den man festhalten konnte? Bisher lebte sie nach ihrer eigenen Vorstellungen, wie das Leben es zuliess. „Ich glaube, mein Traum ist unerreichbar", sagte Jenny, stand auf, drehte sich um und wischte sich mit ihren Finger die Träne weg. Im Bulli suchte sie nach langen Klamotten und zog zusätzlich das türkisene Sweatshirt von Paul über ihr Pullover, da sie sehr leicht fröstelte. Als Jenny aus dem Bulli ausstieg und die Tür zumachte, stand Paul hinter Jenny und legte seine Hände an ihrer Schulter. „Ist alles in Ordnung? Du bist so schweigsam." Jenny drehte sich um und sah Paul an. „Kannst du mich in deinen Armen nehmen?" Paul nahm sie daraufhin in die Umarmung, Jenny hielt sich eng an ihm und atmete sein Aftershave ein. Am liebsten wollte sie ihn nie mehr loslassen. Mit der Hand streichelte Paul an Jennys Hinterkopf, sein Kinn lag auf Jennys Haarscheitel. Minuten vergingen... „Geht's dir besser?", fragte Paul und Jenny löste sich von ihm. „Schon", sie ging voraus, „lass uns ans Lagerfeuer gehen, mir ist kalt."    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt