No. 71

215 21 11
                                    


In der Wedding Chapel wurde es nach dem Auszug der gesamten Hochzeitsgesellschaft ruhig. Der Reverend wollte gerade den Rücken kehren, als er Pauls Frage höre. Verblüfft sah der Reverend auf der Treppenstufe stehend, die im Hintergrund der Altar zeigte, auf Paul und Jenny herab, die nun vor ihm standen. Dabei hielt Paul Jennys Hand und diese war immer noch total perplex von Pauls Vorhaben. „Aber Paul...", Jenny konnte keinen klaren Gedanken fassen, „...wir kennen uns...ich meine... wir haben doch gar keine Ringe...", nervös spielte sie mit dem Brautstrauss, der sehr schön in beiger Farbe gebunden war. Man konnte an Jennys Gesichtsmimik erkennen, dass sie von dieser Idee völlig überrascht war. „Meinst du das ernst?", war nun Jennys Frage nach dem ganzen Wirrwarr. Der Reverend sah Jenny mit den gezuckten Schultern fragend an, als diese kurz zu ihm hinaufsah. „Oh Gott, ich glaube, er meint es ernst mit mir! Ich kann es gar nicht glauben... Paul, dieser Sunnyboy, liebt mich... ich fühle mich tatsächlich wie eine Prinzessin im Märchenbuch...", schweifte es Jenny durch ihre Gedanken. Nun war es Paul, der Jennys Hände mitsamt dem Brautstrauss in die seine nahm, ihr ganz liebevoll in die Augen sah und dabei war, die Liebeserklärung endlich zu gestehen. Kurz sammelte sich Paul nochmal innerlich, ging mit der Zunge einmal um seine Lippen herum, um sie leicht zu befeuchten, schluckte kräftig und begann mit seiner Rede. Der Glanz der Zauber über die Liebe zwischen Paul und Jenny schwebte in der Hochzeitskapelle. „Jenny, als ich dich das erste Mal gesehen habe, da ist es um mich geschehen. Erst wollte ich es nicht wahrhaben, aber mir ist in der letzten Zeit bewusst geworden, dass ich mich in dich verliebt habe! Vergiss den Deal, ich hätte mich gar nicht darauf einlassen sollen!" Paul sprach in englischer Sprache, so dass es der Reverend auch verstehen konnte und zuckte ein wenig geschockt über das Wort „Deal" zusammen, sein Gesichtsausdruck lockerte sich wieder, als Paul weiter sprach. „Du bist die Frau, der ich meine ganze Liebe schenken möchte. Ja, ich liebe dich von ganzem Herzen!" Als Paul nun endlich die drei magischen Wörter über seine schönen Lippen herausbrachte, war Jenny gerührt, Schmetterlinge kreisten in ihrem Bauch und sie hatte für einen kurzen Moment Gänsehaut. Ihr Lächeln wurde breit, sie kämpfte mit den Tränen und hauchte ein „Ich liebe dich auch!" Erleichtert atmete Paul durch die Nase aus, konnte sein Glück nicht fassen. Tatsächlich war Jenny in diesem Moment wie ausgewechselt, sie hatte nur noch Augen für Paul. Die Umgebung nahm sie nicht mehr wahr, war sie gerade noch auf der Flucht vor dem Bodyguard. Auch nicht, dass sie in Las Vegas war. Alex, mit dem sie verlobt war, existierte nicht mehr in ihren Gedanken, ihre Lebensplanung in Deutschland war vergessen, die perfekte Organisation, bei der das A und O an erster Stelle stand, spielte im Moment keine wichtige Rolle mehr. Auch Jenny wollte zu ihrer Liebe stehen und als sie „Paul,..." sprach, wurde die Tür zur Kapelle geöffnet. Eine ältere Frau steckte vorsichtig ihren Kopf zur Tür hinein, bat um Entschuldigung mit „Ich habe meinen Hut vergessen" und schlich leise humpelnd auf einem Gehstock herein. Sie wurde unterstützt von einem älteren Herrn, der anscheinend ihr Mann war. Die drei am Traualtar richteten ihren Blick wieder zueinander. Bei Paul und Jenny war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben, dass es nur die alte Dame war in Begleitung ihres Mannes und nicht der Bodyguard. Das Herz pochte so heftig bei Jenny, vor Aufregung, dass sie Paul eine Zeitlang ansah ohne Worte. Sie schmolz in seine Augen dahin. „Paul, du hast mir zum Geburtstag einen selbstgebackenen Muffin geschenkt, das hat mich an meine Kindheit erinnert. Du hast mir ein Stückchen Kindheit zurückgegeben, du verleihst mir Flügeln, in deinen Armen fühle ich mich wohl. Die Sehnsucht nach Geborgenheit, bei der ich mich in deinen Armen fallen lassen kann und dir mein Vertrauen schenke. Bei dir fühle ich mich Zuhause angekommen, den ich nie mehr loslassen möchte." In der Mitte der Reihe fand die ältere Dame namens Allie ihren Hut, den sie dort bei der Hochzeit mit dem Brautpaar vor einer halben Stunde vergessen hatte. Jennys Rede bewegte sie so sehr, dass sie spontan Platz in der Reihe nahm, ihr Mann Noah setzte sich ebenfalls und beide lauschten, obwohl beide alt waren, aber dessen gehör noch sehr gut war, unbemerkt die romantische Liebeserklärungen von Paul und Jenny vorne am Altar mit. „Du hast einen anderen Menschen aus mir gemacht, mir gezeigt, wie sich die Liebe anfühlt. I will always love you!", ganz gefühlvoll gestand Jenny ihre Liebe zu Paul und vor Freude kullerte ihr eine Träne herunter. „Meine Pretty woman", zaghaft strich Paul mit seinem Daumen die gekullerte Träne weg, „wenn du lächelst, leuchten deine Augen und dass du viel mehr lächeln solltest, weil ich das so sehr an dir mag. You are the love of my life, möchtest du meine Frau werden?" Freudig und glücklich stürzte Jenny mit dem Brautstrauss in der einen Hand um Pauls Hals und hauchte ein „Ja!" Sie wiederholte es nochmal, diesmal ein wenig lauter. „Ja, ich will!" Auch Paul hatte wie Jenny Freudentränen, der Reverend dankte dem Gott da oben anschauend für die Liebe zweier Menschen, die zueinander gefunden hatten. „Wir haben keine Ringe", flüsterte Jenny Paul ins Ohr, als sie sich von ihm löste. „Ach, fast hätte ich es vergessen!" Paul tastete mit seiner Hand in der Hosentasche und zauberte zwei weissgoldene Ringe hervor. „Ich hoffe, der Ring passt dir?" Auf Pauls Handfläche sah Jenny die Ringe und eines davon hatte einen funkelnden Stein. Jenny schlug vor Sprachlosigkeit die Hand vor ihrem Mund, „bestimmt!" Paul und Jenny sahen sich voller Liebe an, nun wandte Paul dem Reverend zu. „Könnten Sie uns trauen, bitte?" „Sehr gerne, aber ohne Trauzeugen kann ich den Bund der Ehe nicht schliessen", sagte der Reverend...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt