No. 78

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Im Radio lief eine romantische Melodie, Paul trippelte mit seinen Finger auf das Lenkrad und bewegte seinen Oberkörper zu der Musik. Jennys wichtiges Anliegen überhörte er, stattdessen träumte er von der gemeinsamen Zukunft mit Jenny. „Weisst du, worauf ich mich freue?" „Das wirst du mir gleich sagen", Jenny rieb sich an ihrer Schläfe, denn sie hatte mit leichten Kopfschmerzen zu kämpfen. Klar, wenn sie auch die ganze Zeit überlegte, wie sie es Alex in Deutschland beibringen musste, dass sie nun verheiratet war. „Aufs Surfen! Ach, was habe ich das vermisst...", Paul schaute kurz zu Jenny hinüber und merkte, dass es ihr nicht gut ging. „Alles ok?" „Jaja, ich habe nur Kopfweh." „Unsere Nächte waren auch sehr kurz", zwinkerte Paul mit seinen rechten Augen und brachte Jenny ein Lächeln zurück auf ihren Lippen. „Was wolltest du mir Wichtiges sagen?" „Ähm, leben wir jetzt hier in Kalifornien?" Jenny wusste nicht, was sie sagen sollte und der Mut verliess sie. Paul steuerte den Bulli auf die Garage, das zum Strandhaus gehörte, zu. Nach langer Autofahrt waren sie nun wieder in Santa Monica angekommen. „Endlich zuhause!", freute sich Paul. Der Motor wurde abgestellt, die Tür geöffnet und Paul ging um den Bulli herum zur Beifahrerseite und öffnete die Tür. „Kannst du dir das vorstellen, hier zu leben?" „Das wäre was Neues, aber wovon sollen wir denn leben? Ich meine, ich müsste mir dann eine Arbeit hier suchen und was ist mir dir?" Zaghaft gab Paul ihr einen Kuss auf die Lippen und streckte seine Hand aus, Jenny legte ihre in die seine. „Komm mal mit, ich möchte dir was zeigen." Nun war Jenny neugierig, wohin Paul sie führen wollte. Sie gingen auf einen kleinen Betrieb zu, der neben der Garage stand. „Das hier ist mein eigener Betrieb, Huchu, mein Lebenswerk", stellte Paul vor und Jenny staunte nicht schlecht, als sie in den Betrieb hineinging. „Du stellst Surfbretter her?" „Ja, sie werden aus nachhaltige Produkte hergestellt, also ohne Schaum und Kunstfasern", sagte Paul und schmunzelte, als er sah, wie Jenny neugierig durch den Betrieb ging, das eine oder das andere vorsichtig Werkzeug anfasste, mit der eine Hand berührte sie sanft den SUP (Stand Up Paddle), das noch nicht ganz fertig war. „Wie bist du auf die Idee gekommen? Und was hat der Name Huchu für eine Bedeutung", fragte Jenny, die es nicht erwartet hatte, dass Paul selbstständig arbeitete. Ihre Kopfschmerzen waren nicht mehr zu spüren, sie war ganz erstaunt, was es da alles zu sehen gab. Voller Freude begann Paul zu erzählen, und ging ebenfalls einige Schritten in dem Betrieb umher. „Du weisst ja, dass ich mal als Austauschschüler in Amerika war und das Surfen für mich entdeckt habe. 'Hu'steht für meine Vergangenheit und den Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Das 'chu' ist für mich der zweitwichtigste Ort hier in Malibu. Dort habe ich zum ersten Mal ein Surfbrett gesehen, und verliebte mich Hals über Kopf in den Ozean und die Kunst des Wellenreitens. Das hier ist mein zweites Zuhause und ich fühle mich willkommen. Es gehörte früher zu den Chumash-Indianern, einem Stamm, der diesen Küstenstreifen bis Paso Robles bis in das 18. Jahrhundert besiedelte. Die Chumach hatten eine starke spirituelle Bindung an ihre Umgebung, die bis heute spürbar ist. Ihre Auswirkungen und Aussichten über die Umwelt haben mich dazu inspiriert, ihnen den zweiten Teil des Unternehmens zu widmen." Als er zu Ende erzählt hatte, blickte Jenny ihn mit staunenden Augen an. „Wow! Das hätte ich nicht von dir gedacht." „Was ist?", fragte Paul, als er merkte, dass Jenny ihren Blick zu Boden senkte. „Dann werden wir eben hier leben. Ich müsste nur in Deutschland meine Arbeit aufgeben." „Sicher, dass du das auch willst?", Paul spürte, dass das nicht alles war, was Jenny bedrückte. „Paul, ich liebe dich und mein Herz ist dort, wo ich zu Hause bin, bei dir! Alles andere wird sich schon finden." Paul nahm sie in die Armen und versprach ihr, sie glücklich zu machen. „Dann fange ich jetzt mal damit an", grinste Paul und hob Jenny auf seinen starken Armen und führte sie zur Haustür. „Was hast du denn vor?" „Lass dich überraschen!" Kurz liess er Jenny runter, kramte aus seiner Hosentasche den Schlüssel hervor, steckte es ins Schloss und die Tür öffnete sich breit. Nun trug er sie wieder hoch und sagte beim Hineingehen „Welcome at home!" und im Wohnzimmer vor den langen Fenstern liess er Jenny wieder festen Boden unter den Füssen. Tränenfreude stieg in Jennys Augen auf, ihr Glück hätte nicht schöner sein können. Beide sahen sich in die Augen und verfielen in einen leidenschaftlichen Kuss, der nie enden wollte. Dann war es Jenny, die sich von Paul löste und mit ihrem Rücken an seinem Körper gelehnt hatte. Paul legte seine Armen um sie herum, die Blicke der beiden galten dem Strand und das Wasser, die schönen Wellen zeigten sich hervor. „Es ist so schön hier!", konnte Jenny noch nicht so ganz glauben, dass sie fortan in Amerika leben würde. Der Abend neigte sich hervor, die Sonne hing tief am Horizont. Mit der Nasespitze berührte Paul spielend Jennys Ohr und flüsterte ein gefühlvolles „Ich liebe dich bis zum Mond und zurück!" „Das hast du so schön gesagt!" Jenny spürte, wie verführerisch Paul an ihrem Ohrläppchen küsste. „Heb dir das für später auf!", sagte er, als er sich aus der Umarmung löste, „ich gehe jetzt surfen." Lächelnd schaute Jenny Paul hinterher, als er auf dem Weg zum Schlafzimmer sein T-Shirt auszog, seine kräftigen Muskeln am Rücken sahen sexy aus. Schnell war er umgezogen und kam zurück, gab Jenny einen langen Kuss und ging mit ihr durch die Terrassentür nach draussen, schnappte sich sein Surfbrett und hielt dieses unter seinem Arm. „Ich hole meine Sachen aus dem Hotel und mache mich schon mal nützlich", sagte Jenny und sah, wie Paul voller Adrenalin auf das Wasser zulief, das Surfbrett losliess, darauf auf dem Bauch liegend paddelte und die beste Welle erwischte. Am Strand kam ihr von weitem ein Mann entgegen, der sie zuwinkte...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt