No. 128

206 15 4
                                    

Während bei den Gerkhans in der Küche grosse Hektik um den Frühstückstisch herrschte, blieb Semir die Ruhe selbst. Andrea wollte Lilly und Ayda auf die Uhrzeit hinweisen, dass die Schule bald begann. „Jaja", nörgelte Ayda nur und Lilly schmierte sich ein Brot mit Marmelade, das sie in der Mitte des Brotes einfach zusammenklappte. Andrea wollte ihrer jüngste Tochter behilflich sein, wurde jedoch von Semir unterbrochen. „Lass mal, Schatz." Der Vater wandte sich zu Lilly. „So, pack es noch ein und dann Abmarsch!" Lilly gehorchte und steckte das Brot in die vorhergesehene Papiertüte und verabschiedete sich von den Eltern mit einem Küsschen. „Bekomme ich keinen Kuss?", rief Semir quer durch den Flur, als Ayda dort ihre Jacke anzog. „Und ich?", rief auch die Mutter hinter ihr her. Mit schnellen Schritten kam Ayda in die Küche und gab den Eltern ruckzuck einen Kuss. „Bis später!" „Pass gut auf in der Schule!" „Jaja!" Die Haustür fiel ins Schloss. Andrea war gerade dabei, den Tisch abzuräumen, als Semir Kaffee nachschenkte und genüsslich einen Schluck daraus trank. „Herrlich, diese Ruhe!", freute sich Semir und zog Andrea am Handgelenk zu sich auf die Bank in der Küche. „Ups", sagte Andrea ein wenig erschrocken, als sie neben ihrem Mann sass. Semir küsste seine Frau liebevoll am Nacken. „Du, ich würde gerne weitermachen, wo wir gestern aufgehört haben", flüsterte Andrea, die immer mehr mit den Küssen ihres Mannes überhäuft wurde. „Aber was?", hauchte Semir in die Küsse. „Ich habe gleich einen wichtigen Termin mit der Staatsanwältin." Daraufhin stoppte Semir seine Küsse. „Mit der Schrankmann?" „Ja", sagte Andrea und stand auf. Ein schmollender Semir blieb zurück. Nachdem sie den Tisch abgewaschen hatte, beugte sie sich zu ihrem Mann hinüber und gab ihm einen langen Kuss. „Heb dir das für heute Abend auf", lächelte Andrea verführerisch und Semir grinste breit. „Aber erst nach der Party!" Semir sah seine Frau verblüfft an. „Was für eine Party?" „Sag, du hast das doch nicht vergessen?" „Was?" „Die Schrankmann feiert doch ihren 60." „Ach, nee!" „Doch! Wir sind eingeladen." „Musst das denn sein?" „Schatz, gutes Essen und gute Musik, das steigert die Stimmung. Auch für danach, du weisst schon, was ich meine", blinzelte Andrea lachend mit ihren Augen.

Dagegen sah der Morgen bei den Brandts anders aus. Viola war immer noch schockiert über die Aussage Jennys, dass die Hochzeit abgeblasen wurde. „Junge, wie kannst du da ruhig bleiben?", fragte Viola, als Alex seinen Kaffee trank. „Sie wird schon zurück zu mir kommen", meinte Alex nur. „Ach, wie denn? Du sitzt hier seelenruhig. Jennifers Koffer steht immer noch im Flur. Meinst du, mit einem geschnippten Finger ist Jennifer wieder hier?", war Viola aufgebracht. „Junge, mach doch was. Trödel nicht herum, sondern schalte deinen Verstand ein!" „Bin schon dabei, Mama!" „Ich sehe nichts." „Wirst du noch!" „Ach, da bin ich mal gespannt. Verrätst du mir vielleicht deinen Plan?" „Mal schauen, jetzt muss ich einen wichtigen Anruf machen. Tschüss!" Mit dieser Aussage liess Alex eine verwirrte Viola zurück.

Ein Handy klingelte, freudig ging Jenny ran. In der Hoffnung, es war Paul, sagte sie:"Oh, du kannst es nicht erwarten, mich zu sehen?" „Guten Morgen, Sweety!" Alex war überrascht, wie gut gelaunt Jenny war. „Wenn du möchtest, komme ich...", weiter kam Alex nicht, da sie von Jenny unterbrochen wurde. „Alex, du? Ich dachte, es wäre...", schnell verstummte Jenny. Doch Alex konnte sich vorstellen, wen Jenny wohl meinte. „Dieser blonde Typ!" Mit zusammen gekniffenen Zähnen versuchte Alex ruhig zu bleiben. „Was gibt es?", fragte Jenny, die enttäuscht war, dass es Alex statt Paul war. „Ich wollte dich fragen, ob du mir heute Abend Gesellschaft leistet auf der Geburtstagsfeier von der Schrankmann? Ich könnte dich abholen und bringe dich auch wieder nach Hause", schlug Alex vor. „Das ist lieb von dir, aber Susanne nimmt mich mit." „Ach so, das heisst, du kommst auf jeden Fall?" „Ja", meinte Jenny, „für ein paar Stunden ja. Eine Bitte habe ich noch", bat Jenny und Alex war kleinster Hoffnung. „Ja?" „Wir sind aber Freunde und verhalten uns auch wie Freunde, oder?" Alex Lächeln fror auf der Stelle. Jenny konnte dies nicht sehen. „Alex?" „Ja, klar", sammelte sich Alex wieder ein, „geht schon in Ordnung. Nur ist etwas ungewohnt." „Ich weiss", blieb Jenny gelassen, „bis heute Abend dann." Nach dem Gespräch haute Alex wütend mit der Hand auf das Lenkrad. „Verdammt!", fluchte Alex und brauste mit Vollgas über die Autobahn.

„Gut, dass du noch da bist!", meinte Helga, als sie die Küche ihrer Tochter Lisa betrat. „Guten Morgen, Mama!" Paul strahlte über sein Gesicht. „Da freut sich aber einer", sagte die Mutter beim Hinsetzen. „Sorry, ich habe dich gestern Abend vergessen", entschuldigte sich Paul sofort. Er hatte seiner Mutter versprochen, zehn Minuten Zeit für sie zu haben. In dem ganzen Trubel gestern hatte er es völlig vergessen. „Dafür habe ich jetzt Zeit", lächelte Paul seine Mutter an und Lisa reckte ihren Kopf zum Fenster. „Dieser Herr Schulz", schimpfte sie, „immer früher als die Öffnungszeiten!" „Sei doch froh, dass du Kundschaft hast", erinnerte Helga Lisa daran. „Jaja, Mama", gab Lisa ihrer Mutter im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange und ging hinaus in die Werkstatt zu dem Herrn Schulz. „Ja, Mama, worüber möchtest du denn mit mir reden?" Nervös spielte Helga mit der Zeitung, die auf dem Tisch lag. „Paul, ich mache mir Gedanken um deinen Vater..." Wortlos nickte Paul und trank einen Schluck Kaffee. „Der Arzt hatte uns erklärt, wie weit die Krankheit voranschreitet", suchte die Mutter nach den richtigen Worten, „wenn es schlimmer wird, dann braucht Papa die volle Betreuung. Ich schaffe das körperlich nicht. Ich dachte an ein Pflegeheim." „WAS?"

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt