No. 119

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Alex öffnete die Beifahrertür und lächelte Jenny an. Schnell bewegte Alex seine Beine um die Motorhaube und setzte sich hinters Steuer. Mit einem Bein im Fussraum stehend, drehte sich Jenny leicht zur Seite und sah Paul, der traurig ihr hinterher schaute. Ihr Herz tat weh, aber sie war immer noch nicht zufrieden mit dem ganzen Gespräch. Was hatte es nur mit dem Schlüssel auf sich? Das passt doch irgendwie mit dem Brief nicht so richtig zusammen. Das Thema liess Jenny keine Ruhe. „Was ist, wenn Paul die Wahrheit sagt? Dann war der ganze Streit umsonst", grübelte Jenny, als sie Paul das letzte Mal ansah, bevor sie nun ins Auto stieg. Irgendwie war das auch nicht der richtige Ort gewesen. Am besten war es gewesen, Paul und Jenny waren beide in einem Raum eingesperrt, oder was auch immer. Nur da konnte keiner die beiden stören oder einer von den beiden nahm Reissaus. „Nix wie weg hier!", dachte sich Alex dabei und liess den Motor aufheulen.

Während Semir auswärts einen schönen Abend mit seiner Frau verbrachte, übernahm Dana das Abendessen in der Gerkhanischen Küche. Ayda und Lilly wollten mal wieder eine selbstgemachte Pizza machen. Dana bereitete den Hefeteig zu, Ayda und Lilly schnitten Zwiebel und Paprika. Nachdem dieser Teig geruht hatte, wurde der Teig auf dem Backblech ausgerollt. Es herrschte ein fröhliches Lachen unter den Geschwistern. „Mama und Papa sollten öfters ausgehen", meinte Lilly und Ayda fiel ihrer Schwester ins Wort. „Damit es jedes Mal Pizza gibt? Nee!", schüttelte Ayda mit ihrem Kopf, und ihre Haare, die zu einem Pferdeschwanz am Hinterkopf gebunden war, bewegte sich mit. „Das nicht, aber wir könnten auch mal wieder Spaghetti Bolognese machen, oder Lasagne", schlug Dana vor, die mit der Tomatensauce beschäftigt war und nun auf den Teig streichte. Schon war Lilly begeistert. „Au ja! Dann rollen wir den Nudelteig durch die Walze", freudig belegte Lilly nach Herzenswunsch die Paprika auf den Teig. Ihr Gesicht strahlte voller Freude auf das nächsten sturmfreien Abend mit den grossen Schwestern. Den Abschluss krönte Ayda mit geriebenem Käse auf der Pizza und nun wanderte diese in den Ofen. Die Küche duftete nach Gewürzen, die Mädchen räumten gemeinsam auf und freuten sich auf die Pizza, die im Ofen vor sich hin backte.

Mit senkendem Kopf schritt Paul zur Haustür seiner Schwester herein. Im Flur zog er seine Lederjacke aus und hängte diese auf. Freudig kam Emilia auf ihren Onkel zu. „Hey!", grüsste Paul sie und schloss sie in seine Umarmung. Emilias Lächeln liess Paul für einen Moment seinen Ärger vergessen. Er gab ihr einen Kuss auf ihren Haarscheitel. „Hallo", sagte Emilia und zog Paul an ihrer Hand ins Wohnzimmer. Dort sass noch ein anderes Mädchen auf der Couch, die ein wenig schüchtern wirkte. „Paul, das ist meine Freundin Franziska, Franzi reicht." „Jetzt lerne ich mal deine Freundin kennen", meinte Paul lachend und gab Franzi die Hand. „Und das ist mein cooler Onkel, von dem ich dir erzählt habe", platzte Emilia vor Stolz und nahm neben Franzi Platz auf der Couch. „Ist das Paul, der in Amerika lebt?", wollte Franzi wissen und ehe Paul antworten konnte, war Emilia schneller. „Ja, aber jetzt bleibt er hier in Deutschland." „Gute Frage!", dachte sich Paul innerlich in seinen Gedanken. Sicher war er jetzt nicht mehr, nachdem ganzen Streit mit Jenny. Am liebsten würde er nach Kalifornien reisen, das Surfbrett schnappen und die besten Wellen reiten. „Ach, wie soll es denn gehen? Ich habe ja keinen Schlüssel für meinen Strandhaus." Schnell besann sich Paul wieder und dachte an seinen Vater. Er nahm sich vor, mal rüber ins Elternhaus zu gehen und nach dem Wohlbefinden zu erkundigen. Emilia und Franzi begannen sich gegenseitig die englische Vokabeln abzufragen. In einigen Vokabeln mischte sich Paul mit und nach einigen Minuten liess er die beiden kleinen Mädchen zurück im Wohnzimmer und ging in die Küche, wo Lisa mit dem Abwasch beschäftigt war. „Hey, Bruder!" „Hey, Schwesterherz!" Lustlos schnappte sich Paul ein Küchenhandtuch und trocknete ein Glas ab. „Franzi schläft heute das erste Mal hier bei uns", erzählte Lisa und hörte keinen Mucks von Paul. Mit ihrem Kopf schaute sie in Pauls Richtung, der nur ein „Mhm" rausbrachte. „Was ist los, Brüderchen?" „Ach, ehrlich gesagt, ist alles wie verhext hier." „Bier?", fragte Lisa. Bei Pauls Nicken wusste Lisa schon, dass sie richtig getippt hatte. Bei Problemen oder wenn einfach nach guter Unterhaltung erwünscht war, gab es die eine oder andere Bierflasche. Schon blieb der Abwasch links liegen. Mit den zwei grossen Sitzkissen unter den Armen ging es nach draussen auf die Terrasse. Lisas Terrasse war der perfekte Rückzugsort für die beiden Geschwister. Paul malte sich in seinen Gedanken aus, er würde auch einen besonderen Platz in seinem eigenen Garten suchen, wo er oder noch besser, mit der Person, die man liebt, zurückziehen konnte und den Alltag Revue passieren liess.

Als Alex die Wohnungstür aufschloss, duftete es durch den ganzen Flur. „Das riecht aber lecker!", meinte Jenny, als sie ihre Jeansjacke auszog und ihr Magen knurrte. „Das ist meine Überraschung", platzte Alex mit der Neuigkeit heraus und nahm Jennys Hand spontan in die seine und führte sie ins Esszimmer. Wie ein Gentleman rückte Alex den Stuhl am Tisch ein wenig zurück und als Jenny fast Platz nahm, rückte er den Stuhl ein wenig nach vorne. Mit dem Feuerzeug zündete Alex die Kerzen an. Aus der Küche waren Geklapperte zu hören, mit einer Flasche Weisswein kam Alex zurück. „Auf unser schönen Abend und die Chance, dass unsere Beziehung noch die Kurve bekommt", hoffte Alex.

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt