No. 185

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Jenny hatte Semir gebeten, zur PAST zurückzukehren, was dieser zur Kenntnis nahm. Jenny wollte unbedingt zu Paul, mit ihm eine Aussprache führen. Soeben hatte sie eine gute Nachricht vom Anwalt erhalten. Sie war jetzt stolze Besitzerin des Strandhauses in Kalifornien und wurde soeben hier in Deutschland genehmigt. Im Anschluss des Verlaufs der Aussprache wollte Jenny Paul mit der Neuigkeit überraschen. Kurz erklärte sie Semir, was sie vorhabe. „Da will ich dem Glück nicht im Wege stehen", lachte Semir. Er setzte das Blaulicht ein, die Autos vor ihm bildeten eine freie Gasse. So konnte ein grinsender Semir sich zwischen den wartenden Autos durchschlängeln. An der PAST angekommen, schnappte sich Jenny den Schlüssel ihres BMWs aus der Jackentasche und raste mit dem Auto vom Gelände der Autobahnpolizei davon. Semir lehnte sich an den Motorhaube seines Wagens und winkte Jenny von hinten zu. Gerade kam die Krüger durch die Tür nach draussen und sah die Rücklichter von dem dunkelgrauen BMW. „Wo will Frau Dorn denn hin? Ich wollte mit ihr noch was Wichtiges besprechen." Die Krüger sah Semir an, als dieser lächelte. „Das können Sie auch morgen machen. Ich glaube nicht, dass sie heute wiederkommt." „Macht hier jeder, was der will?" Kim regte sich leicht auf und sah auf die Armbanduhr. „Feierabend ist aber noch nicht in Sicht." „Ähm, sagen wir mal so, ein privater Einsatz. Es geht schliesslich um die Rettung eines Eheglücks." Kim streifte die Haarsträhne hinter ihrem Ohr und musterte Semir dabei von der Seite an. „Chefin, ich möchte auch, dass zwischen Jenny und Paul alles wieder in Ordnung kommt. Das schadet dem Klima auf der Arbeit, wenn die beiden immer nur noch streiten." „Da haben Sie Recht, ausnahmsweise." Semir wollte sich in den BMW setzen, als er von der Krüger ein „Und wo wollen Sie hin?" hörte. „Frühzeitigen Feierabend?", sagte Semir. „Nix da! Ich brauche die Akte im Fall Schröder für morgen früh!", mit dem Daumen deutete Kim auf die Tür zur PAST. „Sie haben noch etwas Zeit und ich möchte nichts mehr hören!" Genervt schlug Semir mit der Autotür zu, sah auf den Hintern der Chefin, die ein enganliegendes Kleid trug und folgte ihr zur PAST hinein.

Vor dem Hof der Renners stellte Jenny den BMW ab, stieg aus dem Auto. Ihre Schritte stoppten kurz daraufhin, als sie Charlotte und Paul in trauter Zweisamkeit sah. Ihr Herz tat weh, sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Gerade war sie noch in guter Hoffnung, der Aussprache mit Paul stünde nichts mehr im Wege und ihre Ehe hätte noch eine Chance verdient. Jenny fragte sich, ob Paul wusste, was Charlotte für ein mieses Spiel mit Paul trieb? Semir hatte Jenny endlich gesagt, was es mit den K.O.-Tropfen auf sich hatte, das zu dem Streit führte und das alles ins Rollen brachte. Jenny konnte sich nicht vorstellen, dass Paul dann noch mit Charlotte nach der angeblichen Sache mit den K.O.-Tropfen normal umgehen konnte. Sie selbst würde dann nichts mehr mit der Person zu tun haben, wenn sie von demjenigen übers Ohr gehauen würde. Jenny setzte den nächsten Schritt an, als sie sah, dass Charlotte und Paul sich ein letztes Mal umarmten, stockte es ihr den Atem und sie blieb abrupt stehen. Jenny interpretierte die Situation falsch, drehte sich auf Absatz um und rannte zu ihrem Wagen zurück. Die Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben, eine Träne kullerte auf ihrer Wange. Energisch wischte sie es mit dem Handrücken ab und startete den Motor. Sie fuhr leise, wie sie gekommen war, wieder weg. Paul löste sich aus der Umarmung. „Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit und hoffe, dass du aus der Dummheit lernen wirst." Paul drückte seine Hände an Charlottes Schulter. „Ich denke, wir werden erstmal Abstand halten, auch für unsere Freundschaft." Sie nickte benommen und es fühlte sich wie ein Abschied an. Abschied von einer Freundschaft, die in der Teenagerzeit begann, eine kurze Liebesromanze daraus wurde und durch Charlottes Vertrauensbruch nun nicht mehr zu retten war. „Und ich wünsche dir alles Gute mit Jenny! Ich bin mir sicher, ihr werdet das wieder hinkriegen!"

„Jenny?" Semir war verwirrt, als er Jenny in der PAST hereinkommen sah. Die Absätze ihres Stöckelschuhes hallten auf dem Boden, ihr Gesichtsausdruck sah weinerlich aus. Semir und Susanne blickten beide vom Monitor hoch. „Was machst du denn hier? Ich dachte, du wolltest zu Paul?", fraget Semir, der bis eben bei Susanne gestanden hatte und mit ihr über irgendwas diskutierte. „War ich auch. Hat sich erledigt." Jenny nahm Platz an ihrem Schreibtisch und klappte eine Akte auf. Kurze Sätze, schmollendes Gesichtsausdruck und ein tiefes Seufzen. Sie suchte nach einem Kugelschreiber und bückte sich ein wenig nach unten zu einer Schublade und als sie wieder in Sitzposition war, stand Semir vor ihr. Seine rechte Hand auf dem Holster liegend, schaute er sie mit einem fragenden Blick, in der man etwas Sorge sehen konnte, an. „Was ist denn schon wieder passiert?" „Nichts ist passiert", sagte Jenny kurz und knapp, ohne von der Akte aufzuschauen. „Jenny?" „Was denn?" „Hast du mit Paul gesprochen?" Stille. Auch Susanne schaute zu den beiden rüber. Sie fühlte Mitleid mit Jenny, stand auf und kam auf sie zu. Legte tröstend die Arme um Jennys Schulter und da brach Jenny in ein Weinen aus. „Nein, habe ich nicht. Charlotte war da und beide waren in dem Moment so vertraut miteinander", platze es aus Jenny heraus und Semir verdrehte seine Augen. „Das musst aber nicht bedeuten, dass die beiden was miteinander haben. Umarmungen haben verschiedene Gründe", versuchte Susanne auf die sanfte Art, während Semir seufzte:"Oh Gott, euch müsstet man einsperren, damit ihr redet!" 

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt