No. 122

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„Was für einen Brief?" Alex tat so, als ob er ahnungslos wäre. „Irgendein Brief und einen Schlüssel, der angeblich dabei war", murmelte Jenny. In Alex Gedanken schrillten die Alarmglocken, der Schlüssel! Kurz zog Alex die Luft scharf ein und verdrehte kurz seine Augen. Jenny bekam nichts davon mit, sie starrte die flackernde Kerze an, die mit der Zeit immer mehr geschmolzen wurde. „Was denn für einen Schlüssel?", fragte Alex vorsichtig, um keinen Verdacht zu schöpfen. „Von Pauls Strandhaus", gab Jenny knapp zur Antwort. „Und da ist auch noch Charlotte, die angeblich an Paul interessiert ist. Egal, das ist mein Problem, nicht deins!" Überrascht horchte Alex auf und wollte nachhaken, was diese Charlotte auf sich hatte. „Die Tochter von der Schrankmann", wimmelte Jenny ab und hatte noch eine Bitte. „Ich möchte die ganze Hochzeit absagen." Während Alex in Gedanken um diese Charlotte war, bekam er Jennys Bitte nicht mehr mit. Nachdenklich dachte Alex über die Tochter von der Oberstaatsanwältin Schrankmann nach, die er allzu gut aus der Cobra Zeit kannte. Alex witterte eine Chance, bei der Charlotte ihm behilflich sein könnte. „Alex?" Jenny wunderte sich, dass Alex bis jetzt nichts zu der Absage der Hochzeit geäussert hatte. „Hast du mir eben zugehört?" „Ähm, was hast du gesagt? Sorry, ich war...", fasste sich Alex schnell wieder und sah Jenny an. „Ich möchte die Hochzeit stornieren." „Aber, willst du unserer Beziehung keine Chance geben? Ich meine,... wir könnten auch zum Paartherapeuten gehen...", stammelte Alex, als ihm bewusst wurde, dass Jenny es ernst meinte. „Nein, Alex! Wozu, wenn ich dich nicht mehr liebe." Jenny stand auf, ging um den Stuhl herum und blieb stehen. „Ich werde zu meinem Vater ziehen. Die restlichen Sachen lasse ich dann irgendwann abholen, ok?" „Sweety,...", Alex hielt Jennys Handgelenk fest, als diese an ihm vorbeigehen wollte. „Alex, bitte nenne mich nicht mehr Sweety. Lass uns normal miteinander umgehen. Ich möchte nicht im Streit auseinander gehen." Als Jenny ins Schlafzimmer verschwand, funkelte Alex Augen böse und er murmelte verächtlich:„Na warte, dir wird das Lachen noch vergehen!"

Der nächste Morgen war ein verregneter Tag, die Sonne liess sich nicht blicken. Im Hause Renner herrschte ein wenig Chaos. Paul beeilte sich, den Termin mit dem Fliesenleger einzuhalten, da er verschlafen hatte. Helga kam kurz ins Haus von Lisa und fragte sie nach einer fehlender Unterlagen für die Steuer. Emilia hatte das Englischbuch auf der kleinen Couch im Wohnzimmer vergessen, so dass ihre Mutter in Eile mit dem Auto zur Schule fuhr und es ihrer Tochter noch vor Schulbeginn geben konnte. Auf dem Schulhof konnte Lisa Emilia gerade noch abfangen, als diese gerade mit ihrer Freundin Franzi aus dem Schulbus ausstieg. „Hier", zeigte die Mutter auf das Buch, „das hast du vergessen." „Man, Mama, wie siehst du denn aus?" Emilia wies ihrer Mutter auf die Kleidung hin. Lisa schaute an sich herunter. „Das ist mein Arbeitsoverall. „Ja, der mit Ölflecken bedeckt ist." „Wie wäre es mit einem Dankeschön, dass ich dir das Buch brachte, anstatt mein Overall zu bewerten?", blinzelte Lisa die Augen. „Danke, Mama!" „Viel Glück für die Klassenarbeit!", wünschte Lisa noch schnell und die beiden Mädchen nickten mit den Köpfen. Ihrer Tochter gab Lisa noch einen Kuss und rannte so schnell wie sie gekommen war, wieder zurück zum Auto und düste von dem Parkplatz des Schulgeländes. „Coole Mutter!", fand Franzi und trottete neben Emilia in die Schule hinein. „Aber manchmal peinlich!", schmunzelte Emilia.

In der Küche traf Jenny auf Viola, die gerade die Kaffeemaschine startete. „Guten Morgen", mit guter Laune schaute Viola Jenny an, die ein leises „Guten Morgen" rausbrachte. „Alles in Ordnung? War der Abend gestern nicht schön?", wollte Viola wissen, als es eine Weile still in der Küche war. Jenny schmierte sich ein Toastbrot und biss gerade hinein, als sie die Frage Violas hörte. „Nein und Ja", schluckte Jenny den Bissen herunter. Über die Antwort war Viola etwas verwirrt. Jenny verbesserte ihre Aussage. „Nein für alles in Ordnung und Ja für den gestrigen Abend, der etwas traurig verlaufen war. Viola hatte noch ein anderes Anliegen auf dem Herzen, den sie immer wieder hinausgezögert hatte. „Jennifer, ich muss dir noch was beichten." Mit grossen Augen schaute Jenny Viola an. Es war etwas ungewöhnlich, dass Viola ihr was beichten musste. „Was denn?", gespannt lauschte Jenny Alex Mutter zu. Verlegen duckte Viola herum. „Du hattest doch letztes Mal deine Hochzeitsvorbereitungen auf dem Tisch liegen. Das ganze Papierkram,..." Ach, das. War ihr gar nicht mehr eingefallen. „Ja, und?" „Ähm, mir ist da ein Missgeschick passiert. Ich hatte Kaffee auf deinen Plan mit den Sitzplätzen der Hochzeitsgesellschaft geschüttet. Das war keine Absicht, das musst du mir glauben." Schmunzelnd legte Jenny ihre Hände auf Violas Schulter und besänftigte sie. „Das ist nicht so schlimm." „Ach, da fällt mir wirklich ein Stein vom Herzen. Ich dachte schon, du wärst sauer." Erleichtert atmete Viola aus, bekam aber im nächsten Moment fast einen Herzinfarkt. Jenny schenkte sich Kaffee ein, der gerade fertig wurde. „Die Hochzeit wird storniert." „Was?", entsetzt drehte sich Viola herum, „aber warum denn das?" „Weil ich Alex nicht mehr liebe. Und, weil ich schon... Möchtest du auch einen Kaffee?", fragte Jenny und ihr fiel was Wichtiges ein. Schon war sie aus der Küche gerannt und lies eine erschreckende Viola zurück, die sich mit aller Kräfte an der Arbeitsplatte festzuhalten versuchte. „Nein, kein Kaffee", murmelte Viola zu sich selbst, „ich brauche einen Schnaps. Am besten, einen doppelten Schnaps!"

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt