No. 120

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Nachdem die Fahrt im Auto zwischen Alex und Jenny schweigsam verlaufen war, hatte Jenny nicht damit gerechnet, dass Alex den Abend für sie beiden bekochte. „Das sieht alles schön aus", meinte Jenny mit leicht angehobenem Mundwickel, wurde kurz darauf wieder ernst. „Alex, wir müssen reden! Es gibt da was, was ich dir sagen muss." „Lass uns erstmal anstossen", hob Alex das Glas und klirrte die gegen die von Jenny, die das Glas ein wenig lustlos in der Hand festhielt. „Prost!" Während Alex den Wein auf seiner Zunge zergehen liess, nippte Jenny nur einen winzigen Schluck und stellte das Glas wieder auf den Tisch. „Das mit unserer Beziehung, ich glaube, da ist der Wurm drin", begann Jenny. Alex, der kaum hingesessen hatte, sprang so schnell wieder auf. „Oh, der Auflauf!" Jenny blieb alleine am Tisch zurück und begutachtete den Inhalt auf dem Tisch. „Alex gibt sich Mühe für uns. Aber will ich das auch?", dachte Jenny und wurde von dem wunderbaren Duft unter ihrer Nase unterbrochen, da Alex mit den Backhandschuhen bepackt und dem Auflauf neben Jenny stand. „Was ist das?", fragte Jenny und stolz präsentierte Alex den Auflauf. „Das ist ein Veggie-Auflauf mit viel Gemüse. So wie du ihn magst." Jennys Magen knurrte immer stärker werdend, mit dem breiten Löffel griff sie beherzt nach dem Auflauf. Alex sah ihr dabei zu und hatte das Lächeln im Gesicht. Er gab Jenny einen Kuss an ihrer Wange und ging um sie herum auf seinen Platz. „Köstlich!", meinte Jenny mit geschlossenen Augen, nachdem sie den Stück Auflauf auf der Gabel durchgepustet hatte. „Freut mich! Guten Appetit!" Schon hatte Alex auch den Auflauf im Mund, und verbrannte sich im Munde. Neben dem Glas Weisswein stand ein Glas mit stillem Wasser. Schnell griff er danach und 'löschte' damit das Verbrannte.

Der Abend auf der Terrasse war recht frisch. Ein klarer Himmel zeigte sich ab. Lisa hatte sich eine schwarze Fleecejacke angezogen und überreichte ihrem Bruder den türkisenen Kapuzensweartshirt. „Bevor ich das vergesse, könntest du bitte morgen mit dem Fliesenleger den Ablauf der Baustelle besprechen? Er möchte bald damit anfangen", erinnerte sich Lisa daran. „Ach, die Baustelle, die habe ich glatt vergessen", kratzte sich Paul am Hinterkopf. „Woran lag es diesmal wieder?", wollte Lisa wissen. „Jenny", Paul trank einen kräftigen Schluck aus der Bierflasche. „Wir haben nicht mal angestossen", war Lisa etwas beleidigt. „Sorry, Schwesterherz!" Ein klirrendes Geräusch hallte durch den langsam, dunkler werdender Abend. Langsam funkelten die Sterne hervor. Paul zog die Kapuze über seine blonden Haare und blickte gegen Himmel. „Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie ich das Jenny beweisen soll." „Was denn beweisen?" Lisa hatte immer ein offenes Ohr für ihren Bruder. Paul erzählte Lisa die Geschichte mit dem Schlüssel, die er vor der Abreise nach Deutschland noch mit in den Briefumschlag steckte. Nach einer stillen Weile plapperte Lisa einfach los. „Es hört sich langsam an wie bei einer Soko. Auf der Suche nach stichhaltigen Beweisen, um einen Mörder zu überführen. Ach, was rede ich da? Du bist ja Kommissar." Auf einmal sass Paul kerzengerade auf dem dicken Sitzkissen und streifte die Kapuzen von den Haaren. Heraus ragte sein blonder Wuschelkopf. „Das ist es!", jubelte Paul und Lisa war irritiert über Pauls plötzlichem Sinneswandel. Gerade war er noch traurig und nachdenklich, jetzt hatte er ein breites Grinsen im Gesicht und von Traurigkeit keine Spur mehr. Eher Hoffnung. Die Hoffnung stirbt ja zuletzt. „Was denn?", neugierig beobachtete Lisa, was Paul nun vorhatte. „Kimberley", sagte er nur und tippte auf seinem Smartphone. „Deine Freundin in Santa Monica?" „Ja", aufgeregt hielt Paul das Handy an seinem Ohr und kurz darauf begann er das Gespräch. „Oh sorry, dass ich dich geweckt habe", entschuldigte sich Paul, als er eine total verschlafende Kimberley am anderen Ende der Leitung hatte. „Du, es wäre wirklich wichtig! Es brennt nämlich hier! Ich brauche deine Hilfe!" Mit einem Schlag war Kimberley hellwach. „Wie? Was? Wo? Ich komme!" „Nein, nein!" Man hörte ein lautes Krachen. „Na toll, jetzt bin ich aus dem Bett gefallen!" Mühsam rappelte sich Kimberley wieder hoch und setzte sich auf die Matratze. "Man Paul, für Scherze habe ich keinen Nerv!" „Sorry bitte! Du, es wäre wirklich wichtig, wenn du dich erinnern könntest", versuchte Paul nun sachlich zu bleiben, was ihm vor Aufregung schwer fiel. Kimberley war Pauls letzte Hoffnung, Jenny von seiner Unschuld zu beweisen. „Ich war doch vor meiner Abreise bei dir an der Rezeption und habe dir einen Brief für Jenny gegeben. Weisst du noch, was du mir da gesagt hast, als du den Brief in deiner Hand hattest?" Einen Moment musste Kimberley überlegen, schliesslich fiel es ihr ein. „Ja, das war schwer. Dein Schlüssel zum Strandhaus." „Bingo!" Lisa klatschte sich in die Hände und sah, wie ihr Bruder wie ein Honigkuchenpferd strahlte. „Was ist denn damit?", wollte Kimberley wissen und Paul schilderte ihr die kurze Version. „Ich habe Jenny den Brief übergeben, aber ich weiss leider nicht mehr, ob der Brief bei der Übergabe leicht oder schwer war. Zu dem Zeitpunkt hatte ich Stress hinter der Rezeption gehabt und keine Kontrolle darüber gehabt. Aber eines weiss ich genau, Jenny hat deinen Brief bekommen." „Fuck!", sprach Paul zu sich selbst. „Trotzdem danke ich dir, Kimberley!" Das Gespräch wurde beendet, das letzte Fünkchen Hoffnung erstarb. In dem Moment fror das Strahlen eines Honigkuchenpferdes auf Pauls Gesicht. „Das darf doch nicht wahr sein!", ärgerte sich Paul und trank die Bierflasche leer. „Ich hatte den Beweis so kurz vor meiner Nase, so kurz!" Lisa stand von ihrem Sitzkissen auf und gesellte sich neben ihrem Bruder. Nahm ihn tröstend in die Arme, als Pauls Augen sich mit Wasser füllten und darauf an den eigenen Wangen herunter kullerten.

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt