No. 105

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Am Abend zur gleichen Zeit im Hause Gerkhan war die ganze Familie am grossen Esstisch zum Abendessen versammelt. Lilly und Ayda diskutierten über das Schlagzeug und die dazugehörigen Musik, die sie neulich im Unterricht gelernt hatten. Dana hatte ihren Kopf voll von dem Lernen für die Polizeiausbildung und stöhnte über leichte Kopfschmerzen. „Setzt dich doch nicht so unter Druck", meinte Andrea und gab der Stieftochter einige Tipps, wie man das Lernen einfacher machen konnte. Dana war Andrea dankbar dafür und wollte es auch in die Tat umsetzen. „Hoffentlich schaffe ich es, es ist sehr wichtig, dass ich eine gute Note erziele." „Klar schaffst du das, aber denk daran, was ich dir eben erklärt habe", behutsam drückte Andrea ihre Hand in die von Dana und diese lächelte sie an. Die Haustür wurde ins Schloss geworfen, man hörte Schritte durch den Flur hallen. „Da kommt Papa!", rief Lilly und freute sich, den Vater zu sehen. „Hallo zusammen!", grüsste das Familienoberhaupt, gab seiner Frau ein Küsschen und gesellte sich an den Tisch. „Ich habe Kohldampf", freute sich Semir, als es seinen Lieblingsauflauf mit Nudeln gab. Ayda füllte gerade Salat in die kleine Schüssel und reichte sie ihrem Vater rüber. „Danke, mein Schatz!" Eine Weile sass die Familie noch in gemütlicher Atomsphäre zusammen ehe die drei Mädchen aufstanden und den Tisch leerräumten. Andrea blieb mit ihrem Mann zurück im Wohnzimmer, wo sie sich auf der Couch mit einem Glas Rotwein entspannt machten. „War der Tag stressig?", wollte Andrea wissen und Semir verneinte. „Weisst du, es ist auch mal schön ruhig im Büro. Aber auf die Dauer ist es schon langweilig und einen Partner habe ich immer noch nicht. Heute war wieder eine Bewerbung reingekommen", erzählte Semir und Andrea beendete für ihn den Satz, „aber wieder ein Weichei." Beide lachten und nachdem Semir einen Schluck Rotwein zu sich genommen hatte, verkündete er, dass die Krüger ihm kurz vor Feierabend mitgeteilt hatte, dass eben eine Bewerbung online in die PAST kam. „Das wäre meine letzte Chance. Aber weisst du, was?" Andrea verneinte ihr Gesicht, als sie die Frage ihres Mannes hörte, „das wirst du mir gleich sagen." „Du kennst mich so gut", lachte Semir kurz auf, „ich habe ein gutes Gefühl für die Vorstellung morgen. Die Krüger wollte den Bewerber gleich morgen früh anrufen und ihn zum Vorstellungsgespräch einladen. Das wird definitiv mein neuer Partner." So sicher war Semir schon lange nicht mehr bei der Partnerwahl gewesen. „Na dann, stossen wir auf deinen neuen Partner an!", meinte Andrea und kurz darauf klirrten die Rotweingläser aneinander.

Nachdem Paul kurz bei Emilia ins Zimmer schaute und sie schlafend vorfand mit dem Buch auf ihrem Oberkörper, schmunzelte Paul bei dem Anblick und schlich ganz leise ins Zimmer rein. Er nahm das Buch und klappte es leise zusammen, legte es auf den kleinen Nachttisch und knipste das Lichtlein aus. Zurück ins Wohnzimmer fand er seine Schwester mit zwei Bierflaschen in der Hand draussen auf der Terrasse. „Auch einen?", fragte Lisa und Paul nahm ihr die Flasche ab. „Schön frisch draussen", meinte Paul, „ich könnte im Freien schlafen. Es war ein klarer Himmel in der Dunkelheit. „Im Garten ist genug Platz, da kannst du dir ein Zelt aufschlagen", witzelte Lisa und hörte ihren Bruder lachen. „Dein Gästezimmer macht es schon. Ich freue mich, wenn die Baustelle bald beginnt. Auf die Dauer kann ich nicht bei meiner Schwester hocken." „Ach, du! Ich freue mich wirklich, dass du hier bist." „Ich auch", meinte Paul und wurde melancholisch. Nachdenklich starrte Paul in die Dunkelheit. Sein Blick blieb an dem Mond hängen. Er dachte an Jenny. Wie sehr er sie vermisste. Er stellte sich vor, wie er in dem Moment mit ihr aneinander gekuschelt in den Himmel schaute und sich Gedanken über die Baupläne machten. Neulich war Jenny Feuer und Flamme, als Pauls selbstgezeichneten Bauskizze erneuerten und sich das Eigenheim in ihrem Kopf so vorstellte, als ob es das gemeinsame Bauprojekt der beiden war. Natürlich war das ihr gemeinsames Projekt, denn Jenny war seine Frau, und für sie würde Paul alle Wünsche, sofern sie machbar waren, erfüllen. Lisa liess Paul noch einen Moment alleine auf der Terrasse zurück. Leise sprach Paul zu dem Mond:"Jenny, du fehlst mir! Ich spüre, dass du in der Nähe bist, aber wo? Ich werde dich eines Tages in die Armen schliessen und dich nie wieder loslassen!" Eine Träne kullerte an Pauls Wange empor. Zufällig hörte Lisa das Gespräch mit und sie hatte Mitleid mit ihrem Bruder. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihren Armen. Zu gerne hätte sie seine Frau kennengelernt und ihren Bruder wieder glücklich gesehen.

Auch Jenny konnte in dieser Nacht kein Auge zumachen. Zu sehr wühlte ihr das Gespräch eben mit Alex auf. Sie wälzte sich im Bett hin und her, stand schliesslich genervt auf und ging auf das Fenster zu. Aus der Kommode fischte sie das dunkelblaue Polizeihemd von Paul aus der Schublade heraus und roch daran. Pauls Duft. Sie schaute den Mond an und wisperte so leise:"Paul, wo bist du? Du kannst mich nicht einfach benutzt haben! Ich kann mir das doch nicht eingebildet haben, dass du deine Liebe mir gegenüber vorgegaukelt hast...ich vermisse deine Umarmung, dein Lächeln...man, ich liebe dich doch!". Ganz leise begann Jenny zu schluchzen und merkte nicht, dass hinter ihr die Schlafzimmertür einen Spalt geöffnet war. Nachdem Alex die Tür hinter sich zugemacht hatte, musste er erstmal sacken lassen, was er gerade gehört hatte. In der Küche brannte noch das Licht und Alex suchte seine Mutter auf. „Mama? Ich brauche deine Hilfe!", sprach Alex so leise. Viola erschrak, als sie Alex blasses Gesicht sah. „Was ist los, mein Junge?"     

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt