No. 83

186 16 3
                                    


Von ihrer Stiefschwester Ayda hatte Dana erfahren, dass sie mehr Übung im Schlagzeug brauchte. So kam Dana auf die Idee, ein Schlagzeug von ihrem guten Freund auszuleihen, damit ihre Schwester neben der Schule weiter ihre Übung im Schlagzeug ausbauen konnte und fragte Andrea um Erlaubnis. Die Mutter schien die Idee zu gefallen und willigte ein. „Wie sagen wir das dem Papa?", war Danas Sorge und Andrea ermutigte sie in ihrem Vorhaben. „Überlass das mir mit Papa und du kümmerst dich um das Schlagzeug, ok?" „Danke!" Aus Dankbarkeit umarmte Dana ihre Stiefmutter, zu der sie ein gutes Verhältnis hatte. „Ich werde mal meinen Kumpel anrufen, ob es heute noch machbar ist", lächelte Dana und nahm aus ihrer hinteren Hosentasche das Handy und wählte die Nummer des Freundes an. „Ayda wird sich freuen.", meinte die Mutter und Dana stimmte ihr zu. Nach einer Weile kam Dana zurück in die Küche, half Andrea beim Abendessen vorbereiten. „Hurra, es klappt! Heute wird es noch vorbeigebracht." „Hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht", war Andrea erstaunt und nun war es an ihr, Semir die Nachricht schonend zu übermitteln. Das Gespräch zwischen den beiden Frauen verlief in harmonischer Atomsphäre zwischen dem Gemüse schnippeln und dampfende Kochtöpfe auf dem Herd. Dana erzählte von der Polizeiakademie und wie gut sie sich mit ihrem Mitschüler Nuri verstand. Andrea nippte zwischendurch an ihrem Glas Rotwein und erzählte von ihrer früheren Studienzeit. „Ach, was für Zeiten wir damals erlebt haben." „Voll krass", meinte Dana und das Lachen war bis ins Wohnzimmer zu hören, wo sich Ayda und Lilly auf die Couch bequem gemacht hatten, sich in ein Buch bzw. in einem Serienfilm vertieft waren. „Das Essen ist gleich fertig, langsam müsste Papa heim kommen", blickte Dana auf die Küchenuhr und Andrea seufzte glücklich.

Auch Paul konnte in dieser Nacht kein Auge zumachen, zu sehr wühlte ihm die Sache mit Jenny und dem unbekannten Mann auf. Länger konnte Paul es nicht mehr im Bett aushalten, sein Kopf pochte. Er stand auf, warf einen Blick durch das Fenster. Von draussen leuchtete der Mond durch die grosse Fenster, Paul stand am Schreibtisch und sah sich die Entwürfe an, die Jenny vor einiger Zeit gezeichnet hatte, wie sie sich die Wohnräume vorstellte. Ein Lächeln schlich sich auf seinen Mundwickel. Auf einmal erinnerte sich Paul, wie glücklich Jenny in ihrem Element war, als sie ihm die geänderten Skizzen zeigte und alles so erklärte, warum es so passend war oder was man ändern konnte. Er sah sich das alles nochmal genau an und in ihm kam der Entschluss auf, genau nach Jennys Vorstellungen, die angefangene Baustelle in Deutschland fertig zu modernisieren. Das nötige Kapital hatte er ja jetzt, dank Jennys Glücksbringer beim Spielkasino. Paul betrachtete den Ring, der an seiner silbernen Kette befestigt war, der auf dem Schreibtisch lag. Er nahm ihn zwischen den beiden Fingern und schaute gedankenverloren daran. Mit der Kette in der Hand festhaltend, setzte er sich an den Schreibtisch, knipste die kleine Tischlampe an. Er wühlte in der Schublade des chaotischen Schreibtisches nach einem grossen Briefumschlag, steckte die Skizzen ein und adressierte sie nach Deutschland zu seiner Schwester Lisa, mit der Bitte, dies alles zu dem Architekten, der auch Lisa betreute, zu beauftragen und das Bauvorhaben fortzuführen. Mit einem lauten Seufzer starrte Paul noch eine Weile auf den Umschlag und sein Bauchgefühl gab ihm zu verstehen, dass er die richtige Entscheidung getroffen habe. Er ging mit nur einem Boxershort bekleidet ins Bad, küsste den Ring und legte den auf die Ablage, liess sich kaltes Wasser auf sein Gesicht klatschen und sah sich im Spiegel an. So ernst und dennoch so traurig sah sein Spiegelbild aus, im Hintergrund sah Paul verschwommen Jennys zauberhaftes Lächeln, das langsam wieder verschwand und er vermisste sie schon sehr. Ihre Nähe, ihre Stimme, ihre Berührungen und vor allem ihr Lächeln... Nachdenklich ging er in die Küche, stand vor dem geöffneten Kühlschrank und schaute sich deren Inhalt an. Der Kühlschrank zeigte eine gähnende Leere, nur eine Bierflasche lächelte ihn an. Er griff nach der letzte Bierflasche und knackte den Bierdeckel ab, trank einen kräftigen Schluck, das kalt den Speiseröhre runterlief. Er schlenderte in den Wohnbereich auf die grossen Fenster zu, öffnete diese und ein kräftiger Meereswind blies hinein. Er roch die Frische, verbunden mit einer Meeresbrise und ging hinaus in die dunkle Nacht, der Mond leuchtete schwach auf den Balkon. Das Meer rauschte ganz leise vor sich hin, Pauls Blicke waren auf dem weiten Meer gerichtet, dessen Horizont man in der Dunkelheit gar nicht erkennen konnte. Mit der Flasche Bier in der Hand träumte Paul still vor sich hin und machte sich Gedanken über seine Zukunft, wie es wohl weitergehen würde. Seine vordere Mähne wehte im Wind. Zum ersten Mal in seinem Leben vermisste er das Gefühl nach Geborgenheit, Wärme und Liebe. Die wechselnden Frauen hatte Paul langsam satt, denn nur eine schien ihn fasziniert zu haben, Jenny! Ihr würde er all seine ganze Liebe schenken, seiner Pretty woman. Sie war was Besonderes und hatte ihm gehörig den Kopf verdreht! Während Paul von seiner Pretty woman träumte, erschien wie aus dem Nichts Jenny, die am Strand zur Holztreppe des Strandhauses spaziert ankam. Sie hatte sich die Sneakers ausgezogen und hielt sie in ihrer Hand fest, als sie barfuss durch den weichen, kühlen Sand entlang ging und nun vor Paul stand, der überrascht war, als er Jenny leibhaftig vor sich stehen sah. Träumte er von einem Fata Morgana oder war es tatsächlich seine Frau? „Jenny?", flüsterte Paul so leise wie die Nacht und auch Jenny sprach ein leises „Paul!" Mit ihren leuchteten Augen und dem zauberhaften Lächeln sah sie Paul tief an, das voller Freude war...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt