No. 164

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Vorsichtig streckte Jenny den Kopf durch die Tür, dass ins Wohnzimmer führte und sah eine Person auf der Terrasse stehen. Jenny konnte nicht sofort erkennen, wer es war und kam mit langsamen Schritten an das Fenster. Erst jetzt erkannte sie die Frau, die mit der Hand winkte. „Hallo!" Jenny stand nun vor Kimberley, die Jenny genauer unter die Lupe nahm und ihr Lächeln erschien. „Hi, dich kenne ich doch!" Kimberley war eine gute Freundin von Paul und arbeitete im Hotel. „Ich war joggen und hatte Licht gesehen." Ein wenig verlegen standen die Frauen auf der Terrasse, als Jenny Kimberley hereinbat. „Komm doch rein." „Gerne, ist Paul auch da?" „Nein, ich bin alleine." An Kimberleys Gesichtsausdruck konnte Jenny erkennen, dass diese die Stirn runzelte. „Es ist eine lange Geschichte", meinte Jenny, „möchtest du was trinken?" „Wasser reicht, danke!" Während Jenny nach einer Flasche Wasser suchte, die noch vorrätig war, sah sich Kimberley im Wohnzimmer herum. „Sehr schön hat es Paul hier! Nur was ich komisch fand, in den letzten Tagen war ein Makler hier vor dem Haus mit Kaufinteressenten. Weisst du was darüber?" Jenny kam mit der Flasche Wasser und zwei Gläsern zurück und schlug vor, auf die Terrasse zu gehen. Kimberley folgte ihr und nahm neben Jenny Platz auf der Hollywoodschaukel. „Paul möchte das Strandhaus verkaufen", begann Jenny nun zu erzählen, wie es dazu kam und unter anderem, dass Paul momentan im Krankenhaus war. Kimberley hörte ihr aufmerksam zu und unterbrach sie nicht. Nachdem Jenny die ganze Geschichte geschildert hatte, fühlte Kimberley Mitleid mit ihr und nahm sie in die Armen. „Es wird alles wieder gut!" Mit Tränen in den Augen dankte Jenny Kimberley fürs Zuhören. „Ich wünschte, es wäre anders verlaufen, dann wäre Paul nicht im Krankenhaus." „Es ist halt passiert, mach dir keine Vorwürfe! So wie ich Paul kenne, kommt der wieder auf die Beinen", sprach Kimberley und Jenny wischte sich die Tränen von den Wangen. „Ich hoffe es!" „Ich habe Paul nicht mehr so glücklich gesehen. Er kann stolz sein, dich getroffen zu haben. Du scheinst etwas in ihm auszulösen, was sonst keine andere Frau schaffte." Bei diesem Satz musste sogar Jenny schmunzeln. „Paul bringt mich zum Lachen. Mit ihm fühle ich mich glücklich wie schon so lange nicht mehr." „Weisst du, Paul hatte sich wirklich Sorgen um dich gemacht, als du plötzlich verschwunden warst", erinnerte sich Kimberley, als Paul sie mehrmals anrief und sie darum bat, einen Blick ins Strandhaus zu werfen, in der Hoffnung, Jenny war da. Fehlanzeige. „Daran war mein Ex schuld! Der ganze Mist war auf ihn gewachsen. Wie konnte ich so einen Menschen lieben, den ich mal heiraten wollte?" Jenny stiess einen lauten Seufzer raus und Kimberley streichelte mit der Hand auf Jennys Handrücken. „Zum Glück hast du es nicht getan, sondern den Richtigen geheiratet, nämlich Paul." „Einen besseren Mann hätte ich mir nicht wünschen können. Ich hoffe nur, er verzeiht mir und wir können neu durchstarten", sagte Jenny und sah dabei in Kimberleys Augen. „Ich habe wirklich überreagiert mit der Scheidung." „Das kriegt ihr wieder auf die Reihe, da bin ich mir absolut sicher." Da Jenny Kimberley erst jetzt privat näher kennenlernte, fühlte sie in Kimberley eine ehrliche Person und war froh, mit Jemanden zu reden. Nun wollte Kimberley wissen, was Jenny nach Kalifornien trieb. „Willst du das wirklich wissen?", lächelte Jenny und Kimberleys Augen weiteten sich.

Kurz nach Charlotte kam Semir seinen Partner besuchen und als dieser gegangen war, blieb Paul alleine zurück im Zimmer. Lisa kam im Laufe des Abends kurz vorbei und brachte ihrem Bruder Wechselklamotten und Magazinen übers Surfen. „Hier, damit es dir nicht langweilig wird", grinste Lisa und legte die Zeitschriften auf den Tisch. „Sag mal, könntest du mir bitte morgen den Akkukabel von meinem Smartphone mitbringen? Mein Handy hat den Saft alle", bat Paul und Lisa nickte. „Heute kam ein Brief per Einschreiben für dich", fragend sah Lisa Paul an, doch der zuckte nur mit den Schultern. „Von wem?" „Da stand irgendeine Anwaltskanzlei drauf." Kurz überlegte Paul, worum es sich handeln konnte und es fiel ihm dann ein. „Ach, das...ähm, nicht so wichtig." Paul kannte seine Schwester gut genug und wechselte das Thema, ehe Lisa ihn nach dem Brief ausfragen konnte. „Hast du Jenny erreicht?" Lisa wollte Paul nicht ansehen und tat so, als ob sie kurz mal in die Tasche schauen müsste. Dabei verneinte sie. „Darf ich dein Handy haben? Ich möchte Jenny anrufen. Du hast ihre Nummer, oder?" Lisa gab Paul ihr Handy und sah ihn dabei zu, wie er auf dem Display nach Jennys Namen scrollte und den Anruf tätigte. „Komisch, nur die Mailbox." Traurig gab er Lisa das Handy zurück. An Lisas Blicken konnte Paul erkennen, dass sie ihm etwas verschwieg. „Komm, du weisst doch was!" „Was meinst du?" „Lisa, sage mir bitte, wo Jenny ist!" Lisa wusste, dass Paul niemals aufgeben würde, nachzufragen. Einerseits tat es ihr leid, Paul im Ungewisseren zu lassen, andererseits wollte sie die Überraschung nicht verraten. „Du gibst doch eh keine Ruhe! Na gut, Jenny ist in geheimer Mission unterwegs." „Hä?" „Das reicht, mehr sage ich nicht!", schaute Lisa auf die Armbanduhr, „oh, so spät schon? Ich muss los, bis morgen!" Lisa umarmte Paul zum Abschied. „Brüderchen, mach dir wirklich keine Sorgen! Jenny tut schon das Richtige." Mit diesem Satz liess Lisa Paul verwirrt stehen und ging zur Tür hinaus. Eine Weile starrte Paul gedankenverloren der Tür hinterher und grübelte über den letzten Satz seiner Schwester. Was hat Jenny denn vor? Gerade wollte sich Paul mit dem Surfmagazin gemütlich im Bett machen, als die Tür leise aufging und ein schwarzer Schuh den Boden berührte. Ganz langsam kam die Gestalt durch die Tür herein. Paul sah vom Magazin auf und verdrehte genervt seine Augen. „Was wollen Sie hier?"

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt