No. 89

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Als der Reiserucksack auf dem Boden plumpste, Paul lässig mit der Sonnenbrille auf seiner Nase seinen Arm auf die Theke stützte, schaute Alex mit einem kühlen Blick zu dem Gast rüber. „Hi, Paul! How are you?" fragte Kimberley, als sie Paul sah. „Hi, i am fine!", grüsste er zurück und nahm seine Sonnenbrille ab und steckte sie am T-Shirt fest. Das Gesicht kam Alex bekannt vor, irgendwo hatte er es mal gesehen. Dann fiel es ihm ein, das war der Typ, der gestern am Strand von einem der Rettungsschwimmer gerettet wurde und Jenny so fixiert auf ihn war, als ob sie ihn kannte. Schnell senkte Alex sein Gesicht zur anderen Seite und bekam von Kimberley einige Informationen zu den gewünschten Flügen. „Ich werde es mir in aller Ruhe ansehen, Sie können den nächsten Gast bedienen", sprach Alex zu Kimberley. Er war neugierig, ob dieser blonden Typ was mit Jennys komischem Verhalten zu tun hatte. „Ganz wie Sie wünschen, Mister ...", nickte Kimberley und Alex fiel ihr schnell ins Wort, ehe sie seinen Nachnamen aussprach. „Alles gut!" Alex drehte sich mit dem Rücken zu Paul und tat so, als ob er die Flüge genau studierte. Er hörte das Gespräch zwischen Kimberley und Paul mit, anscheinend kannten die beiden sich gut. Kimberley kam hinter der Rezeption hervor, umarmte Paul kurz und wollte an ihren Platz zurückgehen. „Was kann ich für dich tun? Möchtest du hier ins Hotel einziehen?", lachte die Freundin, als sie den grossen Reiserucksack bei Paul sah. „Nein, ich fühle mich zuhause pudelwohl! Ich möchte zu Jenny, ist sie da? Sage mir bitte die Zimmernummer, dann kann ich selber zu ihr gehen. Es ist wichtig!" Alex horchte auf, als die beiden über Jenny sprachen. Seine Verlobte Jenny. „Auch wenn wir gute Freunden sind, mir sind die Hände gebunden, was den Datenschutz der Gäste angeht." Kimberley sah Pauls Gesicht, das einen Seufzer rausliess. „Ich rufe sie mal an, vielleicht darfst du dann hoch?" „Du bist die Beste!", setzte Paul sein charmantes Lächeln auf. Während Kimberley die Nummer des Zimmers anwählte, schauten sich Paul und Alex kurz an, wortlos drehten beide die Köpfe wieder in die andere Richtung. In Alex stieg der Zorn auf. „Was will der Typ von Jenny?", war sein Gedanke. „Es geht keiner ran", legte die Frau den Telefonhörer auf. Alex war erleichtert, aber Paul wunderte sich, wo seine Pretty woman war. Bei ihm zuhause war sie nicht und hier war sie auch nicht. „Shit! Wo kann sie nur sein?", kratzte sich Paul an seinem rechten Augenbraunen. „Bei dir?", blinzelte Kimberley mit ihren Augen und musste dabei schmunzeln. Klar, sie wusste, dass Paul sehr gut aussah und welche Frau fand ihn nicht anziehend? „Wäre ich dann hier?", kurz trippelte Paul mit seinen Finger auf der Theke, dann fiel ihm ein, dass er einen Brief geschrieben hatte für den Notfall, sollte er Jenny nicht antreffen. „Kannst du mir einen Gefallen tun? Gib bitte Jenny den Brief, es ist wichtig! Nur Jenny und sonst keinen anderen!" Paul rückte den Briefumschlag aus dem Rucksack und nahm deren Inhalt heraus. Kimberley reichte ihm einen Kugelschreiber. Auf der Rückseite schrieb er noch:"Ich konnte Dich im Hotel nicht antreffen. Wenn Du den Flug heute nicht schaffen solltest, nimm bitte den Hausschlüssel und warte zuhause auf mich. Ich werde Dich von unterwegs anrufen! Mach es Dir schon mal gemütlich in Deinem neuen Zuhause, ich liebe Dich!" Neben dem Brief steckte Paul auch den Hausschlüssel an einem Schlüsselanhänger mit dem Aufdruck Home Sweet Home in den Briefumschlag und klebte ihn diesmal richtig zu. Bevor er den Brief Kimberley übergab, küsste er den Brief und sagte zu ihr:"Pass bitte gut auf den Brief auf und gib ihn nur Jenny!" Die Freundin versprach ihm, den Brief gut zu behüten. Auf die Frage der Freundin, warum er einen Reiserucksack bei sich hatte, erzählte Paul ihr, dass er einen Anruf von seiner Schwester aus Deutschland bekommen hatte und dass sie seine Hilfe brauchte. „Oh, ich muss jetzt zum Flughafen", umarmte Paul Kimberley zum Abschied und mit dem Finger deutete er noch mal auf den Brief, den Kimberley in ihren Händen festhielt, „denk an den Brief!" „Der hat aber Gewicht!", lächelte die Freundin. Gerade hielt ein gelbes Taxi vor dem Hotel, das neue Gäste vom Flughafen brachte. Paul wartete einen Moment und stieg daraufhin in das Taxi, das ihn zum Flughafen brachte. Jenny kam gerade aus der Dusche, mit einem grossen Handtuch um ihren Körper gewickelt, ging sie wie in Trance zum Fenster und sah hinunter auf das gelbe Taxidach, das gerade vom Hotel wegfuhr. Sie hatte gerade was Trauriges gespürt, verwarf ihr Gefühl gleich wieder. „Ist eh nur ein Taxi." Jenny zog sich um, packte ihre Sachen in den grossen Koffer und ihr fiel ein, dass die kleine Reisetasche noch bei Paul war, mit der sie nach Huntington Beach und Las Vegas gereist war. „Jetzt fehlt nur noch das Gespräch mit Alex, dann kann ich in mein neues Leben starten", freute sich Jenny innerlich. Sie nahm sich noch vor, ihren Vater darüber zu informieren und der PAST ihre Kündigung einzureichen. Die PAST war ihre Familie, quasi ihr zweites Zuhause. Aber jetzt hatte sie ihr Herz Zuhause bei Paul, dem Sunnyboy, gefunden. Und den wollte sie nicht mehr hergeben. Als Kimberley Pauls Brief in das kleine Fach mit der Zimmernummer von Jenny steckte, beobachtete Alex dies. „Kann ich Ihnen weiterhelfen?", fragte die Frau freundlich und Alex verneinte. „Ich müsste noch telefonieren, was klären", meinte er und Kimberley nickte. Dann rief ihr ein Kollege Kimberley nach hinten zum Fahrstuhl, eine ältere Dame zu stützen. Als Kimberley ausser Reichweite war, nutzte Alex die Gelegenheit und machte sich an dem kleinen Fach zu schaffen. Schnell versteckte er den Brief in seine Lederjacke und ging in die kleine Minibar, das in der Empfangshalle war. Er suchte sich ein ruhiges Plätzchen, das nicht so auffällig war und starrte auf den Briefumschlag. Jenny stand in grosser Schrift darauf. Zögernd riss Alex den Brief auf...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt