No. 189

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Hand in Hand gingen die beiden auf das neue Eigenheim zu. Paul liess Jenny den Vortritt und voller Neugier betrat sie das Haus, das Paul für die beiden baute. „War es richtig, dass ich mitgekommen war?", dachte Jenny noch kurz und ihre Gedanken verschwanden auch ganz schnell wieder. Im breiten Flur war noch die Baustelle, die Wände teilweise weiss gestrichen, die Fenster schön lang, so dass der Flur bei helllichten Tage eine warme Atomsphäre ausstrahlten. „Sorry, dass es so chaotisch aussieht", sagte Paul, als er die Haustür ins Schloss warf. „Das ist so schön", geriet Jenny ins Schwärmen. Obwohl Jenny noch nie bei Paul zu Hause war, war sie von dem Anblick der Wohnräume so begeistert. „Du hast sie nach den Plänen umbauen lassen? Ich meine, was ich gezeichnet hatte, in Kalifornien...", Jenny liess Luna los und diese schnupperte vorsichtig im Flur. „Ja, deine Ideen haben mir sehr gut gefallen und ich wollte dir eine Freude machen, aber...", traurig brach Paul mitten im Satz ab. Er hätte nie für möglich gehalten, dass Steine in den Weg gelegt wurden, die sein Eheglück gefährdeten. Paul hatte sich ein Leben mit Jenny vorgestellt. Was die Baupläne angingen, Paul wollte seiner Frau eine Freude machen und ihre kreativen Ideen in die Tat umsetzen lassen. „Aber was?", fragte Jenny mit zittriger Stimme und sah dabei Paul an, der sich an seinem Hinterkopf kratzte. Jetzt standen die beiden in der Küche, die tatsächlich eine Kochinsel hatte, so wie Jenny sie bei Paul im Strandhaus in Kalifornien liebte. Es zeigte sehr viel Platz, denn der Grossteil der Küche war aufgebaut, nur das Einräumen war noch nicht fertig. In der Ecke standen zwei Kartons mit Geschirr und Töpfe. Paul hatte nur das Notwendigste auf die Arbeitsplatte gestellt. Unter anderem entdeckte sie Pauls grüne Lieblingstasse, in dem er sehr gerne seinen Kaffee trank. „Ich hatte bis zuletzt gehofft, dass es auch dein Zuhause wird. Dass du dich wohl fühlst hier, und dich willkommen fühlst, hier im Home Sweet Home." Jenny schluckte schwer und ihr kamen Tränen in die Augen. Sie drehte sich um und sah zu Luna, die ihr in die Küche gefolgt war. „Ich habe unsere Zukunft kaputtgemacht. Ich habe nicht für uns gekämpft!" Jenny drehte sich wieder um und Paul war ihr näher gekommen. Ihr Gesicht war mit Tränen aufgelöst. „Ich mit meiner Egoismus!" Paul nahm sie einfach in seine Armen und nun brach Jenny in Weinen aus. Sie hielt sich mit ihren Armen fest um Paul. Wie sehr sie das vermisst hatte, so tröstend umarmt zu werden. Sie verlor sich in seinem wunderbaren Duft. Geborgenheit in seinen starken Armen, die sich beschützend um sie lagen, wenn es ihr nicht gut ging. „Paul...", wisperte Jenny, doch er streichelte ihren Hinterkopf so beruhigend, dass Jenny langsam aufhörte zu weinen. „Paul, das hat noch nie ein Mann für mich getan...und ich war gar nicht da, als du mich am meistens gebraucht hattest, im Krankenhaus...und der Unfall...". Paul löste sich aus der Umarmung und sah Jenny mit eindringlichem Blick an. „Jenny, hör auf, dir Vorwürfe zu machen! Der Unfall war passiert...und ich bin dir wirklich sehr dankbar, dass du nicht vom Krankenbett gewichen bist! Und dem da oben danke ich auch, sonst wäre ich wer weiss wo und hätte dich nie wieder gesehen." Die darauffolgenden Sekunden wurden zu einem melancholischen Moment... Die durchgenässten Klamotten klebten an ihren Körper, die Haare waren feucht und das funkelnde Leuchten der Augen. Jenny und Paul verharrten in dem Moment des Stillschweigens. Beide begannen gleichzeitig zu reden. „Jenny, ich weiss jetzt...". „Semir hat mir alles erzählt,...". Ein warmes Lächeln erhaschte über deren Gesichter. „Du zuerst", bestand Jenny darauf und Paul begann von dem Tag mit Charlotte am See zu erzählen. „Durch die K.O.-Tropfen konnte ich nicht mehr erinnern, was dann geschah. Aber Charlotte hat mir geschworen, dass es keinen Sex zwischen uns gab." Jenny verkürzte den Abstand zu Paul und legte ihre Hand auf seine. „Semir hat mir die Geschichte auch erzählt. Ich wünschte, ich hätte es früher erfahren. Dann wäre dieser verdammte Unfall nicht geschehen. Unser Kind würde leben...". Mit Tränen in den Augen ragte Jenny ihr Kinn zu Paul hoch. Auch dieser hatte feuchte Augen. Seine Hand umschloss die von Jenny. „Alex hatte Charlotte mit einer brisanten Akte, die beim BKA vorliegt, erpresst. Sie sollte einen Keil zwischen uns treiben, was auch fast gut geklappt hatte." „Es tut mir wirklich leid, dass ich dir immer wieder vorgeworfen habe, dass du den gefälschten Brief geschrieben hast. Und die Scheidung obendrauf, von der ich so besessen war. Und ich habe dich heute mit Charlotte gesehen. In inniger Umarmung." „Ach, du warst heute schon mal hier?" Jenny wich Pauls Blicke aus. „Jenny, das war ein Abschiedsmoment zwischen Charlotte und mir. Wir werden erstmal keinen Kontakt haben. Keine Ahnung, was jetzt mit ihr geschieht. Eine Haftstrafe oder was auch immer. Unser Vertrauen ist verspielt. Das weiss Charlotte auch und irgendwann, eines Tages werde ich ihr das verzeihen. Ich wollte, dass wir im Guten auseinander gehen." „Bei mir ist das Gespräch mit Alex anders verlaufen. Nicht so wie bei dir. Wie konnte ich mich so in ihm täuschen? Ich meine, ich hatte Alex mal geliebt." Paul nahm Jennys Gesicht zwischen seine Hände. „Mein Herz gehört nur dir. Nur dir, hörst du?" Man hörte ein tiefes Ausatmen bei Jenny. „Verzeihst du mir, Paul?" Jennys Tränen kullerten wieder und Paul strich mit seinen Daumen an ihrer Wange die Tränen weg. „Jenny, wer liebt, verzeiht!" Jenny fiel eine Last vom Herzen, als sie Pauls letzten Satz hörte. Seine Stirn lehnte sich an die von Jenny. Mit den Händen hielt sich Jenny an Pauls Oberkörper fest. Schwer atmend sahen sich die beiden in die Augen, die zu leuchten begannen. Vorsichtig berührten sich ihre Lippen zu einem Kuss, aus dem ein sehr inniger und leidenschaftlicher Zungenkuss wurde. Der Zauber der Liebe war zurückgekehrt. 

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt