No. 170

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„Hallo, Frau Dorn, das hier ist das Ehepaar Dertings." Der Makler stellte die beiden Jenny vor. „Hallo", grüsste Jenny zurück. Die Frau musterte Jenny ein wenig argwöhnisch von oben bis unten an. Dies entging Jenny nicht und sie bemühte um ein freundliches Auftreten. „So, dann wollen wir mal im Haus umsehen, ist Ihnen das Recht?", fragte der Makler Jenny und diese nickte. Sie ging voraus in das grosse Wohnzimmer, die anderen drei hinter Jenny folgten ihr nach. „Ah, wie schön! Guck mal, Schatz, wie traumhaft der Strand ist!" Die Frau löste sich aus dem Arm ihres Mannes und stöckelte auf das grosse Fenster zu, die weiter nach draussen auf die Terrasse führte. „Komm her, Schatz!" Die piepsige Stimme der Frau hallte durch den grossen Raum, ihr Mann stand ein wenig verlegen neben seiner Frau und bemerkte die Blicke von dem Makler und Jenny, die auf die beiden gerichtet waren. „Herrlich, diese Ruhe! Ist es denn immer so ruhig hier?", wollte der Mann wissen. Herr Johnson überliess die Antwort Jenny. „Ja, abends eigentlich schon, aber tagsüber ist es fast voll. Touristen, verstehen Sie?" Herr Dertings, der Herr im feinen Anzug, dessen Krawatte nicht zu dem Anzug passte, nickte wortlos. Der Makler entschuldigte sich von der Gruppe, da ihm ein Anruf entgegenkam. Das war die Gelegenheit, und dies nutze Jenny aus. „Frühmorgens sind schon die ersten Leute da, gegen Mittag schon schreiende Kinder. Manchmal landen Frisbee hier auf der Terrasse", lächelte Jenny gekünstelt, was dem feinen Herrn gar nicht passte. „Dann habe ich hier keine Ruhe für Geschäftsessen mit meinen Leuten." Seine Frau bemerkte die Anspannung ihres Mannes und überspielte die bissige Bemerkung. „Kinder wollen doch auch nur spielen, Schatz." Jenny rupfte die Nase und ihre Neugier war geweckt. „Haben Sie Kinder?" Erst zögerte die Frau mit der Antwort, aber als ihr Mann ausser Hörweite war, sagte sie:"Ich habe zwei Kinder, die leben bei meinem Ex-Mann. Mein Mann kann keine schreiende Kinder ausstehen." „Oh", meinte Jenny nur. Es war der Frau unangenehm, wie sich ihr Mann gegenüber Kindern verhielt. Der Makler gesellte sich wieder zur Gruppe und weiter ging es durch die Küche. Auch an dem hatte der feine Herr was auszusetzen. Als er aus Neugier durch das Küchenfenster zum Nachbargarten sah, schrak er auf, als eine alte Frau vor dem Fenster aufkreuzte und fröhlich zuwinkte. Er ging zwei Schritten zurück und rückte seine Krawatte in richtiger Stellung. „Hier wird jeder freundlich gegrüsst", sagte Jenny, die sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. „Das ist doch nett gemeint, Schatz." Die Frau spürte eine Röte an ihrer Wangen aufsteigen, aber durch das dicke Rouge Puder konnte man es nicht auf dem ersten Blick erkennen. Nun waren sie alle im Schlafzimmer, als wieder das Handy des Maklers klingelte. Auch Jennys Handy klingelte. „Mist! Wenn das Paul ist?", dachte sich Jenny, die die nächste Gelegenheit ausnutzte, um dem Mann den Geschmack des Strandhauses madig zu machen. Wie es der Zufall mochte, joggte gerade Kimberley am Strand vorbei und als sie zufällig ihr Blick am Fenster des Schlafzimmers heftete und der Mann die Vorhänge zur Seite schob, um einen besseren Ausblick zu erhaschen, erschrak er wieder mit einem „Arrrg", als Kimberley auf der Terrasse stand und winkte. „Es kam schon mal vor, dass beim Sex jemand vor dem Fenster stand, aber das stört mich nicht. Die Leute hier sind einfach locker und vor allem freundlich." Herr Dertings sah Jenny fassungslos an, als diese gelassen darauf reagierte und winkte Kimberley zurück. „So, ich glaube, das hier ist nicht das Richtige für uns!" „Aber Schatz,..." „Wir suchen weiter!", beschloss Herr Dertings und der Makler kam wieder in den Raum. „Und wie gefällt Ihnen das Haus?", wollte Herr Johnson wissen. Frau Dertings gefiel es bis auf einige Punkte im Haus, die man erneuern konnte, während Herr Dertings energisch mit dem Kopf schüttelte. „Das kommt nicht in Frage! Suchen Sie weiter, Herr Johnson, am besten ein Haus ohne plagende Kinder, ohne neugierige Nachbarn, die einem beim Sex zuschauen. Komm, Schatz, wir gehen!" Mit diesem Satz liess der hochnäsige Mann den verdutzenden Makler stehen, seine Frau stöckelte hinter ihm her und verschwanden durch die Tür. „Was war das denn, bitte?" Der Makler kratzte sich am Hinterkopf und Jenny zuckte nur ahnungslos mit den Schultern. „Keine Ahnung!"

Derweil haderte Paul mit seiner Entscheidung, ob er die Unterschrift da ansetzen sollte, wie es im Scheidungspapier vorgesehen war. Er war immer kurz davor, mit dem Kugelschreiber seinen Nachnamen zu schreiben, während zu später Stunde in Kalifornien Jenny voller Freude den Kaufvertrag für das Strandhaus unterschrieb. „Herzlichen Glückwunsch!", gratulierte der Makler, als er die Papiere zusammenlegte und sie in den Aktenkoffer steckte. „Sie wissen ja, dass das alles noch beim Notar beglaubigt werden muss, bevor Sie nach Deutschland zurückfliegen." „Geht das so schnell wie möglich?", fragte Jenny. Der Makler schüttelte den Kopf und zählte an den Fingern auf, was alles berücksichtigt werden musste, dass die Abwicklung auch rechtskräftig war. „Und vor allem beim Notar brauchen sie einen Dolmetscher, ohne den geht gar nichts. Wir sind hier in den USA, und hier herrscht eine andere Weltsprache." Jennys Freude bekam einen Dämpfer. „Aber ich versuche das Beste daraus zu machen und in Kürze einen Termin beim Notar zu machen und zeitnah einen Dolmetscher zu finden. Wäre das ok?" Jenny überlegte und fand, dass es die beste Lösung war, als wieder hin und herzufliegen. Das schadet ja der Umwelt. „Eine Bitte hätte ich noch", setzte Jenny noch an, ehe Herr Johnson aufstand. „Ja, was denn?" „Könnten wir die Kaufabwicklung anonym bearbeiten? Ich möchte meinen Mann mit dem Strandhaus überraschen." 

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt