No. 163

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Als Jenny das Hotel mit den fünf Sternen betrat, ging sie auf die Rezeption zu und zu ihrer Verwunderung stand ein älterer Mann dahinter und hatte seinen Blick an den Monitor geheftet. Er sah zu Jenny auf und auf seinem Gesicht bereitete ein freundliches Lächeln. „Guten Tag, was kann ich für Sie tun?", sprach er in englischer Sprache. „Ich wollte nachfragen, ob ich mit einer Frau namens Kimberley sprechen könnte?" „Oh, da muss ich Sie leider enttäuschen. Miss Martin hat heute ihren freien Tag. Vielleicht möchten Sie morgen mal reinkommen?" Der Mann rückte sein Jackett zurecht und schob die Brille auf seiner Nase höher. „Vielen Dank für die Mühe, ich werde dann wiederkommen. Auf Wiedersehen!" Der Chefportier nickte und verabschiedete sich höflich von Jenny. Schon kümmerte sich der Chefportier um die nächsten Gäste, als Jenny kurz in der Eingangshalle stehen blieb und sich einmal herum sah. Viel hatte sich seit ihrem letzten Aufenthalt nicht verändert. Es fühlte sich komisch an, wieder hier zu sein. Nur dass Jenny diesmal nicht hier im Hotel übernachten würde. Mit einem schmunzelnden Lächeln verliess sie das Hotel und ging mit dem rollenden Koffer neben sich auf die Strandpromenade zu, die um diese Uhrzeit von vielen Touristen und Menschen der Stadt überfüllt waren. Es war schon richtig warm hier, bestimmt war das Wetter in Deutschland nicht so herrlich wie hier, dachte sie sich noch, ehe sie die Sonnenbrille hervor holte und sie aufsass. Jenny hatte ein bestimmtes Ziel, und machte sich auf den Weg dorthin.

Vorsichtig versuchte sich Paul aus dem Bett zu bewegen. Bei jeder ausgestreckten Bewegung liess er einen ächzenden Laut aus. „Ich fühle mich eingerostet", sprach er zu sich selber, dachte sich in stillen Gedanken „Und wenn ich so auf dem Surfbrett stehen würde, oh Gott!" und als er mit den Füssen auf dem kalten Boden stand, ging er mit langsamen Schritten im Zimmer auf und ab. Am Kleiderschrank machte er einen kurzen Stopp und durchwühlte seine Sachen nach dem Smartphone. Als er diesen entdeckte, merkte er, dass der Akku leer war. Er brummte was Unmissverständliches, als es an der Tür klopfte. „Ja?" Ein Kopf mit blonden Haaren streckte durch die Tür und sah nur das leere Bett. „Hi", sagte Paul, als er Charlotte sah, die das Zimmer betrat. „Ach, da bist du." Erleichtert atmete Charlotte aus, als sie Paul neben der Tür entdeckte und freute sich, ihn zu sehen. „Man, bin ich froh, dass du endlich aufgewacht bist!" Sie kam auf Paul zu und umarmte ihn ganz feste. Auch wenn es nicht wie gehofft Jenny war, freute sich Paul über ein bekanntes Gesicht und dass er mit Jemanden unterhalten konnte. Die Zeit im Krankenhaus konnte wirklich öde sein. „Wie geht es dir denn?" Langsam lösten die beiden sich aus der Umarmung. „Danke, mir geht es gut. Nur ich wäre jetzt gerne zuhause und hätte Lust auf ein Bier", scherzte Paul. Er kehrte zurück zum Bett, Charlotte folgte ihm und nahm neben ihm Platz auf dem Bett. „Du, sag mal, weisst du vielleicht wo Jenny ist?" Paul hoffte, dass vielleicht wenigstens Charlotte was wusste, nachdem Lisa immer noch nicht mit der Wahrheit herausgerückt war. „Sorry, nein. Wieso?" Verwundert sah sie Paul an und sein Gesichtsausdruck schien traurig zu sein. „Keiner will mir sagen, wo sie ist. Sie ist doch meine Frau." Paul liess seinen Kopf nach unten sinken, für einen Moment hatte Charlotte Mitleid mit ihm. Es hatte sie tief getroffen, als sie erfuhr, dass Paul verheiratet war. Das kam völlig überraschend für sie, hatte sie ihn doch anders in Erinnerung. Ein Typ, der keine längere Beziehung wollte. Sanft strich Charlotte kurz über Pauls Oberschenkel. „Vor ein paar Tagen habe ich Jenny noch hier gesehen. Sie war die ganze Zeit bei dir."

Jenny stand vor dem Strandhaus. Als wäre sie nie weggewesen, kam es ihr dennoch so vertraut vor. Den Koffer nahm sie in die Hand und schleppte sie die Treppenstufen nach oben, bis sie vor der Tür stand. Nachdem sie den Schlüsselbund holte, den Paul ihr in dem Brief mitgegeben hatte, steckte sie den in das Schloss und umdrehte es zweimal, bis die Tür aufsprang. Der Raum wirkte sehr hell, die Sonne schien durch die breiten Fenster, die zur Terrassen führte. Alles war wie immer, wie Jenny sie noch in bester Erinnerung hatte. Ihr erster Gedanke war, der Akku ihres Handys aufzuladen. Sie bog in die Küche ab, das ordentlich aussah. Mit der Hand berührte sie im Vorbeigehen die Kücheninsel, bis sie auf der andere Seite der Arbeitsplatte eine Steckdose fand. Sie ging ins Wohnzimmer und öffnete die Fenster. Eine Brise Wind blies beim Öffnen an ihr Gesicht, ihre Haare flatterten im Wind. Das Meeresrauschen war zu hören, die Sonne befand sich gerade beim Untergang. Als Letzte passierte Jenny das Schlafzimmer. Auch hier war alles in bester Ordnung und als Jenny beschloss, hier auch zu lüften, öffnete sie das Fenster ganz weit auf. Wie im Wohnzimmer blies auch hier ein kräftiger Wind hinein und liess unter der Kommode ein Blatt Papier durchpusten. Beim Verlassen des Zimmers fiel ihr im Blickwinkel zu Boden. Langsam näherte Jenny sich dem Papier und hob es auf. Die Schrift kam ihr bekannt vor, es war ihre eigene Schrift. „Ach Gott, Paul hatte meine Nachricht nicht gelesen!", dachte Jenny, als sie sich wieder zum Fenster umdrehte und zurückerinnerte, was an jenem Tag geschehen war. „Ich war durch dieses Fenster raus gegangen, der Wind hatte es weggepustet. Und von da an nahm das Missverständnis seinen Lauf...". Der Abend brach heran, es wurde langsam dunkel und als Jenny im Haus die Lichter anmachte, begab sie sich in die Küche und sah sich den Kühlschrank an. Angewidert warf sie faules Gemüse in den Müll, als sie ein Klopfen am Fenster im Wohnzimmer hörte...

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt