No. 59

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Jenny versuchte das Gespräch zu lauschen, verstand aber kein Wort. Sie fühlte sich fehl am Platz, als Paul und die Dame lächelten. „Oh, das ist sehr schön!", schwärmte die Dame und setzte ihre Lesebrille wieder auf. Man hörte das Geklimperte der Tastatur und die Stimme flötete:"Wir hätten ein Zimmer frei, das würde gehen." Die Dame blickte vom Monitor auf, sah die beiden an, vor allem Paul. Dieser grinste schief und hatte Erfolg. Paul sah Jenny an und bewegte dabei seine Augenbraunen. „Wir nehmen es", verkürzte Paul das Gespräch und die Frau machte alles fertig. Jenny stand neben Paul und sah ihn mit ihrem frechen Augenblinzeln an. „Wie hast du es geschafft?" „Der Gentlemen geniesst und schweigt", schmunzelte Paul und sah, dass Jenny ihre Augen verdrehte. „Du bist so süss, wenn du grantig wirst", bewegte Paul dabei seine schönen Lippen. „So, wenn Sie es bitte ausfüllen würden", bat die Frau und legte das Anmeldeformular auf die Theke. Paul schnappte sich das Papier und füllte es mit wichtigen Angaben aus. „Wie wollen Sie zahlen? Cash oder mit Karte?", hörte Paul die Stimme hinter der Theke, als er einen kurzen Blick zu Jenny warf, die ihn kurz mit ihren hochgehobenen Mundwickel anlachte. „Wie schafft der es immer, jede Frau um den Finger zu wickeln? Ach ja, hat bei mir auch geklappt", seufzte Jenny still in ihren Gedanken und kurz darauf erschraken die beiden, als die Frau den Preis für das Zimmer nannte. Paul schluckte schwer, auch Jenny hatte damit nicht gerechnet. „Wie bitte?" Jennys Augen waren schockiert, Paul fasste sich schnell wieder zusammen und zückte seine Karte heraus. „Ok, ausnahmsweise! Ich muss ja auch mein Versprechen halten", flüsterte Paul und Jenny hatte Mitleid mit ihm, dass er soviel Geld für den Aufenthalt zahlen musste. „Wir können auch woanders hin", versuchte Jenny einen Kompromiss zu finden. „Nee, lass mal. Das Geld hole ich mir dann im Casino zurück!" Paul war felsenfest davon überzeugt, doch ein wenig Glück zu haben und bei Jenny dagegen war die Freude getrübt. „Ach komm, lass uns den Abend geniessen oder noch besser, die Nacht zum Tag machen." „Na, das nenne ich mal eine Ansage", war Jenny nun über Pauls Sinneswandel erstaunt. Paul bekam seine Karte zurück, die Keycard des Zimmers ausgehändigt und noch einige wichtige Infos, die er in seinem fliessendem Englisch schnell mit der Dame hinter der Rezeption abwickelte. „So, dann wollen wir mal", nahm Paul das Gepäck und wurde von einem Pagen aufgehalten. „Das übernehme ich", nahm der Page das Gepäck von den beiden und ging voraus zum Fahrstuhl. Unaufgefordert folgten Paul und Jenny dem Pagen und zu dritt fuhren sie in das besagte Stockwerk. „So hoch?", staunte Jenny nicht schlecht, als der Zähler des Stockwerkes im Fahrstuhl immer schneller drehte. Kurz grinste Paul und dachte an das liebe Geld, das er durch seine Aufträge von Huchu verdiente und stolz darauf war und nun wieder futsch war. Für seine Pretty woman war ihm kein Preis zu hoch.

Als Semir nach einem langweiligen Arbeitstag nach Hause kam, duftete das Haus nach Backen. Beim Jacken aufhängen rief Semir quer durch den Flur:"Oh, das riecht köstlich! Das riecht wie...", schnupperte Semir an der Nase und war sich nicht sicher, ob es wirklich das war, was er gerade dachte. Da flitzte Lilly mit einem Backblech abgekühlter Baklava in den Flur und hielt ihrem Vater das Backblech vor. „Ihr habt wirklich Baklava gebackt?" Semir war in diesem Moment glücklich und griff nach einem kleinen Stückchen. Andrea stand mit Ayda in der Türschwelle von der Küche zum Flur und sah zu, wie Semir das gute Stückchen in den Mund schob. Seine Augen waren geschlossen und auf seiner Zunge liess er die Baklava zergehen. „Wie kommt das, dass ihr türkisches Gebäck backt? Ich habe doch kein Geburtstag", leckte Semir gerade seine Finger nach Zuckersirup ab. „Wir wollen dir einfach nur eine Freude machen", sagte Andrea, die nun zu ihrem Mann kam und ihn ein Küsschen gab. Lilly schaute zu Ayda und diese zuckte nur mit den Schultern. „Seit Tagen hast du manchmal schlechte Laune, wenn du nach Hause kommst. Da dachten wir, wir tun dir was Gutes", nun pickte Andrea auch ein Stückchen, biss genüsslich davon ab und musste gestehen, dass sie sich selbst übertroffen hatte, denn sie backte das zum ersten Mal. „Woher hast du das Rezept?", fragte Semir und Andrea verriet ihm, dass sie Kemal, Semirs Bruder, angerufen hatte, der zurzeit bei den Eltern zu Besuch in der Türkei war. „Die Übersetzung war nicht einfach", lächelte Andrea. „Ja, ich weiss. Komm mal her, ihr alle!", Semir bereitete seine Armen aus und schloss seine drei Frauen in die Umarmung. „Was für eine tolle Familie ich habe!"

Im letzten Stockwerk angekommen, führte der Page die Gäste zur Suite und beim Öffnen der Tür, strahlte das Zimmer im Glanz der glitzernden Deckenleuchten. Die Suite sah sehr gross aus, Jennys Blick fiel auf das grosse, breite Doppelbett und freute sich. „Endlich mal wieder weiches Polster!" Nachdem Paul dem Pagen Trinkgeld zuschob, schloss er die Tür mit seinem Fuss hinter sich zu und Jenny testete die Matratze. „So, dann wollen wir den Abend krachen lassen", stand Jenny vom Bett auf und hatte den gleichen Gedanken wie Paul. Beide gingen gleichzeitig zum Bad und wollten sich unter die Dusche begeben. Zusammen blieben sie im Türrahmen stecken und lachten. „Zwei Dumme, ein Gedanke", schmunzelte Jenny und Paul spitzte seine Lippen so verführerisch, dass Jenny in dem Moment schmelzen könnte. „Da hätte ich eine schöne Idee." „Dann verrate sie mir doch." Schon hat Paul Jennys Hand in seine Hand genommen und sie mit ins Bad gezogen. „Es ist genügend Platz für uns zwei", sagte Paul, als er Jenny küsste...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt