No. 68

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Als Semir nach einem gutgelaunten Wochenende mit seiner Familie den ersten Tag der Woche auf der PAST eintraf, wurde er von der Sekretärin Susanne mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck vorgewarnt. „Guten Morgen, Susanne!" „Guten Morgen, du hast Besuch in deinem Büro." Mit dem Kopf deutete Susanne wortlos in die Richtung. Durch die abgetrennte Glasscheibe des Büros von Semir und der Grosshalle konnte Semir schlecht erkennen, welcher Besucher sich im Drehstuhl vor dem leeren Schreibtisch befand, das einst Alex gehörte. Susanne ging an das Telefon und nahm das Gespräch an während Semir mit hochgehobenen Augenbraunen das Büro betrat, seine linke Hand blieb jedoch am Türgriff hängen. „Was machen Sie da, bitte?" Semir versuchte höflich zu bleiben, auch wenn ihm der Anblick gar nicht gefiel. Seine rechte Hand ruhte auf dem Holster, in dem seine silberne Dienstwaffe befand, aus. Was war das denn bitte? Ein unbekannter Mann drehte sich einmal pfeifend um und stand bei Semirs Auftritt in der Türschwelle hastig vom Stuhl auf, streckte seine Hand aus. „Guten Morgen, mein Name ist Felix Möller. Mit Ö!" Semir schüttelte leicht seinen Kopf und wusste immer noch nicht, wer der Mann genau war, gab ihm trotzdem seine Hand. „Ja, ich wollte mal den Stuhl testen, wie er sich anfühlt", war der Möller leicht nervös, als er Semirs ärgerliche Blicke sah. Felix war ein dünner Mann mit wenig Muskelpack, so um das Ende dreissig und trug einen Karopullover mit Jeanshose. Sein Gesicht war oval, die dunkelblonden Haare waren nach hinten geigelt und seine Brille erschien ihm zu gross auf der Nase. Nun kam die Krüger aus ihrem Büro. „Morgen, Gerkhan! Schön, dass Sie auch mal da sind!" Semirs Blick wich von Felix zu der Krüger. „Morgen, Chefin! Ja, aber...", Semir warf einen kurzen Blick auf seinen Armbanduhr, „...so spät bin ich doch nicht." „Nicht so wichtig!", wedelte die Krüger mit der Hand und setzte den Satz fort. „Das hier ist der Herr Möller,..." „Ja, mit Ö, das weiss ich bereits", beendete Semir den Satz von der Chefin, die ihn verdutzt ansah. „Für heute ist er Ihr Kollege und wird den Probetag auf Ihrem Beifahrersitz verbringen." Felix setzte sein breites Lachen auf, das ähnlich einem Pferdegebiss zeigte. „Aber...", Semirs Stimme brach ab und führte die Krüger in ihr Büro. „Entschuldigen Sie uns einen kleinen Moment!", wand Semir kurz Felix zu und machte die Tür hinter ihm zu. „Chefin, hatten wir nicht ausgemacht, dass ich über den neuen Partner ein Mitspracherecht habe?", regte sich der kleine, türkische Mann auf. „Ja, das hatten wir. Aber in der letzten Zeit lehnen Sie die Bewerber immer ab", begründete die Krüger ihre Entscheidung. „Und das aus gutem Grunde! Glauben Sie ihm Ernst, er kann mal eine Waffe stillhalten?" Beide schauten durch die Glasscheibe und sahen, wie der Möller wieder Platz auf „seinem" Schreibstuhl einnahm und pfeifend durchs Fenster zu der Krüger und Semir winkte. „Was pfeift der denn so vor sich hin? Das kann ja heiter werden auf der Autobahn mit dem!" Semir rieb sich an seiner Stirn und wollte nicht wahrhaben, dass er den Tag mit dieser Backpfeife verbringen sollte. „Gerkhan! Geben Sie dem armen Mann eine Chance! Laut seiner Bewerbung hat er eine ausgezeichnete Prüfung bestanden." „Das werden wir sehen!", wütend rauschte Semir aus dem Büro und ging sturstracks in die Grosshalle. Im Vorbeigehen rief er noch:"Möller, mitkommen!" Ruckartig sprang der dünne Mann auf und trottete hinter Semir durch die Grosshalle bis nach draussen auf den Parkplatz zum BMW.

Derweil herrschte Hochbetrieb am New Yorker Flughafen. Mit einigen Minuten Verspätung verliess das Flugzeug das Rollfeld, steuerte auf die Startbahn zu, hob ab und flog zum nächsten Ziel, Los Angeles. Nachdem das Flugzeug über den Wolken war, wurden die Passagiere mit Getränke und Speisen von den Stewardessen bedient. Alex sass im Flieger am Gang, wirkte nachdenklich und wurde aus seinen Gedanken gerissen. Amanda stand neben ihm servierte gerade das Getränk für den Passagier am Fenster. „Warum schaust du so traurig?" sprach sie so leise wie möglich, ohne dass Alex Nachbarn, der am Fenster sass, das Gespräch mitbekam. „Nein, bin ich nicht. Ich mache mir einfach zu viele Gedanken." „Da wüsste ich eine gute Ablenkung, ich komme nachher nochmal." Amanda lächelte süffisant, nahm ihre Arbeit wieder auf und Alex Laune besserte sich, dabei zog seinen Mundwickel leicht nach oben.

Paul und Jenny rannten so schnell sie konnten. Der Bodyguard hinter ihnen kam immer gefährlicher nahe. Jedoch Jenny hatte Probleme mit den Stöckelschuhen. Gerade hielt ein gelbes Taxi am Strassenrand an, der Fahrer stieg aus und wollte sich eine kleine Raucherpause gönnen. „Schnell in das Taxi!", rief Paul, der eine geniale Idee hatte und überholte Jenny. Geschickt rutschte Paul mit seinem Po auf der Motorhaube des gelben Taxis ab, schubste den Taxifahrer leicht zur Seite. Mit der angezündeten Zigarette im offenen Munde sah der Mann Paul verständnislos an. „Sorry, darf ich mir Ihr Taxi kurz ausleihen?" Jenny schaffte es gerade noch rechtzeitig, die Beifahrertür zu öffnen und als sie gerade hineinsetzen wollte, gab Paul Vollgas. „He!", rief der Taxifahrer noch hinterher. Der Bodyguard hinter ihnen erreichte mit seiner Hand nur das Heck des Kofferraums. „Ganz knapp!" atmete Paul angestrengt und sah im Rückspiegel, wie der Bodyguard ein herankommendes Fahrzeug anhielt, die Person hinter dem Steuer herauszog, sich selbst ans Steuer setzte und nun die Verfolgung auf Paul aufnahm. Mit aller Kraft zog Jenny die Beifahrertür zu und das Taxi bog mit quietschenden Reifen um die Ecke ab...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt