No. 88

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Lisa fiel nichts anderes ein als diese Notlüge. „Papa hat Gips am Bein." „Deswegen weinst du? Ich höre doch, dass du schluchzt, aber was bitte soll daran so schlimm sein?" Langsam verstand Paul seine Schwester nicht, warum sie so ein Drama daraus machte. „Kannst du bitte heimkommen? Wir brauchen deine Hilfe, wirklich!" „Jetzt nach Hause kommen?" „Ja, sonst würde ich dich nicht bitten, wenn es wirklich wichtig wäre!" Gerade schwankte Paul zwischen Lisa und Jenny, daraufhin beschloss er, Jenny mit nach Hause zu nehmen und sie seiner Familie zu vorstellen. Wann war denn ein guter Zeitpunkt? Den gab es fast nie. Oder wenn man Glück hatte, und im richtigen Moment zur richtigen Zeit erschien. Er konnte Jenny nicht fragen, was sie davon hielt, nach Deutschland zu fliegen, denn sie war nicht bei Paul. Paul wusste nur, dass er Jenny vielleicht im Hotel finden konnte, das sie für die ersten Tage als Aufenthalt gebucht hatte. „Bitte!", flehte Lisa noch einmal und Paul seufzte. „Ich schaue kurz nach einem Flug, bleib mal dran!" Er setzte sich an den Schreibtisch und liess den kleinen Laptop hochfahren, suchte nach einem Flug, das direkt ohne Umsteigen nach Deutschland flog. Schnell wurde er fündig, und sprach zu Lisa, die am anderen Ende am Apparat auf seine Antwort wartete:"Lisa, hier habe ich einen Flug, dieser fliegt am frühen Nachmittag. Kannst du mich dann am Flughafen Düsseldorf abholen, bitte?" „Ja, ok, wann landest du?" Paul schaute nach und gab die Ankunftszeit seiner Schwester bekannt. „Ich werde da sein! Danke Bruderherz, du glaubst nicht, wie sehr ich mich auf dich freue! Und, dann erzählst du mir von Jenny!" Kurz hielt sich Paul seine Augen geschlossen, schmunzelte mit sich selber und verabschiedete sich:"Klar, aber du erzählst mir dann auch von deinem Date! Sage Emilia nicht, dass ich komme, ich möchte sie überraschen!" „Sie wird Freudesprünge machen, da bin ich mir sicher, so sehr wie sie dich vermisst hat." „Ja, ich weiss. Bis dann, Lisa!" Nachdem das Gespräch beendet war, fiel Pauls Blick auf den grossen Umschlag, dieser nahm er und steckte es mitsamt Klamotten und seine geliebte Nike Schuhe in einen Reiserucksack, holte die silberne Kette mit dem Ring daran verbunden aus dem Bad und band sie um seinen Hals, erledigte das Wichtigste mit seinem Mitarbeiter in den kleinen Huchu-Betrieb. Paul erklärte dem Mitarbeiter, dass er wegen einem Notfall in der Familie heim nach Deutschland musste und bei Problemen per Videotelefon jederzeit erreichbar war. Als letztes auf der To-do-Liste stand Jenny. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es nicht mehr lange bis zum Abflug war. „Fuck!", dachte sich Paul, „was nun? Ich schreibe ihr schnell einen Brief und gebe sie bei Kimberley an der Rezeption ab, falls Jenny nicht da ist. Nur zur Sicherheit... Hoffentlich ist Jenny noch im Hotel! Nicht, dass wir uns verpassen!" Während Paul Papier und Stift suchte, genau wie Jenny einige Stunden zuvor an der gleichen Stelle am Schreibtisch, dachte Paul kurz an Jenny, ob sie wieder bei dem Mann im Hotel war. Er spürte, dass er auf den anderen Mann eifersüchtig reagierte, auch wenn Paul den anderen Mann nicht ganz genau angesehen hatte, mehr eher von weitem. Das Gesicht des Mannes war mit Sonnenbrille und einer Baseballkappe abgedeckt. „Meine Pretty woman", schrieb Paul, „ich habe noch nie in meinem ganzen Leben so eine faszinierende Frau wie Dich getroffen, Dein warmes Lächeln lässt mein Herz erwärmen. Jenny, Du bist die Frau, der ich meine ganze Liebe schenken möchte. Meine Schwester hat mich heute Morgen angerufen, ich muss heim nach Deutschland, ein Notfall in meiner Familie. Ich hoffe so sehr, dass du es noch zum Flughafen schaffst, ich würde Dich gerne meiner Familie vorstellen. Der Flug geht um 14 Uhr, habe dir einen Flugticket reserviert. Komm bitte in die Abflughalle X, dort warte ich auf Dich! Ich zähle die Minuten, bis ich dich wieder in meinen Armen schliessen kann! Ich liebe dich bis zum Mond und zurück!

You are the love of my life!

In Liebe, Dein Paul!"

Genau wie Jenny es tat, las Paul den Brief ein zweites Mal und packte es in einen Briefumschlag, klebte es nicht zu und streifte seinen Reiserucksack über die Schulter und mit einem letzten Blick im Wohnbereich schloss er von aussen die Tür zu, legte den Kopf in den Nacken und schaute gegen den Himmel, der klar und sonnig war. Mit der Sonnenbrille auf der Nase sah er das Strandhaus noch einmal an, ehe er sich umdrehte und auf das Hotel zuging, in der Hoffnung, Jenny war im Hotel.

Während Alex an der Rezeption mit Kimberley über die Flüge sprach, lehnte sich Jenny mit dem Rücken an die Zimmertür, die sie gerade hinter sich schloss und seufzte schwer. Um auf andere Gedanken zu kommen, suchte sie in ihrem Handy nach einer ruhigen Musik, die sie entspannt beim Duschen hören wollte. Doch sie war zu aufgeregt und unkonzentriert, dass sie bei den Klamotten ausziehen mit dem Zeh gegen die Duschtür stiess. „Mist!", fluchte sie und rieb sich an der schmerzende Stelle. Gerade lief der Song L-O-V-E ab und eine neue Melodie ertönte. Als ihr der Song bekannt vorkam, lockerte sich Jenny innerlich und liess die Wasserstrahlen über ihren Körper gleiten. Im Hintergrund lief der Song zu dem Titel I Will Always Love you. Stöhnend erinnerte sich Jenny an die letzte, heisse Nacht mit Paul und spürte seine warmen Lippen auf ihrem Körper. Das Kribbeln in ihrem Unterleib machte sie sogar verrückt, dass sie das Verlangen nach Paul in ihr spüren wollte. Sie krallte mit den Händen an den Wandfliesen und ging tiefer in ihren Träumen hinein, zu den Bildern, die Paul mit ihr bei der Erotik zeigte. Derweil betrat Paul das Hotel und ging an die Rezeption...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt