No. 167

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Nach der Visite der Ärzte in der Uniklinik bekam Paul die Nachricht, dass er in zwei Tagen entlassen werden durfte, sobald die nächsten Untersuchungen positiv ausfallen sollte. „Ich dachte schon, ich versauere hier. Ich brauche die Action, darauf freue ich mich!", brachte Paul mit einem kleinen Schmunzeln über die Lippen. Dr. Brentano, der behandelte Arzt, stoppte seine Übereifer. „Da haben Sie mich falsch verstanden. Sie können zwar entlassen werden, aber Sie müssen sich noch zwei Wochen schonen." „Wie? Zwei Wochen? Mir geht es aber gut!" „Nehmen Sie das bitte ernst! Mit Ihrer Kopfverletzung ist nicht zu spassen und halten Sie sich bitte strikt daran, kein Risiko einzugehen!" Paul verzog seine Lippen zu einem Schmollmund. Hatte er sich doch darauf gefreut, endlich wieder mit Semir auf Verbrecherjagd über die Autobahn zu rasen. Seinen Körper wieder in Bewegung zu setzen. „Na gut", gab Paul kleinlaut bei und der Arzt nickte zufrieden. „Und wehe, ich sehe Sie wieder hier!" Dann verliess Dr. Brentano mit den Assistentsärzten das Zimmer und im Vorbeigehen betrat Semir das Zimmer. „Hi, Partner! Wie geht es dir?" Pauls Freude stieg auf, als er Semir sah. Die einzigen Positive am Tag, neben der baldigen Entlassung. „Tja, wie soll es mir schon gehen?" Paul überspielte seine Traurigkeit, die Wut auf Alex und das mangelnde Vertrauen in Jenny. „Komm, lass uns hier rausgehen!" Paul war dabei, sich aus dem Bett aufzurappeln. Er hatte bereits schon Sportklamotten an und nahm auf einem Stuhl Platz, um sich seine geliebte Nike anzuziehen. „Äh, und wo soll es denn hingehen?", fragte Semir verwirrt. „Meinetwegen in den Park, Hauptsache raus hier aus dem Zimmer!" Semir sah Paul dabei zu, wie er den anderen Sneakers anzog und hinter ihm das Zimmer verliess.

Die Nervosität flatterte in Jennys Magen. „Hoffentlich würde alles gut gehen!" Als es an der Tür des Strandhauses klingelte, öffnete Jenny diese und bat den Makler herein. „Hallo, Sie sind Frau...", unterbrach der Makler den Satz und blätterte in seiner Aktenmappe, „...Frau Dorn. Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich bin Herr Johnson." „Freut mich meinerseits." Nachdem sich die beiden die Hände gegeben haben, führte Jenny Herr Johnson durch den grossen Wohnzimmer. „Es sieht sehr schön aus", sagte der Makler, als er sich das Ganze ansah. „Sie wissen ja, dass es einige Interessenten gibt?" Jenny nickte und erzählte dem Makler eine rührende Geschichte, das sich um Paul und seinem demenzkranken Vater handelte und wie sehr glücklich ihr Mann hier im Haus war. Direkt davor das Meer. „Das mag vielleicht schön sein, aber in erster Linie geht es darum, es auch finanziell zu schaffen. Verstehen Sie mich nicht falsch, meine Aufgabe beinhaltet neutral zu sein und nicht nach irgendwelche Geschichten zu urteilen. Der Verkäufer möchte auch den Gewinn aus dem Verkauf haben." Herr Johnson folgte Jenny in die Küche. „Kann ich Ihnen was anbieten?", fragte Jenny, die dabei war, sich aus dem Schrank Gläser zu holen. „Ja, gerne. Wasser wäre nett." Nachdem der Mann den ersten Schluck Wasser zu sich nahm, ging Jenny zur Kochinsel und nahm aus ihrer Handtasche einen Scheck, das sie beim Casino in Las Vegas gewonnen hatte, und überreichte sie dem Makler. „Hier, das könnte meine Anzahlung sein. Und der Rest sollte eigentlich kein Problem sein", lächelte Jenny, als Herr Johnson staunend auf die Summe blickte. Mit der Zunge befeuchte er seine Lippen und räusperte sich. „Das ist aber selten, dass ich sowas vorgelegt bekomme, wie Sie es eben getan haben", Herr Johnson nahm einen weiteren Schluck Wasser aus dem Glas, „Ihnen scheint viel an dem Haus zu liegen." Jenny zeigte ihm ihr breites Lächeln. „Ja, das tut es. Es weckt schöne Erinnerungen." Er gab Jenny den Scheck zurück. „Wie Sie sicherlich wissen, gibt es Kaufinteressenten. Ich schlage vor, lassen wir die Interessenten durch das Haus führen und dann werden wir sehen, wie es weitergeht." „Das wäre nur fair", sagte Jenny und gab ihr Einverständnis. „Wann wollen die denn kommen?" „Wenn es Ihnen recht ist, heute noch?" „Ja, ich hätte Zeit", lächelte Jenny, in der Hoffnung, das alles schnell hinter sich zu bringen und dann heim nach Deutschland zu fliegen, zu Paul. „Ich müsste nur noch schnell einen Anruf machen", deutete der Makler mit dem Kopf zum Wohnzimmer, wedelte mit dem Handy in der Hand und suchte sich eine ruhige Ecke aus. Es dauerte nicht lange und schon stand Herr Johnson wieder in der Küche. „Das Paar würde gerne heute Abend gegen 18 Uhr vorbeikommen, ist das ok?" „Absolut! Danke für Ihre Mühe!" Jenny begleitete den Makler noch bis zur Tür.

„Sag mal, ist wirklich alles in Ordnung mit dir?" Semir sah Paul von der Seite an, als dieser auf ein Pärchen blickte, das auf einer Parkbank engumschlungen sass und sich küsste. „Was soll denn schon sein?" Paul wendete den Blick vom Pärchen ab und blickte zu Semir. Eine Weile waren sie im grossen Park hinter der Uniklinik spazieren. In der Nacht hatte es stark geregnet, der Rasen war noch feucht und am Himmel schien die Sonne ganz schwach. „Du bist ja nicht gesprächig heute. Sonst redest du immer meine Ohren voll", grinste Semir. Kurz lachte Paul auf. „Ich hatte gestern Besuch bekommen. Damit hatte ich gar nicht gerechnet!" „Ach, lass mich raten...eine Krankenschwester?" Während Semir grinsen musste, blieb Paul abrupt stehen. Semir bemerkte, dass Paul nicht mehr neben ihm weiterging und drehte sich um. „Semir, du weisst doch, dass ich verheiratet bin. Also, gibt es für mich keine andere Frauen mehr!" „Ja, ist schon gut. Von wem dann?" Semirs Lächeln wurde im nächsten Augenblick zu einer versteinerten Miene. „Von deinem ehemaligen Partner, dieser Alex", sagte Paul.

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt