No. 174

162 15 7
                                    


Kimberley versuchte Jenny Mut zuzureden, sie sei sich sicher, dass Paul Verständnis für diese Situation hätte. „Meinst du? Ich weiss nicht...", stockend und in Tränen aufgelöst verstummte Jenny, versuchte aber weiter zu sprechen, „...in schweren Stunden war ich einfach nicht da...NICHT DA! ... Paul lag da so leblos im Bett, alles um ihn herum war still. Kein Lachen, keine Stimme, wie du es von ihm kennst!" Aufgebracht wedelte Jenny mit den Armen in der Luft, bis sie die Armen wieder runterliess und sich mit den Händen vor ihrem Gesicht verschränkte. Ein Schluchzen war zu hören. Kimberley nahm Jenny in die Armen und strich sanft an ihrem Hinterkopf. „Psscht, alles gut...vielleicht hätte ich das gleiche wie du gedacht." Eine Weile herrschte Stille, nur das leise Meeresrauschen war zu hören. Der Wind wurde an dem späten Abend frischer und blies kräftig. Kimberley strich an Jennys Gesicht eine Haarsträhne hinters Ohr. Mit dem Daumen wischte sie ihrer Freundin die Tränen weg. „Sieh es mal so, wenn der Verkauf von dem Strandhaus nicht so zeitnah gewesen wäre, dann wärst du in dem Moment bei Paul gewesen, wenn er die Augen öffnet und dich als Erste sieht." „Es ist nicht nur das, das letzte Mal, als wir telefoniert haben, bevor sein Handy nicht mehr funktionierte, kam mir Pauls Stimme so traurig vor. Als ob er irgendwas auf dem Herzen hätte", sagte Jenny, als sie mit Kimberley dem Strandhaus näherte. „Ist noch irgendwas vorgefallen?", wollte Kimberley wissen, um sich ein besseres Bild zu machen. Jenny zuckte nur mit den Schultern, als sie die Treppe zur Terrasse hochging. „Ich weiss nicht...", Jenny drehte sich zu Kimberley um, „...genau, das macht mir Angst! Ich weiss, dass ich überreagiert habe mit der Scheidung, wie blöd von mir. Ich hätte mir die Version von Paul in aller Ruhe anhören sollen, wieso er mit Charlotte im Bett war. Erst der Sache auf dem Grund nachgehen, wozu bin ich Polizistin!" „Jenny, in dem Moment warst du keine Polizistin, sondern eine Frau, die sich betrogen fühlte. Von dem Mann, den du liebst. Klar, dass dein Verstand durcheinander war!" Kimberley rüttelte Jenny sanft an den Schultern, um ihr klarzumachen, schnellstmögliches die Aussprache mit Paul zu suchen. „Rede nochmal mit Paul über die Sache, ich würde an deiner Stelle auch diese Charlotte ins Verhör ziehen! Es muss irgendeinen Grund geben, warum Paul sich nicht an diesen Sex erinnern kann." Jenny blickte Kimberley dankbar an und legte die Armen um Kimberleys Schulter. „Danke! Wenn ich dich nicht hätte...", Jenny lehnte mit ihrer Wange an der Schulter ihrer Freundin und hörte daraufhin:"Dafür sind Freundinnen doch da!"

Eines Abends kam Alex schlecht gelaunt nach Hause. „Mama?", rief Alex quer durch den Flur. „Hier bin ich!", hörte man den Ruf aus dem Gästezimmer schallen. Viola war dabei, ihre Koffer zu packen, als ihr Sohn im Türrahmen stand und erschrocken auf den geöffneten Koffer starrte. „Was wird das? Mama?" Viola hielt gerade einige Klamotten in den Händen, als sie Alex näherte. „Es wird Zeit, dass ich gehe." „Aber wieso das denn?" Viola blickte Alex traurig an. „Ich habe die Hoffnung für Jenny und dich aufgegeben." „Aber, Mama...", Alex umklammerte Violas Hände. „Junge, lass mich bitte ausreden! Ich weiss, dass ich dir meine Hilfe versprochen habe, aber seit Tagen unternimmst du nichts und warum soll ich hier Däumchen drehen, wenn das Leben weitergeht? Glaube mir, Junge, das Leben bietet noch andere Überraschungen an." „Ich weiss doch auch nicht, wo Jenny ist!" Verzweifelt liess sich Alex auf das Bett neben dem Koffer nieder. Viola legte die Klamotten in den Koffer und strich Alex über seinen Kopf. „Lerne Jenny loszulassen, sonst wirst du nicht glücklich in deinem Leben!" In Alex Augen sammelten sich Tränen. „Und schulde Jenny die Wahrheit über deine Intrige mit Charlotte, bevor Jenny das von einem anderen erfährt." Alex starrte seine Mutter sprachlos an. „Woher weisst du das denn?" Viola nahm Platz neben ihrem Sohn. „Du hast manchmal in der Nacht telefoniert. Deine Stimme war ja auch nicht sehr höflich, ich glaube, das weisst du selbst auch. Die Wände hier sind dünn." „Jenny wird mich hassen!" „Nicht, wenn du ihr alles beichtest und sie um Verzeihung bittest. Und auch bei Jennys Mann solltest du eine Entschuldigung ausrichten." Von Violas Sinneswandel überrascht, stand Alex mit einem wütenden Gesichtsausdruck vom Bett auf. „Bei dem Renner? Niemals! Der hat mir Jenny weggeschnappt!" Seufzend stand Viola auf und sah ihrem Sohn lange in die Augen. „Gegen die Liebe ist man machtlos, Junge! Akzeptiere es bitte, das tue ich auch." Doch daran dachte Alex nicht und stürmte mit einem hochroten Kopf aus dem Zimmer.

Während bei Jenny und dem Termin beim Notar alles gut lief und sie in ein paar Wochen als offizielle Besitzerin im Grundbuch für das Strandhaus stehen würde, feierte sie den geglückten Erfolg mit Kimberley, das auch der Abschied für Jenny in Kalifornien war, vorerst. Strahlend hatte Jenny nach dem Termin schnell auf ihrem Smartphone für einen Rückflug nach Deutschland gesucht und wurde fündig. Der Preis war zwar überteuert, aber für die Liebe zu Paul würde sie alles tun und das Schwerste lag noch vor ihr, die Aussprache mit Paul. Sie blickte auf ihren Ehering und vertraute sich darauf, dass der Ring sie nicht im Stich lassen würde, wenn sie Paul gegenüberstand.

Gegen Mitternacht in Deutschland klingelte es Sturm bei den Brandts. „Ja, ich komme schon!", ärgerte sich Alex, als er sich aus dem Bett kämpfte und sturstracks auf die Wohnungstür zuging. Viola war ebenfalls aufgestanden und stand im Bademantel geschützt hinter ihrem Sohn, als dieser die Tür öffnete und er seine Augen nicht traute.

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt