No. 113

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„Hallo Jenny, ich bin so froh, dich wiederzusehen! Ich hatte mir Sorgen um dich gemacht, denn ich konnte dich gar nicht erreichen. Können wir bitte reden? Ich vermisse dich! Meine Pretty woman... Die Nummer habe ich von Semir. Paul..." Wie sollte Jenny jetzt auf diese Nachricht reagieren? Sie las immer wieder die Nachricht und ihre Gefühle Paul gegenüber fuhren Achterbahnen. Es war noch nicht lange her, da hatte Paul ihr einen gefühllosen Abschiedsbrief hinterlassen und jetzt auf einmal vermisste er sie. Jenny wusste nicht, ob sie der Nachricht Vertrauen schenken sollte? Sie hatte Paul vertraut, ihm ihr Herz geschenkt und er hatte es fallen gelassen. Tränen sammelten sich in Jennys Augen, sie kroch tiefer unter die Decke und legte ihr Handy weg. Das war alles zuviel heute für sie. „Hat Paul ein schlechtes Gewissen? Er konnte mich gar nicht erreichen? Sein Brief war mehr als deutlich genug, dass er nur mit meinen Gefühlen gespielt hatte und ich ihn aus dem Kopf schlagen sollte. Ich werde aus ihm nicht schlau... Aber was mich irritiert, ist seine Liebeserklärung bei der Heirat in Las Vegas. Diese klang so ehrlich aus dem Herzen...Papa hat Recht, ich muss mit Paul reden. Nur so weiss ich wirklich, wo ich dran bin! Ach, und das Gespräch mit Alex steht noch offen", grübelte Jenny wälzend im Bett in stillen Gedanken und bemerkte nicht, dass sie dabei an ihrem Ehering rumspielte. Dieser blieb an ihrem Finger haften und wollte sich gar nicht von ihr lösen. Es war schon bereits sehr spät nach Mitternacht. Jenny konnte vor lauter Müdigkeit ihre Augenlider schwer offen halten. Sie fielen immer wieder zu und so versank sie in einen unruhigen Schlaf. Ob es daran lag, dass Pauls Nachricht sie so aufwühlte oder die Angst vor Alex Reaktion, wenn er die ganze Wahrheit erfuhr?

In der Küche machten es sich Lisa und Paul am Tisch bei einem Frühstück gemütlich. Emilia war aufgestanden und zog die Jacke an. Den Rucksack streifte sie über die Schulter und verliess das Haus. „Tschüss!", rief sie durchs ganze Haus, was ein Schmunzeln auf Pauls Gesicht hinterliess. Lisa schüttelte den Kopf. Der Duft des Kaffees am frühen Morgen liess ein wohliges Seufzen bei Paul durchgehen. „Ich habe Jenny gestern eine Nachricht geschrieben", begann Paul das Gespräch, nachdem er einen Schluck Kaffee trank. „Und?", fragte Lisa neugierig. „Jenny hat die Nachricht gelesen, aber keine Antwort geschickt. Ich hoffe, sie redet mit mir und wir können das Missverständnis klären. Keine Ahnung, warum Jenny so sauer auf mich ist?" „Brüderchen", Lisa legte einen Arm um seine Schultern und bestärkte ihn in dem Vorhaben, ein Gespräch mit Jenny zu führen, „es wird höchste Zeit, dass ihr miteinander redet!" Paul nickte, stand auf und räumte den Tisch ab. Da kam ein silberner BMW auf die Einfahrt gefahren. „Die Kunden kommen aber immer früher, dabei habe ich die Werkstatt noch nicht geöffnet", nörgelte Lisa und beide streckten ihre Köpfe durch das Fenster. „Das ist mein Partner", lächelte Paul, als Semir gerade aus dem Wagen stieg und sich in der Umgebung umsah. „Ach", meinte Lisa und musterte ihn genauer an. „Dass er aber kleiner als du bist, hätte ich nicht gedacht." Lisa folgte Paul nach draussen, wo ihr Bruder sie mit Semir bekannt machte. „Eine Werkstatt, wie praktisch", grinste Semir. „Ja, die gehört meiner Schwester", Paul drückte seine Schwester an sich. „Respekt!" Semir ging näher auf die Halle zu, Lisa öffnete das Tor und so konnte sich Pauls neuer Partner einen Überblick verschaffen. „Wenn der Wagen Probleme macht, dann komme ich auf jeden Fall hierher", Semir war überzeugt, dass die Werkstatt einen guten Ruf hatte. „Ich würde mich freuen", meinte Lisa und verabschiedete sich von den beiden. Als sich die beiden Kommissare ins BMW einstiegen, fuhr Semir in eine andere Richtung, die Paul gar nicht kannte. „Aber zur PAST geht es da lang", deutete Paul mit dem Finger in eine andere Strasse. „Wir müssen noch Jemanden abholen", grinste Semir und Paul hob fragend seine Augenbraunen hoch.

„Ach Gott!", stöhnte Jenny mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck, als sie neben ihrem Vater in Stehen einen Kaffee trank. Sie rieb sich an der Schläfe und hörte Martins Sorge um sie. „Ich habe nur Kopfschmerzen", meinte Jenny, „so gut habe ich nicht geschlafen." „Brauchst du eine Kopfschmerztablette?" „Ja, aber ich glaube, dadurch werden meine Probleme auch nicht besser. Ich habe die halbe Nacht nur gegrübelt. Papa?" Martin kramte in einer Schachtel nach einer Kopfschmerztablette und überreichte sie Jenny. „Ja?" „Ich werde mit Paul reden und mir anhören, was er zu sagen hat und Alex schulde ich die Wahrheit." „So kenne ich meine Tochter." An der Haustür, die offen stand, nahm Martin Jenny nochmal in die Armen und bestärkte sie in ihrem Vorhaben, das Problem zu klären. „Ich stehe hinter dir, vergiss das nicht!" „Danke, Papa!" Ein kleines Lächeln huschte über Jennys Lippen und im nächsten Moment pochte ihr Herz so heftig, als sie den allzu gut bekannten BMW von Semir erkannte. Sie erkannte Paul sofort auf dem Beifahrersitz und wurde nervöser. „Was macht er denn hier?"Jenny blieb plötzlich stehen, ihr Atem setzte sich aus. Der BMW mit Semir am Steuer kam vor der Haustür zum Stehen. Pauls staunende Blicke verrieten, dass er völlig überrascht war, genau wie Jenny auch. Martin stand neben ihr. „Was ist los?" Um nicht wie ein Idiot da zustehen, machte Paul das Beste aus der Situation und kam auf Jenny und Martin zu. „Hi", sagte Paul sanft zu Jenny und zauberte ein kleines Lächeln auf den Mund. Dann ging er zu Martin und gab ihm die Hand. „Hallo, ich bin Paul Renner, der Mann ihrer Tochter." „Freut mich, Sie endlich kennenzulernen." Martin blickte kurz zu Jenny, die Paul anstarrte und immer noch kein Wort rausbrachte...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt