No. 95

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Jenny hatte sich im Flieger ans Fenster gesetzt und schenkte Alex kaum Aufmerksamkeit. Alex bemühte sich sehr um Jenny, spürte aber ihre Ablehnung ihm gegenüber. Genervt beschloss er, Jenny in Ruhe zu lassen und wollte gerade seine Augen schliessen, als er eine bekannte Stimme hörte. „Was wünschen Sie?", fragte die Stewardessin und als sich die beiden Blicke trafen, freute sich Alex, Amanda wiederzusehen. Ruckartig sass Alex aufrecht im Sitz und ihm fiel ein, dass er nicht alleine im Flieger war. Er warf einen schnellen Blick zu Jenny, die immer noch durch das Fenster starrte. Amanda begriff Alex Gesichtsausdruck und fragte nach deren Wünschen. Die Frau servierte das Essen und die Getränke, kurz berührten sich die Hände von Alex und Amanda. Nachdem die Stewardessin die nächste Passagiere bediente, streichelte Alex behutsam an Jennys Arm und zeigte auf das Essen. Langsam kroch Jenny aus sich heraus, sah sich das Tablett mit dem Essen an und trank Wasser. Jenny stocherte lustlos in dem Essen herum und Alex hatte Mühe, Jenny zu überreden, etwas zu essen, was diese auch widerwillig tat. Die Hälfte des Essens schob sie von sich und trank etwas. „Wie kam das, dass du nicht bei der Autobahnpolizei bist?", wollte Jenny wissen, als Alex gerade den letzten Bissen in den Mund schob. „Ach, auf einmal interessiert dich das.", sprach er mit vollem Munde. „Wir können das auch lassen!" „Ist schon gut", beschönigte er die Worte, „du weisst ja, dass das BKA meine erste Wahl war. Die Krüger hatte mir erzählt, dass eine Stelle frei wurde. Ich hatte auch nicht mehr viel Zeit zur Entscheidung gehabt, denn dich konnte ich schwer erreichen. Ich wollte mit dir darüber reden." Jenny schluckte, denn sie wusste, dass sie in dieser Zeit mit Paul zusammen war und schöne Tage und Stunden erlebten. Das warme Gefühl, wie nah sie Paul war, kam in ihr wieder hoch, kurz darauf verwandelte sich ihre Gedanken in Wut um, warum sie Paul nichts mehr bedeutete. „Und weiter? Was ist mit Semir?" verdrängte Jenny ihre Gedanken und erfuhr, dass Semir auf der Suche nach einem neuen Partner war. „Ob er einen gefunden hat, weiss ich nicht." „Aha." „Vielleicht nimmt Semir dich auf seinem Beifahrersitz mit?" Alex versuchte Jenny ein Lächeln zu schenken, was kurz wirkte. „Wer weiss?" Danach zog sich Jenny wieder in sich zusammen.

„So, jetzt zu dir!", sagte Paul, als sie eine Weile in Lisas Auto unterwegs nach Hause waren und wand den Blick zu Lisa, die gerade an einer Ampel hielt. „Ja, was ist mit mir?" „Willst du mir nicht sagen, warum du neulich am Handy geweint hast?" „Das habe ich dir doch gesagt." „Irgendwie kaufe ich dir das nicht ab." Lisa stiess Luft durch die Nase aus und die Ampel sprang auf grün. „Lisa?", fragte Paul zu wiederholten Male. „Zuhause, ja?" „Wir haben doch Zeit, um es hier zu erzählen", meinte Paul mit einem Lachen, „komm schon!" Lisa drehte den Spiess um. „Erzähl du mir von Jenny, das ist bestimmt spannender!" „Lisa! Ich habe dich zuerst gefragt." „Und ich habe dir gesagt, ich erzähle es dir zuhause." „Dann erzähle ich es dir danach." Beide lachten und Paul freute sich, seine Eltern und vor allem Emilia wiederzusehen. „Emilia weiss nicht, dass ich komme?" Lisa schüttelte den Kopf und schaltete den Gang hoch. „Habe ich dir doch versprochen!" Für Lisa stand noch das schwierige Gespräch mit ihrem Bruder bevor über den Vater. Sie wusste, dass Paul sie unterstützen werde und Geschwisterliebe stand über alles in guten und schlechten Zeiten. Das hatten die beiden als Kinder geschworen und dies gab Lisa ein gutes Gefühl, dass sie nicht alleine war. Lisa erhöhte das Tempo ihres Autos und raste auf der Autobahn schneller als die Polizei erlaubte.

Das Flugzeug flog über Europa, Jenny war so sehr in ihre Gedanken vertieft, dass sie vor Erschöpfung einschlief. In ihren Träumen erlebte sie in Rückblende den schönen Sommer mit Paul und erschrak kurz darauf, als Paul ihr in dem Traum erschien:"Vergiss mich! Suche nicht nach mir! Ich liebe dich nicht!" Paul kam ihr drohend näher... Mit Schweiss auf ihrer Stirn erwachte sie aus dem bösen Traum und stiess mit dem Körper vom Sitz ab. Ihre Augen gewöhnten sich langsam in der Dunkelheit, denn es war schon längst Schlafenszeit für die Passagiere. Angestrengt atmete Jenny und tastete nach Alex. Doch Alex sass nicht neben ihr, der Sitz war leer. Ohne weiter nachzudenken, stand sie auf und wollte auf die Toilette gehen, sich kaltes Wasser über ihr Gesicht giessen. Als Jenny an der Tür ankam, hörte sie Geräusche, das wie ein lustvolles Stöhnen klang, ging sie zur nächsten Tür und sah ihr Gesicht im Spiegelbild. Jenny erschrak über sich selbst, wie kreidebleich sie aussah und liess Wasser auf ihr Gesicht. Einen Moment blieb sie gebeugt über den engen Waschbecken und spürte ein Rumpeln an der Wand. Genervt von dem Gestöhne gegenüber verliess Jenny die Toilette und kehrte zurück auf ihren Platz. „Komisch, wo ist Alex?" Sie kuschelte sich in die Decke und versuchte ein wenig zu schlafen, denn das Flugzeug nahm langsam Kurs auf Deutschland zu.

Lisa stellte den Motor aus, stieg aus und öffnete den Kofferraum. Paul streckte seine Armen in die Höhe, den ganzen Tag war er im Sitzen unterwegs. Er lockerte seine Gelenke, als seine Mutter freudig aus dem Haus kam und ihren Sohn stürmisch umarmte. „Paul! Schön, dass du da bist!" Die Mutter sah ihn von oben bis unten an, drückte ihn nochmal. Da kam Klaus auch dazu und Pauls Blick fiel sofort auf seine Beine. „Papa! Du hast ja gar keinen Gips?!" „Junge, wovon redest du?" Paul warf Lisa einen bösen Blick zu, wurde aber von Klaus in seinen Armen genommen. „Was machst du denn hier?" „Das frage ich mich auch?!"...

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt