No. 87

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Währenddessen erhielt die Familie Renner in Deutschland eine schlechte Nachricht, was den Gesundheitscheck des Familienoberhauptes Klaus Renner anging. Bei ihm wurde eine angehende Demenzkrankheit festgestellt und Mutter Helga stand unter totalem Schock. Der Arzt riet die ganze Familie, bis auf Paul, sich regelmässig an Seminare für Demenzkranke mitzumachen und so sich besser darauf vorzubereiten, wie man mit einer betroffenen Menschen umging. Ausserdem ermutigte der Arzt Helga und Lisa, dass die Krankheit schon sehr früh festgestellt wurde und noch nicht so hoch eingestuft werden konnte. Beim Verabschieden gab der behandelnde Arzt der Familie noch wichtige Broschüre mit den allgemeinen Infos und Seminarkurse mit auf dem Weg, was die beiden dankend annahmen. Vater Klaus verstand nicht, warum die beiden Frauen traurigen Gesichter zeigten und meinte, die Halbgötter in weiss wussten immer alles besser, was totaler Quatsch war. Mühsam brachte Lisa ein gequältes Lächeln auf und Helga nahm ihren Mann in die Armen. „Wir werden es gemeinsam schaffen, in guten wie in schweren Tagen!" Klaus nickte nur, hatte aber Fragezeichen in seinen Gedanken, was seine Frau mit dem Satz meinte. Lisa musste nun stark sein und ihre Eltern in schwierigen Zeiten unterstützen. Nebenbei hatte sie noch die Erziehung mit ihrer Tochter Emilia, die nicht mehr sehr klein war. Von der Krankheit ihres Opas wusste das Enkelkind noch nichts, Lisa wollte erst Rücksprache mit ihrem Bruder Paul halten, und sie legte Wert auf seine Meinung, denn er war nur nicht der Patenonkel von Emilia, sondern auch sowas wie ein Ersatzvater. Lisa sah in der schweren Stunde keinen anderen Ausweg als Paul auf der anderen Weltseite zurück nach Deutschland zu holen. Sie wusste, wie sehr Paul seine zweite Wahlheimat Kalifornien liebte, das Meer und das Surfen. Aber im Moment brauchte sie ihn, den grossen Bruder als Stütze. Zögernd griff Lisa zum Handy und wählte die Nummer. Es dauerte eine Weile, bis am anderen Ende der Welt endlich Paul ans Handy ranging. Lisa zwang sich, die Ruhe in Person zu sein, als sie Pauls freudige Stimme hörte. „Hi, Schwesterherz!", begrüsste Paul total verschlafen seine Schwester, nachdem er das Handy gesucht hatte und diese im Bad zwischen den Klamotten fand. Sein Blick fiel auf das leere Bett, erst jetzt merkte er, dass Jenny fehlte. „Warte mal kurz!", flüsterte Paul zu Lisa ins Handy und machte sich auf die Suche im ganzen Strandhaus. „Jenny?" rief er und bekam keine Antwort. Keine Spur von Jenny. Wie aus dem Nichts kam Jenny letzte Nacht hier an und wie aus dem Nichts verschwand seine Pretty woman auch wieder. „Mir fällt auf, du erwähnst das Wort „Jenny" oft", brach Lisa die Stille, „das ist deine Freundin, oder?" Paul fand es blöd, das am Telefon mit seiner Schwester zu diskutieren, stattdessen sagte er nur:"Das erzähle ich dir lieber persönlich. Ob du es glaubst oder nicht, ich liebe Jenny!" „Ach, das ist ja mal zur Abwechslung eine tolle Neuigkeit", hörte Paul Lisa reden. „Wie, was zur Abwechslung? Ist was passiert?", fragte Paul, als er in dem Moment ein mulmiges Bauchgefühl bekam und eine Weile still war. „Lisa?" „Ja, du Paul, ähm...", stockend brach Lisa den Satz ab, sie musste sich zusammenreissen und nicht laut weinen. Sie überlegte, wie sie Paul die Nachricht übermitteln sollte, denn sowas besprach man sehr schlecht am Handy. „Ich brauche deine Hilfe!" „Klar, immer doch. Du weisst, dass du jederzeit an mich wenden kannst. Schliesslich haben wir uns als Kinder einen Schwur geschworen", erinnerte Paul seine kleine Schwester daran und diese begann zu schluchzen. „Hat dich ein Mann geärgert?", war Pauls erster Gedanke, als er das Schluchzen seiner Schwester hörte. „Nein, das Date war gut gelaufen. Darum geht es nicht!" „Was dann?", nervös lief Paul wieder ins Bad und wollte sich seinen Boxershort anziehen, bis eben merkte er nicht mal, dass er völlig nackt im Wohnbereich stand. „Es geht um Papa, er hat...", Lisa konnte nicht weitersprechen, da das Schluchzen sie unterbrach. „Was ist mit Papa?", nun wurde es Paul langsam bange in der Stimme.

Den letzten Meter am Strand legte Jenny barfuss in dem weichen Sand zurück bis sie den Gehweg auf den Asphalt wechselte. Im Stehen zog sie schnell ihre Sneakers an und ging auf das Hotel zu. „Wie fange ich bloss an?", hin und her überlegte sich Jenny, wie sie es Alex beibrachte, dass sie ihm den Laufpass gab. Sie war so vertieft in ihre Gedanken, dass sie gar nicht bemerkte, dass Alex an der Rezeption stand und mit der Frau hinter der Theke sprach. Zufällig drehte Alex seinen Kopf zur Eingangstür, kam mit ausgestreckten Armen auf Jenny zu. „Sweety! Wo warst du denn?" Erschrocken sah Jenny vom Boden auf in Alex Augen und blieb stehen. Sie fühlte sich überrumpelt und Alex kam auf sie zu, nahm sie in seine Umarmung und gab ihr einen Kuss. Hinter seinem Rücken drehte sie die Augen genervt nach oben. „Ähm,...ich war spazieren...habe Kopfschmerzen", log Jenny und Alex sah sie besorgt an. „Alles gut jetzt?" „Ja, schon...können wir nachher miteinander reden? Ich müsste dir was Wichtiges sagen." Die halbe Wahrheit war raus aus ihrer Seele. Alex schlug vor, dass sie erstmal gemeinsam frühstückten und dann redeten. „Du weisst, du kannst mit mir über alles reden", ermutigte Alex Jenny, die ihre Stirn runzelte. „Ich schaue schon mal nach Flüge für uns, am besten heute noch und nur direkten Flug nach Hause.", mit dem Daumen deutete Alex nach hinten an die Rezeption, wo die Frau, die nichts anderes als Kimberley war, im Computer nach den Flüge suchte. „Heute noch?", fragte Jenny schockiert. „Du weisst ja, dass ich eine neue Stelle habe und nicht so lange Urlaub bekomme. Das hier war eine Ausnahme!" „Ach so", mit einem ausdruckloses Gesicht wollte Jenny nach oben aufs Zimmer gehen, „ich gehe duschen!"    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt