No. 62

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Im Hause Renner ging es an diesem Tag turbulent zu. Helga war gerade dabei, das Mittagessen für die Familie zu kochen, als Emilia von der Schule nach Hause kam und ein trauriges Gesicht machte. „Na, Emilia? Wieso machst du ein grimmiges Gesicht?" Das Enkelkind streifte den Rucksack neben der Eckbank in der Küche ab, nahm Platz auf die Bank und verschränkte ihre Armen. „Ich soll einen Aufsatz über die Familie schreiben", sagte Emilia freudlos. Als die Oma sich zu ihr setzen wollte und sie aufmuntern wollte, platzte Lisa mit den Ordnern auf ihrem Arm gestapelt in die Küche. „Mama, ich brauche dringend deine Hilfe. Morgen ist Abgabetermin beim Steuerberater." Lisa liess die Ordner auf den Tisch krachen, ihre Armen hatten keine Kraft mehr. „Das fällt dir aber früh ein", schimpfte Helga. „Wirklich Mama, ich habe es voll vergessen, dass der Termin morgen ist. Kannst du mir helfen?" Lisa sah ihre Mutter hilflos an. „Und wer hilft mir beim Aufsatz schreiben?", nun wurde Emilia zickig. Lisa warf einen Blick zu ihrer Tochter und fragte sie, worum es in dem Aufsatz ging. „Über die Familie", übernahm Helga die Antwort für Emilia, stand auf und wollte am Herd das Essen fertig zubereiten. „Es gibt so viele Erlebnisse, was wir als Familie gemacht haben." Lisa zählte ein paar Stichwörter auf, Emilia schüttelte energisch den Kopf und fand keines der Stichwörter aufregend. „Dann weiss ich es auch nicht", sagte Lisa und wollte zurück in die Werkstatt gehen und einen Auftrag zu Ende bringen. An der Tür blieb Lisa stehen, als sie ihre Tochter sprechen hörte. „Wenn Paul hier wäre, er hätte eine Idee", war Emilia sicher. „Aber Paul ist nicht da, und du bist alt genug, selbst darüber Gedanken zu machen!" „Du bist aber gemein!" „Emilia, nicht in diesem Ton, bitte!" Emilia senkte ihr Köpfchen auf den Boden herabschauend. Lisa kam zu ihr und kniete sich vor ihr hin. „Ich vermisse Onkel Paul", die traurige Stimme ihrer Tochter zerriss Lisa das Herz. „Ich doch auch." Lisa vermisste ihren grossen Bruder auch, mit ihm konnte sie über alles reden und stand ihr mit Rat zur Seite. Auf seine Unterstützung konnte sie sich immer verlassen. In der letzten Zeit telefonierten die beiden Geschwister auch nicht mehr viel miteinander. „Wieso schreibst du nicht die Geschichte über das Campen am Wochenende mit Paul in Sankt Peter-Ording?", fiel Lisa ein, als sie von Emilia nach der Rückkehr erfuhr, dass das Campen ein Chaos war, die Marshmallows schwarz verbrannt über ein Lagerfeuer waren und sie trotzdem sehr viel zum Lachen hatten. Zum ersten Mal durfte Emilia mit ihrem Lieblingsonkel Kiten, was ihr unheimlich viel Spass machte. „Du bist die Beste, Mama!" Freudig umarmte Emilia ihre Mutter und Helga blickte auf die beiden mit einem Lächeln im Gesicht. Eifrig packte Emilia die Schulsachen aus und wollte den Aufsatz schreiben als die Oma den Tisch decken wollte. „Lass uns zuerst essen und dann kannst du besser konzentriert deinen Aufsatz schreiben", sagte Helga, als sie den letzten Teller auf den Tisch stellte, und zu Lisa hatte sie eine Bitte. „Hol bitte deinen Vater aus der Werkstatt und ich helfe dir mit den Ordnern. Aber bitte plane den Abgabetermin das nächste Mal besser!" „Ja, Mama, danke dir!", Lisa gab ihrer Mutter ein Küsschen an die Wange und schmunzelte zu sich selber:„Ich glaube, ich habe das Chaos bei meinem Bruder abgeschaut." Oma und Enkelkind sahen sich an und lachten, während Lisa die Küche verliess und in die Werkstatt ging.

Das Spielkasino im Hotel, in dem Paul und Jenny untergebracht wurden, erwies sich als ein sehr nobles Kasino. Den Eingang in das Kasino ging an die Spielautomaten vorbei. Die Klänge vom Rattern der Spielautomaten machten lustige Geräusche. Alles blinkte bunt und Jenny zeigte auf einen Spielautomaten. „Da habe ich Lust zu flippern." „Ob du da was gewinnst?" „Das werden wir gleich sehen", sagte Jenny spontan, steckte eine amerikanische Geldmünze in den Automaten und flipperte los. Paul schaute ihr über die Schulter und nach kurzer Zeit hatte Jenny dreimal das Richtige gezogen und die vielen Münzen prasselten aus dem Ausgabefach. „Woah!", staunte Paul und Jenny blinzelte ihn mit ihren Augen an. „Ich habe es dir doch gleich gesagt, das wird ein toller Abend!" Beide teilten sich die Münzen auf, Jenny packte die Münzen in ihren Clutsch, Paul stopfte seine Hosentasche voll damit. Der Reiz des Abends packte den beiden, und so führte Paul, der Jennys Arm unter seinem hatte, die Treppenstufen hoch. Dort auf die höhere Etage zeigte sich eine schöne Atomsphäre. Paul wechselte ein paar Dollar gegen Spielchips. Das Kasino kam grösser vor, Kellner in feinen Smokings servierten ein Tablett mit Gläsern Champagner, die die Gäste als Begrüssung entgegennahmen. Es waren an dem Abend viele Leute im Kasino, die Frauen trugen feine Abendkleider, der Schmuck an ihren Hälsen und Ohren glitzerten. Einige Männer hatten eine Zigarre im Mund und pafften in Massen. Auf dem Weg zur Bar, die im Hintergrund war, gingen Paul und Jenny an den vielen Tischen, an denen Roulette gespielt wurde, vorbei. An den Tischen sassen vornehme Damen, die brillanten Schmuck trugen und die Herren in den eleganten Smokings sahen sich konzentriert an, ein Lächeln gab es zwischendurch. Paul entdeckte an einem anderen Tisch das Pokern und zog Jenny mit sich. Es war noch einen Platz frei, und Paul gesellte sich einfach dazu. Neben ihm sass eine junge Frau, die ihn mit einem Lächeln ansah. „Hi", sagte Paul so cool zu der Frau und in dem Moment ragte ein Mannskopf neben der Frau auf und blickte Paul mit warnenden Augen an. Jenny bekam das Ganze mit und beugte sich zu Paul vor, flüsterte ihm ins Ohr:"Pokern? Ist nicht dein Ernst, oder?" „Warum nicht?", grinste Paul breit, als er seinen Einsatz auf die Spielfläche schob, sich mit seinem Gesicht zu Jenny drehte. „No risk, no fun!", lächelte Paul verschmitzt...    

California - The Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt