Kapitel 69

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Lange dauerte die Fahrt, zur Halle, nicht. Genügend Zeit, um sich häuslich einzurichten. So weit dies in einem Bus auf engstem Raum, mit anderen Menschen, überhaupt möglich war. Es herrschte eine geschäftige Stimmung, ohne dass gross gesprochen wurde. Und kaum war alles wieder so hergerichtet, damit es allen wohl war, stoppte der Bus auch schon vor dem Hintereingang der Halle. Samu hasste es ja eigentlich, am selben Tag ein Konzert zu geben, an dem sie ankamen. Manchmal, war es nun mal aber nicht anders machbar. Doch für das erste Konzert, war es nicht gerade ideal. Es machte Samu noch nervöser, als er es ohnehin schon immer war, beim ersten Konzert. Immer die selben Fragen, plagten ihn. Klappte alles wie geplant? War alles richtig eingestellt? Wie würden die neuen Songs, live rüber kommen? Und noch vieles mehr. Der Soundcheck verlief schon mal gut. Die Jungs für das Aufbauen, hatten in kürzester Zeit, grandiose Arbeit geleistet. Auch auf die Tontechniker, war jedes Mal, mehr als Verlass. Dennoch tiegerte Samu, nachdem Soundcheck, unruhig und ungehalten durch die Garderobe. Zwei Stunden vor dem Beginn, wurde es immer stärker. Rauchen brachte schon lange keine Linderung mehr. Eigentlich brauchte er nur eines und dies war Riku. Doch den hatte Samu schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen. Der Letzte, der ihn gesehen hatte, war Raul, als Riku noch irgendwas an seiner Gitarre einstellte und probte. Er war einfach unverbesserlich. Obwohl er gleich durchdrehte, wenn er sich nicht endlich an Rikus Brust kuscheln und seinen herrlichen Duft in sich aufsaugen konnte, huschte Samu ein Lächeln übers Gesicht. Einfach aus dem Grund, weil er auch diese Eigenschaft an seinem Gitarrengott liebte. Dennoch wollte Samu sich nun auf die Suche nach seinem Schatz machen. Er brauchte doch noch ganz dringend, seine Kuscheleinheit. So wie immer, vor den Konzerten. Doch noch ehe er zur Tür hinaus konnte, wurde diese geöffnet. „Gott sei Dank du bist endlich hier!“ Fiel Samu Riku um den Hals. „Ich war doch nur schnell in der Halle.“ Gab Riku verwirrt zur Antwort. „Eine ganze Stunde, nennst du schnell?“ Riku konnte ein Grinsen an seinem Hals spüren. „Tut mir leid! Spielen lenkt mich von der Nervosität ab.“ Riku drückte Samu ein kleines Stück von sich weg und strich ihm durch die Haare. Ein sanfter Kuss, folgte auf seine Stirn. Samu schloss seufzend die Augen. „Ich weiss, mein Schatz. Ich bin dir doch nicht böse.“ – „Haben wir noch Zeit? Oder habe ich alle vertrödelt?“ wollte Riku nach seinem Telefon in der Hose angeln. „Hast du nicht.“ – „Dann komm.“ Zog er Samu hinter sich her zum Sofa. „Es ist Kuschelzeit!“ Samu seufzte, als Riku ihn fest an sich zog. Er legte seinen Kopf auf Rikus Schulter ab und sah zu ihm hoch. Riku strich einmal leicht über Samus Lippen, um sie gleich darauf, mit seinen zu umschliessen. Leicht, tanzten ihre Zungen mit einander. Kein verlangender Kuss. Einer, einfach zum geniessen. Ihre Finger, konnten sie, für einmal auch stillhalten. Oder sie zumindest auf eine kleine Fläche beschränken. Beide hatten sie eine Hand in den Haaren des anderen vergraben und die andere lag an dessen Wange. Vergessen war die Nervosität und grundsätzlich alles, was um sie herum geschah, wenn es auch nicht viel war. Zwischendurch kam mal einer der Jungs herein, um etwas zu holen. Und kurze Zeit später, um sich zu vergewissern, dass sie noch am Leben waren, so atemlos, die beiden schon sein mussten, bei einem solchen Kuss. Samu und Riku merkten nichts von alle dem. Was noch wichtig war, waren einzig und allein sie beide. Ohne gross von einander ab zu lassen, gaben sie sich ein kleines Bisschen Freiraum, um ihre Lungen wieder mit Sauerstoff zu versorgen. Ein leichtes Streichen, Knabbern und Lecken, sollte reichen, um dies zu gewährleisten. Tat es auch. Denn kaum hatte sich ihr Atem normalisiert, wurde der Kuss wieder aufgenommen. Zu süchtig, machte der zuvor. Es war wie ihre ganz persönliche Droge. „Jungs, ihr könnt nicht von Luft und Liebe leben. Wir gehen jetzt essen.“ streckte Osmo den Kopf zur Tür rein. Grosse Beachtung, bekam er nicht von den beiden. Kurz wandten sie den Blick in seine Richtung, ohne jedoch Anstalten zu machen, ihren Kuss zu beenden und mit Osmo mit zu gehen. „Bitte tut mir den Gefallen. Ich will nicht schon beim ersten Konzert eine Schlagzeile, weil einer von euch zusammen klappt.“ Durchdrang jetzt Mikkos Stimme den Raum. Er ahnte, dass Osmos Auftauchen nicht reichen würde. Und tatsächlich, liessen sie voneinander ab. „Ihr werdet jetzt eure Münder für was anderes, als zum Küssen brauchen und mit uns Essen. Ich weiss, dass ihr das Gefühl habt, von Luft und Liebe leben zu können. Doch wir sind eine Band, eine Gemeinschaft. Und zu der, gehört auch ihr. Es ist deine Band, vergessen Samu?“ Dieser schüttelte den Kopf. „Dann schwing deinen Arsch hier raus und verbring mal Zeit mit deiner Band. Deinen Freunden, wohlgemerkt. Und du deinen auch, Riku.“ noch einmal, sah Mikko die beiden mit diesem Blick an, der keine Widerrede dulden liess und verliess den Raum. „Mikko hat recht, Grosser.“ – „Ich weiss.“ liess Samu seinen Kopf auf Rikus Schulter sinken und seufzte. „Es ist nicht faire den anderen gegenüber, wenn wir uns immer in unserer Liebe verkriechen, Samu.“ – „Tun wir doch nicht. Zumindest nicht absichtlich.“ Es klang schon fast entschuldigend. „Doch. Genau das, tun wir. Und ich...ganz ehrlich, bin ich froh, wenn wir endlich im Tour Modus sind.“ – „Wieso?“ Samus Stirn legte sich in Runzeln. Manchmal waren Rikus Launen und Gemütszustände, so sprunghaft, dass er beinahe ein Schleudertrauma bekam. „Weil ich...Angst habe.“ Riku war aufgestanden. „Verstehst du Samu? Ich habe eine verdammte Angst davor, dass wir irgendwann in der Liebe versinken und nicht mehr da raus finden.“ – „Das wird nicht passieren.“ Samu war ebenfalls aufgestanden. „Natürlich wird es das, wenn wir so weiter machen. Und das weisst du auch. Und so paradox es klingt, ist dies auch der Grund, weshalb wir uns noch weiter da rein steigern.“ Riku ging unruhig im Raum auf und ab. Wie viele solcher Ängste, musste er noch durchstehen, bis er sich einfach fallen lassen und geniessen konnte, ohne immer über alle möglichen Szenarien nach zu denken? Riku nervte es. Doch kam er einfach nicht davon los. Ausser, wenn er eben diese Ängste ansprach und mit Samu teilte. „Sag mir, wovor du wirklich Angst hast, Rik.“ Wie machte er das nur immer wieder? Schoss es Riku durch den Kopf. „Davor, irgendwann aus dieser heilen Welt aus Liebe, Glück, Zweisamkeit und hemmungslosem Sex raus gerissen zu werden. Um danach auf dem harten Boden der Realität aufzuschlagen.“ Riku raufte sich die Haare. „Du hast dir ein völliges Wrack, voller Ängste angelacht. Tut mir...“ Samu legte seine Hände an Rikus Wangen und schüttelte den Kopf, so dass Riku nicht weiter sprach. „Das habe ich nicht. Und das weisst du auch, weil ich es dir schon so oft gesagt habe.“ Samus Stimme war leise und sanft. „Und was deine Angst angeht, verspreche ich dir, dass es nicht geschehen wird.“ – „Das kannst du nicht, Samu. Also solltest du es auch gar nicht erst versprechen.“ Riku wollte nicht, dass ihm Dinge versprochen wurden, die nicht eingehalten werden können. „Ok. Dann lass es mich anders formulieren. Ich verspreche dir, dass ich alles dafür tun werde, dass es, falls es passieren sollte, nicht so gewaltig werden wird und du nicht ungebremst auf dem harten Boden aufschlagen wirst. Ok?“ Fest und ein bisschen fragend, sah Samu Riku an. „Glaubst du mir das, Rik?“ Riku nickte leicht. „Auch wenn mir nicht immer alles so gelingen mag, wie ich...wir...es gerne haben möchten. Oder wie ich es dir versprochen habe, kannst mich bei einem Versprechen beim Wort nehmen und es mir zu hundert Prozent glauben. Dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, damit wir zwei funktionieren. Damit es mit unserer Liebe und unserer Beziehung funktionieren wird. Und dies für immer und darüber hinaus. Trotz allen Strapazen und den Steinen, die uns vielleicht noch in den Weg gelegt werden. Das musst du mir glauben, mein Schatz. Ich wollte immer nur das Beste für dich!“ – „Ich glaube dir doch, Samu. Danke!“ Berührte Riku kurz und sanft, Samus Lippen. „Du musst mir nicht immer dafür danken, dass ich dich nun mal liebe und deshalb alles für dich tun würde.“ Lächelte Samu. „Und jetzt, lass uns gehen. Sonst bekommt Mikko doch noch einen Anfall.“ Samu nahm Rikus Hand in seine und verliess so mit ihm die Garderobe. Kurz vor dem Ort, an dem gegessen wurde, hauchte er Riku einen Kuss auf die Schläfe und verharrte einen Augenblick. „Ich liebe dich, Rajamaa!“ Riku atmete tief durch und schloss kurz die Augen. Diese Intensität, die durch diesen kleinen, unscheinbaren Kuss und Samus Worte ausging, liess ihn kurz schwindeln. „Ich liebe dich, mein grosser Spinner!“ Riku schenkte Samu ein liebevolles Lächeln und einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich los liessen. Sie hatten sich dafür entschieden, erstmal die Lage etwas ab zu checken, bevor sie unter der Crew, Farbe bekannten. Beachtung schlug ihnen nicht heftig entgegen, als sie den Raum betraten. „Tut uns leid!“ Setzten sie sich zu den Jungs an den Tisch und sahen reumütig in die Runde. Sami wuschelte dem grossen Blonden durch die Haare und drückte ihm einen Schmatzer auf die Wange. „Alles gut!“ Mikkos Blick dagegen, sah noch immer nicht milde gestimmt aus. „Komm schon Mik...“ Versuchte Sami ihn zu besänftigen. Wurde jedoch von diesem, gleich unterbrochen. „Nein Sami. Ich hab es euch eben erklärt. Es gibt einfach Grenzen und Verpflichtungen. Und wenn...“ – „Wir haben es kapiert, Mikko.“ Stoppte Samu, lauter als gewollt, seinen Manager, der drauf und dran war, sich in Rage zu reden. Alles was darauf blieb, war Stille und zwei starke Persönlichkeiten, die sich schweigend an funkelten. Bis Mikko, geräuschvoll schnaubend den Tisch verliess. Riku hatte die ganze Zeit Samus Hand gedrückt. Sah ihn jetzt jedoch mit dem ‘musste das sein’ Blick an. Was auch Samu zum schnauben brachte. Er ebenfalls aufstand, um sich etwas zu essen zu holen.

Die Zeit, bis zum Konzert, war Mikko nicht mehr zu sehen. Samu hasste diese zum explodieren angespannten Stimmungen. So konnte er nicht raus auf die Bühne. Also wollte er auf die Suche nach ihm. „Samu, du hast keine Zeit mehr.“ Wollte ihn Riku aufhalten. „Ich gehe nicht auf diese verdammte Bühne, bevor ich Mikko nicht gefunden und mit ihm geredet habe. Du weisst, ich kann mich sonst nicht auf den Auftritt konzentrieren.“ – „Ich bin hier. Und DU wirst auf die Bühne gehen. Auch wenn ich dich eigenhändig da raus prügeln muss.“ Um Mikkos Mund, zuckte ein Grinsen. „Es tut mir leid, Mikko! Du hattest recht. Mit allem. Ich bin ein egoistisches Arsch und werde es wohl immer bleiben. Aber ich...ich gelobe mich zu bessern und wieder mehr für meine Band...meine Freunde, da zu sein.“ – „Schon gut Samu. Fall nicht auch noch auf die Knie.“ Legte Mikko die Hände auf Samus Schultern. „Ich habe vielleicht ein wenig über ragiert.“ – „Ein wenig?“ Kam leicht sarkastisch von Sami. „Jaaaa, dann halt ein bisschen mehr. Aber für mich ist diese Situation, mit der Liebe mit auf Tour, auch neu.“ Versuchte sich Mikko zu rechtfertigen. „Da müssen wir uns wohl alle daran gewöhnen.“ kam Riku dazwischen. „Und jetzt ist gut. Wir hatten alle irgendwie recht.“ Samu grinste Riku an. „Wie immer hast du mal wieder recht, mein Süsser!“ – „Seit ihr bereit?“, fragte Mikko in die Runde. Einstimmiges Nicken. „Habt ihr alles und alle sind verkabelt? Du auch, Samu?“ – „Wir sind alle bereit und heiss, endlich auf die Bühne zu gehen.“ Darauf Samu. „Dann los! Rockt die Hüte und holt euch die Neuen an Board!“ Riku rieb sich, mit geschlossenen Augen, die Handflächen gegeneinander, während er auf seinen Einsatz wartete. Starke, warme Hände, die seine umfassten, liessen Riku die Augen öffnen. Samus blaue Augen, sahen direkt in seine und scheinbar noch viel tiefer. „Ich liebe dich!“ Flüsterte er und zog Riku in eine fest Umarmung. Einen Kuss auf die empfindliche Haut hinter Rikus Ohr gehaucht und schon liess er ihn wieder los. Riku reichte es nur noch für einen Luftkuss, da sein Einsatz war. Doch seine Augen sagten Samu mehr, als es tausend Worte gekonnt hätten. Der Jubel war schon Ohrenbetäubend und gut, bis hinter die Bühne zu hören. In Samu kribbelte alles. Ungeduldig zappelte er vor dem Bühnenaufgang herum. Sein Herz, passte sich Samis Beat und Rauls Bass an. Dann endlich sein Einsatz. Jubel. Die Bühne hatte ihn wieder. Das Glücksgefühl, welches in dem Moment, als sich seine Hände um das Mikrofon legten und der erste Ton, die ersten Worte von ‘Damn silence’ seine Lippen verliessen, war nicht in Worte zu fassen. Einzig und allein die Jungs hinter und neben ihm, wussten es. Zumindest von Riku, wusste er ganz genau, dass er das Selbe fühlte. Ein kurzer Blick zu ihm und Samus Herz, wäre ihm am liebsten aus seiner Brust gesprungen, so sehr berührte ihn dieser Anblick von Riku. Wie er, kaum das erste Mal in die Saiten gegriffen, in die Musik abgetaucht und eins mit dieser und seiner Gitarre war.
Das Publikum war gut gelaunt. Das was Samu sehen konnte, sah er lauter strahlende Augen. Ob ihre Fans ähnliche Gefühle hatten, wenn sie endlich mal wieder an einem Konzert ihrer Lieblingsband sein konnten? Die drei ersten Songs klappten wie am Schnürchen. Der nächste würde ihn, das wusste Samu, wahrscheinlich jedes Mal, so einige Überwindung kosten. Und Beherrschung, nicht in Tränen auszubrechen. War er doch ein sehr persönlicher Song. Einer, aus einer Zeit, die er nicht mehr zurück haben möchte. Riku sah ihn fest an und nickte ihm, kaum merklich zu. Samu atmete tief durch, als Osmo das Intro spielte, bevor er mit singen einstieg. ‘I need to see you right now...’ erfüllte Samus tiefe, markante Stimme, die Halle. Über und durch Rikus Körper, jagte eine Gänsehaut. So hatte er ihn noch selten gehört. Er liebte diesen Song, auch wenn er in einer, für Samu, schmerzlichen Zeit, entstanden war. Es war Samus Liebeserklärung an ihn. Riku war froh, wenn auch ein paar Dinge geändert werden mussten, dass er es auf das Album geschafft hatte. Mehr als verdient. Die Resonanz war, was man im Vorfeld so lesen konnte, durchwegs positiv. Nicht nur für diesen Song, sondern das ganze Album. So ging es auch leichter auf Tour, als wenn das Album nur mässig ankommt. Wobei sie ihren Songs, Live ja auch gleich wieder eine neuen Wind einhauchten.
Samu strahlte wie die Sonne an einem schönen Sommertag über Helsinki, als sie ‘Fairytale gone bad’ an stimmten, er das Publikum zum mitsingen animierte und die ganze Halle, praktisch ohne ihn, die erste Strophe und den ersten Refrain sangen. Es war Balsam für jeden Musiker, dies zu erleben.
So jagte ein Song den anderen. Es war eine Freude, die Jungs auf der Bühne zu sehen. Wie sie, Song für Song in ihrem Tun aufgingen. Die Nervosität verflog und einer routinierten Lockerheit wich, ohne dabei einstudiert und gekünstelt zu wirken. Mikko war stolz auf seinen chaotischen Haufen. Gab man ihnen eine Bühne und ihre Instrumente, waren sie Vollprofis. Vor allem Samu und Riku zauberten dem Herrn Managerii ein noch breiteres Lächeln auf das Gesicht. Sie hatten sich doch tatsächlich im Griff. Einzig ‘Somedody held me’, machte Mikko Kopfzerbrechen, da Samu bei den Proben, immer wieder in Tränen ausgebrochen ist. Doch jetzt klappte es. ‘Du musst deinen Jungs mehr zu trauen, Mikko.’ Sprach sein Unterbewusstsein mit ihm. Ja, ja, das wusste er. Aber ein bisschen Sorgen, waren doch durchaus angebracht. Schliesslich wollte er es nicht in erster Linie für sich, dass sie mit ihrem Traum erfolgreich wurden. ‘Dream on your Boys...’ stimmte Samu, passend zu Mikkos Gedanken, einer ihrer alten Songs an. Wonderland. Er passte immer noch. Würde er wahrscheinlich immer.
Rikus Finger, fingen leicht an zu zittern, als er ein ganz bestimmtes Intro einleitete. ‘Please bring me another Tequila’ trieben Riku, die ersten Zeilen seines Songs, beinahe die Tränen in die Augen. Er mochte die Live Version, bei der auch Osmo, zwischendurch Gitarre spielte. Samu machte den Song zusätzlich zu etwas ganz Besonderem, weil er ihn mit so viel Gefühl sang, als hätte er jedes Wort selber erlebt. Gut, so abwegig war es ja nicht. Beide standen sie mit geschlossenen Augen da und legten alle ihre Gefühle in den Song und waren gleichzeitig unglaublich dankbar, dass dieses dunkle Tal der Sonne gewichen war und sie nun eine gemeinsame Zukunft hatten. Samus Herz quoll einmal mehr fast über vor Liebe, für seinen Lockenkopf. Weshalb er es einfach nicht mehr an seinem Platz aushielt. Bei Rikus Solo, ging Samu zu ihm rüber und legte seinen Kopf auf dessen Schulter ab. Mit geschlossenen Augen und einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Riku lehnte seinen Kopf an den von Samu und genoss gerade die Nähe vom Grossen. Es war das, was er brauchte. In dem Moment und für immer. Am Ende des Songs, gleich nach dem Solo, kam auch noch Osmo dazu und kniete sich, zusammen mit Samu, vor Riku hin. So spielten sie die letzten Takte und Töne gemeinsam in einer einzigen Harmonie. Also Riku, beim Entlocken des letzten Tons, ebenfalls auf die Knie sank, drückte ihm Samu, dessen Gitarre schon verstummt war, einen Kuss auf die Schläfe. Dass er kurz verharrte und Rikus Kuss, ging in der kurzen Dunkelheit, bevor der nächste Song angestimmt wurde, unter. Schnell wuschelte Samu Riku noch durch die Haare, bevor auch schon der nächste Song folgte. Welcome to my Life. Der Song hatte heute, mehr denn je, eine tiefere Bedeutung, als in dieser Nacht, als Samu ihn geschrieben und zusammen mit Riku zu dem machte, was er heute war. Daher war Samu froh, kamen danach wieder ein paar schnellere Songs, um den Kloss in seinem Hals und den Drang, Riku zu küssen, los zu werden.
Dann war es schon so weit. Das Konzert neigte sich dem Ende zu. Doch ein Song stand noch aus. Es war der Song, auf den Samu von Anfang an gewartet hatte und am meisten gespannt war, wie es werden würde, ihn endlich live zu performen. Wie die Fans auf ihn reagieren und mit ihm abgehen würden. Hollywood Hills. Schon bei den ersten Takten, die Osmo zum besten gab, wussten die Fans, was kam und klatschten mit. Eine spezielle Stimmung, schien sich in der Halle aus zu breiten, die Samu und auch die anderen Jungs, nicht mit Worten und auch sonst nicht wirklich fassen konnten. Es war nicht so, dass das Publikum mehr abging, als bei den anderen Songs. Sondern einfach anders. Sogar Mikko spürte diese Energie. Sie riss einen förmlich mit. Der Song entwickelte Live, bereits jetzt, eine ganz eigene Dynamik und würde, dass wussten alle in der Halle, nicht nur zu irgendeinem Lieblingssong werden, sondern zu dem einen Live Song überhaupt. Der Song, der auf keinen Konzert fehlen durfte. Der Sunrise Avenue Hymne.
Ausgiebig, verabschiedeten sich die Jungs von ihrem Publikum. Es tat so unglaublich gut, endlich wieder die Bühne als ihr Wohnzimmer zu haben und sie konnten es kaum erwarten, bis es am nächsten Abend wieder hiess, ‘Lets Rock the stage’.

Samu kam als Letzter von der Bühne. Durchgeschwitzt und mit einem Strahlen auf dem Gesicht, dass die Sonne erneut verblasst wäre. Wer ihn dort zuerst im Arm hatte, konnte er nicht einmal sagen, da es, einmal mehr, ein grosser Knäuel Männer war, der ihn umgab und drückte. Samu hätte vor lauter Glück, einfach nur heulen können. Gleichzeitig, war er so voller Adrenalin, dass er Bäume hätte ausreissen können. Während in Samu noch alle möglichen Emotionen wüteten, spürte er, wie sich der Knäuel auflöste. Nur noch ein paar Arme hielten ihn fest. Um zu wissen, wem diese gehörten, musste Samu nicht einmal die Augen öffnen. So hielt ihn nur eine ganz bestimmte Person fest. Riku. Samu schmiegte sein Gesicht an Rikus Halsbeuge, die ebenfalls noch von Schweiss überzogen war. Seine Arme legten sich fest um Rikus schmalen Körper. So standen sie da, ohne ein Wort zu sagen, sich jedoch dennoch zu verstehen. Riku legte nach einer Weile, wahrscheinlich war weniger Zeit verstrichen, als sie beide das Gefühl hatten, seine Hände an Samus Wangen, damit er ihn ansehen musste. Riku wollte in Samus Augen sehen. Die strahlten ihn an und waren gleichzeitig von einem verdächtigen Glanz überzogen. Leicht strich Riku Samu eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht, die dort fest klebte. Jetzt konnte es Riku nicht nur spüren, sondern sah es auch, wie unglaublich glücklich Samu war. Ja und in genau dem Moment verstand Riku erst richtig, was er von Samu verlangt hatte, als er ihm ein Ultimatum stellte, sich zwischen ihm und der Musik zu entscheiden. Niemals mehr, würde er das von Samu verlangen, schwor sich Riku. Immer noch schweigend, nahm Samu Rikus Hand und zog diesen hinter sich her, in Richtung ihrer Garderobe. Weit und breit, war niemand mehr zu sehen. Zumindest die Jungs und auch Mikko nicht. Eigentlich komisch. Doch weder Samu noch Riku, dachten gross darüber nach. Kaum hatten sie die Garderobe erreicht und fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss, lagen Samus Lippen auch schon auf denen von Riku. Gefühlvoll, verlangend, stürmisch, erotisch, voller Liebe. Ja, irgendwie alles. Und dennoch undefinierbar, welches Gefühl überwiegte. Dies waren diese von Adrenalin überschütteten Emotionen, die durch Samus Körper jagten. Wobei Rikus Gefühle, die er in diesen Kuss steckte, nicht besser zum greifen und definieren waren, als die von Samu. Gierig, wäre wohl das Einzige, was klar zu erfassen war. Völlig ausser Atem, drückte Riku Samu leicht von sich weg. Seine Finger glitten durch Samus Haare. Auf seinen Lippen lag ein Lächeln. „Es war einmal mehr, der Wahnsinn! Danke!“ Hauchte Riku. Ihm war gerade nicht nach lauten, überschwänglichen Worten. „Ich muss mich bei dir bedanken! Ohne dich, wäre kein einziger Moment, so wie es heute war. Es war einfach...ich finde keine Worte.“ Samu spürte Tränen in seine Augen aufsteigen. Dies war die andere Seite des Adrenalins. Riku legte seine Hände an Samus Wangen und sah ihn zuerst einfach nur an. Liebevoll. „Nicht weinen, mein Schatz!“ Flüsterte Riku und liess seine Wange an Samus entlang streichen. Seine Finger, waren weiter, bis zu Samus Nacken gewandert, wo sie seine kurzen Haare streichelten. Samu schloss seufzend die Augen. Es liess ihn, innerlich, ruhiger werden. Samu spürte, wie das Adrenalin langsamer wurde und nicht mehr mit voller Wucht, durch seinen Körper jagte. Er genoss einfach. Auch Riku spürte, wie er langsam aber sicher, wieder mit beiden Füssen auf dem Boden ankam. Hingegen er zuvor das Gefühl hatte zu schweben. Wange an Wange, standen sie da, mit geschlossenen Augen. Genossen die Gegenwart des anderen und sprachen ohne Worte, über die letzten zwei Stunden. Dies war das, was sie beide, ihre Freundschaft, schon immer ausmachte. Von allem Anfang an, verstanden sie sich einfach so. Ohne Worte. Allein durch Blicke. Oder Gesten. Wahrscheinlich vom ersten Blick an, den sie gewechselt hatten. Vielleicht auch erst, als sie gemeinsam ‘Into the blue’ spielten. Denn danach, im Kuudas Linjas, war es schon da. Diese Verbundenheit. Dieses vetraute Zusammenspiel und Agieren untereinander. Mit einander. Vielleicht waren sie beide wirklich das, was man Seelenverwandt nannte. „Geht duschen, Jungs. In einer Stunde ist Abfahrt. Wir feiern im Bus, hat Mikko gesagt.“ Kam Sami zur Tür rein, neben der immer noch Samu und Riku standen und sich noch keinen Millimeter bewegt hatten. „Wir sind alle fertig. Ihr habt das Reich für euch.“ Hängte er noch grinsend hinzu. Endlich öffnete Samu die Augen, liess von Riku ab und schlang seine Arme um Sami. „Ich hab dich lieb!“ - „Ich weiss Hapa. Ich dich auch. Aber du bist verschwitzt. Geh duschen.“ Schob er ihn wieder von sich. Riku hatte schon ihre Sachen zusammen gesucht und legte nun seinen Arm um Samu. „Komm, Grosser. Ab unters angenehme Nass.“ Wie angenehm und anregend oder wohl eher erregend es war. Als hätten sie sich Wochen lang nicht gesehen und berührt, seiften sie den anderen ein. Ohne den Blick von einander zu lassen. Riku sah Samu tief in die Augen, während er ihm das Shampoo in die Haare rieb. Samu schloss die Augen und seufzte geniesserisch. Wie unglaublich entspannend Duschen doch sein konnte, erfuhr er erst durch Riku. Noch nie, hatte ihn jemand so liebevoll geduscht, wie es Riku gerade tat. In einen sanften Kuss verwickelnd, zog Riku Samu unter den Duschstrahl, um seine Haare aus zu waschen. Ohne sich dabei jedoch von ihm zu lösen oder den Kuss zu unterbrechen. So standen sie unter dem angenehm warmen Wasserstrahl und verwöhnten und genossen einander. Was gab es für einem liebenden Menschen Schöneres, als durch eine solch unscheinbare und alltägliche Geste, wie Duschen, so viel Liebe zu erhalten? Für Riku, ganz klar nichts. Es war mehr, als er sich erträumt hatte, jemals wieder zu bekommen. Oder überhaupt zu bekommen. Und genau in solchen Momenten spürte Riku, wie sehr seine ausgehungerte Seele, immer noch danach lechzte, gefüttert zu werden. Sein durstiges Herz nach mehr verlangte. Er gleichzeitig jedoch einfach nur geben wollte, was sich an Liebe in ihm gesammelt hatte und nie richtig raus konnte. Eine Kombination, die Riku manchmal fast schon ein bisschen in den Wahnsinn trieb, weil er nicht wusste, wohin mit den ganzen Emotionen. Wobei er ja wusste, dass Samu ein guter Abnehmer dafür war. Und doch. Konnte er ihn nicht immer damit überschütten. Oder doch?

Frisch geduscht, erholt, vom Adrenalin Trip runter und zufrieden, verliessen sie die Dusche. Holten schnell noch den Rest ihrer Sachen und machten sich auf den Weg zum Bus. Als sie hinten raus kamen, sahen sie, unweit von diesem, eine kleine Ansammlung von Menschen. Unter ihnen auch Sami, Osmo und Raul, die scheinbar ihren Spass mit ein paar Fans hatten. Samu sah Riku fragend und grinsend zu gleich an. Dieser nickte nur. Es blieb ihnen ohnehin keine Ausweichmöglichkeit, wenn sie in den Bus wollten. „Ach, sie mal einer an. Unsere Diven kommen auch noch aus dem Loch.“ Hatte Sami mal wieder als erster einen Spruch auf den Lippen. „Angenehm geduscht?“ Von Samu fing er sich, auf sein freches und loses Mundwerk, einen Klaps auf den Hinterkopf ein. Sehr zur Belustigung ihrer Fans. Natürlich erfüllten auch noch Samu und Riku, die Wünsche der Fans und redeten ein wenig mit ihnen. Bis Mikko seine Schützlinge zu sich rief und dieses kleine Star-Fan-Treffen, beendete. Aber schliesslich ging es heute Nacht weiter, in die nächste Stadt. Um die nächsten Fans glücklich zu machen. Erschöpft, aber happy, sassen sie alle, in ihrem kleinen Wohnzimmer im Bus. Auch Samu spürte nun ebenfalls, wie die Müdigkeit durch seinen Körper kroch, nachdem das Adrenalin diesen auf Trab hielt. Eine angenehme Müdigkeit die sich mit Zufriedenheit vermischte. „Lasst uns anstossen, Jungs! Auf einen gelungenen und mehr als geglückten Tour Auftakt!“ Verteilte Mikko das Bier und erhob dann seine Flasche. „Ihr wart wirklich klasse! Und ich bin stolz auf euch!“ Sein Blick blieb auf Samu und Riku hängen. „Ihr habt euch gut gehalten.“ Die Erleichterung, Dankbarkeit und noch gefühlt hundert Gefühle mehr, war Mikko ins Gesicht geschrieben. Alle wussten sie, dass sein grimmiges Gesicht, bloss für seinen knallharten Job war. Im Grunde seines Herzens, war Mikko etwa genauso gefühlvoll, wie Samu. Nur weniger offen und überschwänglich damit. Es gab nicht viele, die die andere Seite von Mikko kenne lernen dürfen. Da war er viel zurückhaltender als Samu. Nicht einmal die Jungs, die ja seine Freunde waren, kamen diese Seite oft zusehen und spüren. Wobei man ja sagen musste, dass auch Samu nicht jedem sein Innerstes, gleich auf Anhieb schenkte. Da brauchte er viel Zeit. Es gab jedoch auch Ausnahmen, wie Riku. Da waren alle, ja sogar Samu selber, erstaunt, wie schnell, eigentlich von null auf gleich, er ihm vertraute und an sich heran liess. Samu stand auf und zog Mikko in eine Umarmung. „Wofür ist die?“ Alles was Samu sagte, war danke. Mikko lächelte, als Samu ihn wieder aus seinen Armen entliess und sich setzte. Mehr Worte brauchte es nicht. Beide wussten, was der andere sagen wollte. „Auf einen gelungenen Tourstart!“ Erhob Samu wieder seine Flasche und liess sie dann auch mit denen der anderen zusammen stossen. Gemütlich sassen sie noch eine Weile zusammen und sprachen über das Konzert und was noch bevorstand.

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