Kapitel 160

209 12 0
                                    

„Und?“ Sprang Samu vom Sofa. Er hatte die beiden beobachtet. „Geh zu ihm, Samu. Ich denke, er braucht dich in dieser Situation, mehr als er es zu gibt. Das schafft ihr nur zusammen.“ Gab Vivi auch Samu einen Kuss auf die Wange. „Meldet euch, wenn ihr eine Entscheidung getroffen habt.“ Verliess sie das Haus und fuhr nachhause.
Samu starrte noch eine Weile auf die Tür, bevor er zu Riku nach draussen ging. Während er sich neben ihn setzte, strich Samu Riku durch die Haare und hauchte ihm einen Kuss auf die Schläfe. Ein Seufzen, entwich Rikus Mund. Sein Kopf sank zur Seite, auf Samus Schulter. „Es tut mir leid.“ Samu legte seinen Arm um ihn und zog Riku fester an sich. „Was genau?“ - „Alles!“ Riku schloss die Augen und genoss die leichten Küsse, die in seinen Locken landeten. „Ach Schatz...Es ist doch verständlich, in deiner Situation, dass du nicht mehr weisst, was richtig und was falsch ist. Ich weiss es ja selber auch nicht.“ Fest kuschelte sich Riku in Samus Arm und an dessen warmen Körper. Vivi hatte recht, als sie sagte, dass er Samus Nähe brauchte. „Es ist, als wäre unsere himmelblaue Blase aus Liebe, geplatzt und wir, ungebremst in der kalten Wirklichkeit gelandet.“ Riku drückte sein Gesicht gegen Samus Brust. Er wollte das nicht. Am liebsten, würde er zurück in diese Blase. Doch die war kaputt. Nun drangen immer wieder irgendwelche Probleme zu ihnen, die alles ins Wanken brachten. „Haben wir uns etwas vorgemacht, Samu?“ Sah Riku zu diesem hoch, der seinen Blick in die Ferne gerichtet hatte. Nur leicht, schüttelte er seinen Kopf. „Nein.“ Kam leise über Samus Lippen. Als wären Rikus Worte, verzögert bei ihm angekommen, wandte Samu ihm nun den Kopf zu und sah ihn ungläubig an. „Nein, Riku. Niemals! Das darfst du nicht einmal denken. Wir haben es bis hier her geschafft, also schaffen wir es auch noch weiter. Bis wir uns eine starke Fan Basis aufgebaut haben und dann...dann...“ - „Dann stehst du endlich zu dir selber und zu mir?“ Vervollständigte Riku seinen Satz. „Ich stehe immer zu dir, das weisst du.“ Riku seufzte und stand auf. „Verdammt Samu, es wäre so einfach.“ Warum konnte Samu nicht über diesen dunklen Schatten springen? „Einfach? Wir könnten noch einmal von Null anfangen.“ - „Das denke ich nicht. Wenn unsere Fans, richtige Fans sind, dann ist es ihnen egal, ob wir Schwul sind oder nicht. Es gibt auch andere Künstler, die damit erfolgreich sind und waren.“ Wollte Riku es wirklich nicht verstehen, schnaubte Samu. „Oder hast du Angst davor, dass es dann endgültig ist, wenn wir damit an die Öffentlichkeit gehen? Es würde kein Zurück mehr geben. Dann wirst du vielleicht nicht mehr so angehimmelt.“ - „So ein Quatsch!“ War nun auch Samu aufgestanden. „Was ist dann das Problem?“ - „Das habe ich dir eben erklärt.“ Samu wurde ungehalten. „Das ist nicht DAS Problem, sonder deines ganz allein.“ - „Dann kannst du mich ja mit MEINEM Problem, auch alleine lassen.“ Schrie Samu Riku wütend an. „Ich habe keine Lust mehr, darüber zu diskutieren. Das machen wir nämlich schon seit Jahren.“ Die Terrassentür zu zu knallen, konnte sich Samu gerade noch verkneifen. Er konnte dieses ewige Genörgel nicht mehr hören.
Riku strich sich seufzend durch die Haare. Das ging ja mal wieder nach hinten los. Was war er auch für ein Idiot. Eigentlich wollte Riku über das Angebot von Vivi sprechen. Aber in letzter Zeit, entgleisten ihre Gespräche immer so sehr, dass sie im Streit endeten. Riku blieb noch etwas draussen, da das Wetter endlich mal wieder angenehmer wurde. Langsam aber sicher. Samu sass, mit einem Bier in der Hand, auf dem Sofa, als es ihm dann doch zu kühl wurde. Kurz hielt Riku inne. Seit wann, sah Samu so bedrückt aus? „Ich wollte nicht schon wieder mit dir streiten. Tut mir leid!“ Legte Riku seine Hand in Samus Nacken, um die kurzen Nackenhaare zu kraulen. „Eigentlich wollte ich mit dir über Vivis Angebot reden.“ - „Und ich möchte gerade überhaupt nicht reden.“ Schloss Samu die Augen. Riku lächelte und küsste Samus Wange. „Ich will wieder in die Blase zurück.“ Liess sich Samu gegen Riku sinken. „Da müssen wir wohl jetzt einfach durch. Zu einfach, war es bis hier her.“ Flüsterte Riku. Samu schnaubte. Riku liess seine Finger in Samus Haaren verschwinden, genau wie seine Nase. „Ich liebe dich! Und das möchte ich noch etwas länger, mehr oder weniger, normal tun können. Deshalb...“ Es fiel Riku nicht leicht. Doch hatte er sich dafür entschieden, als er alleine draussen war und darüber nachdachte. „...werde ich mich auf Vivis Angebot einlassen.“ Samu löste sich von Riku und sah ihn erstaunt an. „Haben wir eine andere Wahl?“ Samu schüttelte den Kopf. „Dann ist es mir lieber, dass wir diese Variante wählen und dadurch noch etwas mehr Kontrolle haben werden.“ Samu war so stolz auf seinen Schatz, dass er diesen Schritt tat und jetzt mal vernünftig mit ihm darüber sprach. „Woher die plötzliche Wendung?“ Was Vivi ihm wohl gesagt hatte? „Ich weiss es nicht. Vielleicht Vivis Art mit mir zu reden.“ Zuckte Riku mit den Schultern. „Sie hat nicht versucht, mich auf biegen und brechen, davon zu überzeugen. Stattdessen, hat sie sich meine Bedenken, Ängste und Sorgen angehört und ernst genommen.“ - „Sie ist ziemlich erwachsen geworden, die Kleine.“ Lächelte Samu. Riku nickte.
„Vertraust du nur ihr oder auch mir?“ Samu sah Riku fragend an. „Ich versuche, euch beiden zu vertrauen. Das heisst nicht, dass Vivi mir meine Zweifel nehmen konnte. Aber...“ Riku kaute auf seiner Lippe herum. „...lieber sie, als sonst eine, die es darauf anlegt, dich mir aus zu spannen.“ Die ganze Ladung Angst und Sorgen, war in Rikus Augen, in denen Tränen schimmerten, zu sehen. Dieser Anblick, war für Samu, als hätte ihm jemand eine Ohrfeige verpasst. Ohne etwas zu sagen, zog er seinen Schatz in seine Arme und drückte ihn fest an sich. Augenblicklich entlud sich alles, was sich in Riku angestaut hatte und was er hinter einer Schutzmauer versteckt hatte, aus ihm heraus. Schluchzend klammerte sich Riku an Samu fest, während die Tränen, dessen Shirt aufweichte. „Lass es raus, Schatz.“ Flüsterte Samu und strich Riku immer wieder ganz sanft und liebevoll durch die Haare und über den Rücken. Riku war völlig aufgelöst, in seinen Armen. Samu hasste es. So sehr. Vor allem, weil er wusste, dass er daran Schuld war. All seine Entscheidungen, die er in den letzten Monaten getroffen hatte. Dieses permanent dagegen wehren, endlich mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit zu gehen. Das alles, setzte Riku zu. Und jetzt noch diese ganzen Bestimmungen von ganz oben. „Es tut mir leid, Rik! Es tut mir so verdammt leid!“ Hauchte er seinem Schatz, gefühlt tausend Küsse in die weichen Locken. Tränen versickerten darin. Endlich, seit Wochen, das erste Mal, fühlte sich Riku wieder geborgen. In Sicherheit. Mit Liebe eingehüllt. Hier wollte Riku bleiben. Für immer. Samu spürte es, worauf er ihn noch fester an sich drückte. „Ich liebe dich, mein Schatz! So sehr!“ Rikus Tränen schienen gar nicht mehr weniger werden zu wollen. Im Gegenteil. Es schmerzte Samu im tiefsten Herzen. Was sollte er tun, um Riku, im jetzigen Augenblick, den Schmerz zu lindern. „Was kann ich tun, mein Schatz, dass es nicht mehr so schmerzt?“ Küsste Samu Rikus Ohr. „Festhalten...Kuscheln...“ Kam zwischen Rikus Schluchzern, hervor. „Sollen wir ins Bett gehen?“ Ein weiterer Kuss folgte. Mehr als ein Nicken, kam nicht mehr von Riku. „Na dann komm, mein Süsser.“ Stand Samu und hob Riku auf seine Arme. Sachte liess Samu, das Kostbarste, was er hatte, auf die Matratze sinken. Riku bekam alles nur, wie durch einen Schleier mit. Als wäre es jemand anderes, der hier lag und er selber sah dabei zu, wie Samu sich so unglaublich liebevoll um ihn kümmerte. Kaum lag er auf der weichen Matratze, schlich sich wieder diese unerträgliche Kälte über Riku. „Lass mich...nicht...allein...“ - „Das mache ich nicht. Ich ziehe uns nur kurz die Hosen aus, dann können wir kuscheln.“ Samus Stimme war immer noch leise und sanft. Gleich darauf, spürte Riku wieder seine Wärme. In die er sich kuschelte und fallen liess. „Ich bleibe bei dir. Für immer!“ Vergrub Samu seine Finger in Rikus Haaren. „Ich lasse mich von niemandem ausspannen. Was soll ich mit jemand anderem, wenn ich den tollsten Mann an meiner Seite habe? Mein Gegenstück. Der Mensch, der meine besten Seiten zum Vorschein bringt. Zumindest überwiegend.“ Samu legte seine Hände an Rikus Wangen, damit er ihn ansehen musste. Was nicht gerade einfach war, wenn Tränen in den Augen brannten, wie Feuer. „Was soll ich denn ohne dich, hmm?“ - „Glücklich...und...frei...sein...“ Samu schüttelte seufzend den Kopf und liess seine Stirn gegen Rikus sinken. „Ohne dich, würde ich aber unglücklich werden. Wann verstehst du das endlich? Braucht es noch einmal so viele Jahre?“ Riku wollte seinen Blick senken. Doch Samus Hände, hinderten ihn daran. „Ich liebe dich, wie am ersten Tag.“ Samu küsste sanft Rikus Stirn und wischte ihm die Tränen von den Wangen. Worauf gleich wieder neue folgten. „Mit jeder Faser meines Körpers. Rik...“ Samu zog Riku wieder zurück auf seine Brust. Das war heute alles, was sein Freund brauchte. Samu wollte Riku, seit Wochen, endlich mal wieder das geben, was er brauchte. Samu löschte das Licht. Es dauerte lange, bis Rikus Atem endlich ruhiger wurde. Bis er tief und gleichmässig den Raum erfüllte. Samu hatte Riku, nicht eine Sekunde lang, weniger fest gehalten. Seine Hände und Finger, streichelten ihn unaufhörlich. Selber wach zu bleiben, war ein Zwang. Doch für seinen Schatz, zwang er sich gerne dazu. „Schlaf, mein süsses Löckchen.“ Samu küsste Rikus Haare und schloss die Augen, damit ihn der Schlaf, kaum fünf Minuten später, auch endlich weg tragen konnte.

Leave the past behindeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt